Die Braut des Vagabunden
Moment reglos da, dann setzte er sich Eleanor gegenüber.
„Aus genau diesem Grund“, sagte er.
Eleanor zog die Brauen hoch.
Jack stützte seine Ellenbogen auf die Knie und starrte auf den Teppich. Offensichtlich suchte er nach den richtigen Worten. „Es hat Tempest nicht gefallen, dass jeder sie auf der Hochzeit ansah. Sie sagte, es fühlte sich an, als würden Läuse über ihre Haut krabbeln.“
Er sah auf. „Ich bin sicher, es liegt daran, dass sie sich an ihre neue Rolle noch nicht gewöhnt hat“, meinte er in ernstem Ton. „Und sie musste in so kurzer Zeit so viel lernen. Ich bin sehr zufrieden mit ihr – sehr zufrieden …“ Er verstummte.
„Sie hat sich bewundernswert verhalten“, sagte Eleanor und wünschte, sie wüsste, warum Jack so bekümmert aussah.
„Ja, das hat sie. Ich bin sehr stolz auf sie.“ Er setzte sich aufrecht hin und fuhr fort: „Wenn wir hier bleiben, dann wird es nach der Hochzeit noch formelle Besuche geben, gar nicht zu reden von den Weihnachtsfeierlichkeiten. Sie würde wochenlang nicht zur Ruhe kommen. Von unserer Anwesenheit in Putney muss hingegen niemand erfahren. Tempest kann ein paar ruhige Wochen genießen, ohne dass gesellschaftliche Erwartungen an sie gerichtet werden.“
„Ich denke, das ist eine gute Idee“, sagte Eleanor. „Und sehr umsichtig. Ich bin stolz auf dich“, sagte sie und lächelte, als er errötete und den Kopf senkte wie ein Schuljunge.
Die Reise nach London beunruhigte Temperance. Sie hatte gut geschlafen, und nach dem Aufstehen fühlte sie sich weitaus kräftiger. Nach wie vor sorgte sie sich wegen Jacks plötzlichen Entschlusses, Sussex zu verlassen, aber immerhin nahm er sie mit sich. Es ängstigte sie ein wenig, schon wieder in einem anderen Haus einzutreffen, allerdings war selbst Toby noch nie in Putney gewesen. Sie hoffte, dass Tobys Aufregung über seinen ersten Besuch in London die Aufmerksamkeit von ihr ablenken würde.
Doch erst einmal mussten sie dorthin gelangen, und nicht einmal der Ausflug an den Strand hatte Temperance darauf vorbereitet, wie es sein würde, in vollem Staat mit Jack und den Halrosses zu reisen. Ihr Empfang auf dem Weg war beeindruckend. Da die Gesellschaft langsam reiste, wurden sie entlang der Straße schon Meilen im Voraus begrüßt. Bettler riefen nach Almosen und Musikanten spielten in jedem Dorf für sie auf. Und jeder, der ein Tor öffnete, ein Pferd hielt oder einfach bettelte, wurde für seine Bemühungen belohnt. Temperance begann zu verstehen, warum Mr. Worsely für diese Reise einige große Beutel voll Gold zur Verfügung gestellt hatte, die sich gegenwärtig in der Obhut von Warren befanden, Jacks Stallmeister.
Ehe sie London erreichten, trennten sie sich von den Halrosses, und von da an war ihre Weiterreise etwas weniger aufwändig. Temperance bemerkte, dass ein Duke und ein Marquis, die zusammen reisten, mehr Aufmerksamkeit erregten als ein Duke allein, aber Jack unternahm auch einiges, um dafür zu sorgen, dass ihre Ankunft in Putney verhältnismäßig diskret verlief.
Als Erstes stellte er Temperance den Verwalter und die Haushälterin vor. Sie spürte ihre Neugier, aber keine Feindseligkeit ihr gegenüber. Toby wollte unbedingt das Haus ansehen, daher führte Jack sie kurz durch die wichtigsten Räume, ehe er erklärte, dass es für seinen Sohn Zeit war, ins Bett zu gehen.
„Das Haus ist kleiner als Kilverdale Hall“, sagte Jack, als er und Temperance endlich allein im Salon waren.
„Nicht zu klein“, sagte sie und dachte an das schmale Haus, in dem sie groß geworden war.
„Nein, wohl nicht.“ Er warf ihr einen Blick zu und wandte sich dann ab. „Hier haben wir keine getrennten Gemächer.“
„Oh.“ Die Luft zwischen ihnen schien irgendwie dicker zu werden, bis Temperance das Gefühl hatte, kaum atmen zu können. „Wir haben nur Tobys Zimmer gesehen“, sagte sie und erinnerte sich an das, was Jack auf seiner Tour ausgelassen hatte.
„Ich werde dir unsere zeigen.“ Er nahm ihre Hand und geleitete sie die Galerie entlang.
Sie war weniger beeindruckend als die Galerie in Kilverdale Hall, doch Temperance war zu sehr damit beschäftigt, den Druck von Jacks Fingern zu deuten, als ihrer Umgebung Aufmerksamkeit zu schenken.
„Siehst du.“ Er ließ ihre Hand los und deutete ins Zimmer. „Es hat nicht dieselben Ausmaße wie die Räume in Kilverdale Hall.“
„Nein. Vermutlich …“ Temperances Blick wurde angezogen von dem Bett. Seit ihrer Hochzeitsnacht hatte Jack
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