Die Braut des Scheichs
morgen früh mit mir auf den Gewürz-
souk
zu gehen. Und danach könnten wir vielleicht zusammen zu Mittag essen.“
„Das … ist eine nette Idee“, willigte Xenia ein wenig gezwungen ein. Die Freundlichkeit ihrer Tante machte ihr jedes Mal ein schlechtes Gewissen.
Plötzlich überkam sie das dringende Bedürfnis, Blaize aufzusuchen. Zwar hatte er gesagt, er würde sich mit ihr in Verbindung setzen, aber sie wollte sofort klarstellen, dass sie und nicht er bei ihrem gemeinsamen Handel die Zügel fest in der Hand hielt!
Eine halbe Stunde später stand sie am Strand und erkundigte sich vergeblich bei dem jungen Mann, der sich an diesem Tag um die Windsurfer kümmerte, nach Blaize. Doch der junge Mann schien Blaize nach ihrer Beschreibung gar nicht zu kennen. Schließlich gab sie es frustriert auf und kehrte ins Hotel zurück. Warum hatte sie sich von Blaize nicht eine Telefonnummer geben lassen? Wie es aussah, musste sie jetzt wirklich abwarten, bis er sich bei ihr melden würde.
Obwohl es Mittagszeit war, hatte sie eigentlich keinen richtigen Appetit, jedenfalls keinen, der sich durch Essen hätte befriedigen lassen! Gestern Abend hatte es sie geärgert, wie Blaize sie wegen ihrer Jungfräulichkeit aufgezogen hatte … und die Gefühle, die er in ihr geweckt hatte, hatten sie beunruhigt. Natürlich hatte sie es sich nicht gewünscht, aber wenn … wenn er sie zum Abschied geküsst hätte … errötend betrat sie den Aufzug und betätigte den Knopf für ihre Etage.
Was war nur mit ihr los? Nur weil sie noch Jungfrau war, hieß das doch nicht, dass sie so gehemmt oder naiv war, dass ein einziger Blick eines Gigolos genügte, um sie völlig aus der Fassung zu bringen! Aber wenn Blaize sie geküsst hätte … dann hätte sie sicher genügend Verstand besessen, ihn zurückzuweisen und zum Teufel zu schicken! Ihre Beziehung war rein geschäftlicher Natur, und so sollte es auch bleiben!
Als die Lifttüren aufglitten, ging sie über den Flur zu ihrer Suite, öffnete die Tür und blickte sich mit angehaltenem Atem um. Diesmal lag kein fast unbekleideter Mann auf ihrem Bett … sehr zu ihrer Erleichterung! Jedenfalls redete sie sich das ein.
Eine halbe Stunde später studierte sie einen Stadtführer und entschied sich für einen empfohlenen Standrundgang, der durch die Altstadt führte und den Besuch des Stadtpalasts eines früheren Herrschers einschloss. Das Gebäude beherbergte inzwischen ein Museum zur sozialen, kulturellen und religiösen Geschichte des Landes. Ja, es würde ihr gut tun, einmal an etwas anderes zu denken als an ihren Großvater und die Probleme, die er ihr verursachte. Xenia zog sich entschlossen eine weiße Leinenhose und ein luftiges, langärmeliges Baumwolltop an, nahm ihre Handtasche und verließ das Hotel.
Während sie vor dem Hotel darauf wartete, dass der Portier ihr ein Taxi rief, setzte sie ihre Sonnenbrille auf und blickte sich um. Unweit sah sie aus dem Augenwinkel eine schwarze Stretchlimousine vorfahren. Sofort eilten eine Hand voll dienstbeflissener Helfer hinzu, um die Türen aufzuhalten, und mehrere sehr bedeutsam aussehende Herren in den typischen einheimischen Roben stiegen aus. Während Xenia sie neugierig, aber verstohlen betrachtete, zuckte sie plötzlich zusammen und schüttelte im nächsten Moment den Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie tatsächlich geglaubt, in einem der Männer Blaize zu erkennen! Wie lächerlich! Ganz offensichtlich war es nicht nur ihr Großvater, den sie sich dringend aus dem Kopf schlagen musste!
Erst als Xenia das Museum verließ, wurde ihr bewusst, wie lange sie dort verbracht hatte. Es war inzwischen dunkel geworden! Sie atmete tief ein, den Kopf noch ganz voll von allem, was sie gesehen hatte.
Es war nicht nur die Geschichte und Vergangenheit Zurans, sondern auch ein ganz wesentlicher Teil ihrer eigenen Biografie, womit sie sich im Lauf dieses Nachmittags vertraut gemacht hatte. Kein Wunder, dass das Museum sie derart gefangen genommen hatte! Zum ersten Mal war sie sich ihrer Beduinenwurzeln wirklich bewusst gewesen und hatte zarte Anfänge einer Zugehörigkeit empfunden. Zum ersten Mal gestand sie sich das Bedürfnis ein, mehr über dieses Land erfahren zu müssen … und zwar nicht ihrer Mutter zuliebe, sondern um ihrer selbst willen.
Von der Wüste her wehte eine frische Abendbrise, und Xenia wandte das Gesicht dorthin. Dort waren ihre Wurzeln, ihre Vergangenheit, ihr Schicksal. Sie war Teil einer stolzen Rasse, die dieses Land
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