Die Braut des Satyrs
anzutun. Ich überlistete ihn, damit er dachte, er hätte Erfolg gehabt.«
»So wie du es mit mir in meinem Hotel getan hast?«
»Oui«
, bestätigte sie unglücklich.
»Und seit dem Mann vor einigen Jahren?«
Sie zuckte mit den Schultern und griff mit einer Hand oben an ihren Hals, so dass sie die Perlen unter ihrem Kleid fühlen konnte. Er schien ihr zu glauben und nannte sie trotzdem keine Hexe, was sehr beruhigend war.
»Seither habe ich gelernt, meine Fertigkeiten im Täuschen zu verfeinern. Ich finde heraus, was die Herren von mir wollen, und rede ihnen ein, sie hätten es bekommen.«
»Wie vielen?«
»Herren?« Sie senkte den Blick. »Das ist unerheblich. Entscheidend ist lediglich, dass ich dir auf diese Weise falsche Erinnerungen gab.«
»Aha. Dennoch ist es nicht nur mein Verstand, der sich an dich erinnert. Auch mein Körper entsinnt sich mit absoluter Gewissheit, dass du in jener Nacht im Hotel meinen ersten Samen nahmst. Du und keine andere.«
Seinen
ersten Samen?
Ein merkwürdiges Kribbeln überkam sie, als wäre seine Bemerkung von besonderer Tragweite. Ihr Blick fiel auf seinen Schritt, allerdings nur für einen winzigen Moment. Nervös benetzte sie sich die Lippen.
Sie hatte ihn geküsst. Dort unten!
Im engeren Sinne hatte sie damit tatsächlich seinen Samen aufgenommen. Allerdings irrte Lyon sich, was die Art der Aufnahme betraf, und deshalb glaubte er, sie könnte guter Hoffnung sein.
Sie könnte ihm die Wahrheit sagen und alle Missverständnisse ausräumen. Doch der Gedanke, ihm zu gestehen, wie sie die Situation ausgenutzt hatte, war einfach zu beschämend. Nein, das vermochte sie ihm unmöglich ins Gesicht zu sagen. Vielleicht später, dachte sie feige, und dann wohl eher in schriftlicher Form – von weit weg.
In der Kutsche wurden sie bei der Überlandfahrt schlimmer durchgerüttelt als in einem Bauernkarren, was Lyon jedoch nicht daran hinderte, bald aufs Neue einzuschlummern. Juliette wartete, bis er ungefähr zehn Minuten schlief, ehe sie vorsichtig ihre Tasche öffnete und das Laudanumfläschchen hervornahm.
Sie neigte ihren Kopf nach hinten und schüttete sich drei Tropfen auf die Zunge. Unverdünnt schmeckte es scheußlich, aber sie bekam es herunter.
Sogleich spürte sie die gewohnte Wärme, die sie in sanften Wellen durchströmte. Als sie die Tropfen in die Tasche zurückstecken wollte, bemerkte sie, dass mit ihnen etwas aus dem Beutel in ihren Schoß gefallen war: der Gegenstand, den sie aus Valmonts Vitrine entwendet hatte.
Sie drehte ihn in der Hand hin und her und betrachtete ihn. Warum hatte sie in dem Augenblick, als sie vor dem Schrankfach stand und nach Fleurs Armband greifen wollte, stattdessen dieses Ding genommen?
Aus unerklärlichem Grund musste der Gegenstand von Bedeutung sein. Sie strich mit ihren Fingern darüber, wollte den Sinn durch die Haut erfühlen, was sie natürlich nicht konnte.
Seufzend steckte sie den schmutzigen blauen Stofffetzen wieder ein.
[home]
11
E ine Zigarre glitt Valmont aus den kraftlosen Fingern und rollte über den Teppich, in den die Glut schwarze Löcher sengte. Stöhnend sackte er tiefer in den Sessel, in dem er oben in seiner Bibliothek hockte. Seine Augenlider flatterten unkontrolliert, öffneten und schlossen sich schneller, als man gewöhnlich blinzeln kann. Als Nächstes verlor er die Kontrolle über seinen Arm, der wild zuckte und alles vom Beistelltisch wischte, einschließlich der Karaffe und des Absinthglases, das er an diesem Abend mehrmals geleert hatte.
Er träumte von Blut. Vom Blut einer Frau mit meergrünen Augen, das den Fluss Loire erst rot, dann rosa färbte. Dann wusch es über ihn hinweg, leckte an ihm wie tausend blutige Teufelszungen.
Eine unglaubliche Ekstase nahm von ihm Besitz, und seine Hand griff unwillkürlich an seinen Schritt. Er war allein, und dennoch fühlte es sich an, als hätte sich ein heißer erotischer Mund um sein Glied gelegt.
»Juliette.« Der Name entfuhr ihm als verzweifelter, sehnsüchtiger Schrei. In seiner Phantasie sogen ihre Lippen begehrlich an ihm, konnten gar nicht genug bekommen. Er wand sich im Sessel, wiegte sich unter ihren Liebkosungen, während seine Beine zitterten und seine Schultern sich an der Lehne rieben. Plötzlich verkrampfte sich jeder einzelne seiner Muskeln.
Sperma spritzte aus ihm heraus, beschmutzte seine Hose von innen, und er zuckte hilflos unter dem heftigsten Orgasmus seines Lebens. Ah, dieses himmlische Gefühl würde nie enden!
Aber
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