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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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Mal seit der Begegnung mit Fotherington lächelte Jack nun. „Ich hätte nie gedacht, dass ich dich zum Schweigen bringen könnte“, sagte er. „Jetzt solltest du dich ausruhen. Das ist nicht der ruhige Tag geworden, den ich geplant hatte.“
    Erst als er schon an der Tür war, hatte Temperance ihre Fassung wiedergewonnen. „Warum nicht, Jack?“
    Er blieb stehen. „Die Welt mag mich für einen Schürzenjäger halten – wenn auch beinahe grundlos –, aber glaubst du wirklich, ich würde mir so wenig Gedanken machen über die Konsequenzen?“, fragte er, ohne sie anzusehen. „Ich will nie wieder einem Kind sagen müssen, es habe kein Recht, meinen Namen zu tragen, nur weil ich die Befriedigung meiner Gelüste über alles andere stelle.“
    Er ließ sie allein zurück, voller verwirrter Gefühle. Anne Lidstone war nicht seine Geliebte. Und Temperance selbst die einzige Frau, mit der er seit zwei Jahren das Bett geteilt hatte.
    Trotz ihres anfänglichen Schreckens glaubte sie ihm. Nach allem, was sie über die vornehme Welt wusste, würde man sich eher über ihn lustig machen als ihn bewundern, wenn seine selbst auferlegte Disziplin bekannt wurde. Einem Teil von ihr gefiel es, dass sein Verlangen ihr gegenüber seine Bedenken aus dem Weg geräumt hatte. Doch andererseits wurden wieder Zweifel in ihr wach. Seine Erklärung, er wollte sie heiraten, weil er sie in sein Bett holen wollte, bekam eine andere Bedeutung, jetzt, da sie wusste, wie lange er enthaltsam gelebt hatte. Vielleicht wäre sein Verlangen nach jeder anderen halbwegs attraktiven Frau genauso groß gewesen?
    Jack ging zum Fluss hinunter. Er starrte in das trübe Wasser der Themse, ohne sich um die Rufe der Fährleute zu kümmern. Er fühlte sich angespannt und bloßgestellt, nun, da er Temperance gesagt hatte, dass sie die erste Frau war, die er seit so langer Zeit geliebt hatte. Er hatte nie die Absicht gehabt, ihr das zu gestehen, aber ihr Misstrauen Anne Lidstone gegenüber, so schnell nach der Begegnung mit Fotherington, hatte ihn erschüttert. Selbst wenn es ihm fremd war, seine Geheimnisse zu teilen, gewöhnte er sich mehr und mehr daran, Temperance gegenüber offen zu sein. Dass er sie liebte, war das einzige wichtige Geheimnis, von dem er ihr bisher noch nichts gesagt hatte. Vor dieser letzten Enthüllung schreckte er noch zurück.
    Stirnrunzelnd betrachtete er ein Stück Treibholz, zutiefst unzufrieden mit dem, was geschehen war. Er hatte Temperance nach Putney gebracht, damit sie vor neugierigen Blicken und dem Klatsch geschützt war. Die unfreundlichen Vermutungen der Gäste und ihrer Dienstboten hatten den Zwischenfall mit Toby heraufbeschworen. Und nachdem sie an ihrem Hochzeitstag im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestanden hatte, war Temperance am Ende ihrer Kräfte gewesen – obwohl er sich jetzt fragte, ob sie schon da über Anne Lidstone nachgedacht hatte. Nur bei der Hochzeit konnte sie Dorotheas Bemerkung gehört haben – warum hatte sie ihn nicht früher deswegen gefragt? Er ließ seinem Ärger freien Lauf, indem er einen Stock in den Fluss warf. Hatte sie an jenem Morgen wegen Anne auf der Treppe gesessen und geweint? Wie konnte er sie von ihren Sorgen befreien, wenn sie ihm nicht sagte, was sie so beunruhigte?
    Seit sie in Putney waren, hatte er sie nicht geliebt, obwohl sie im selben Bett schliefen. Verzweifelt sehnte er sich nach ihrer Liebe, so wie sie ihn vor ihrer Hochzeit geliebt hatte, vertrauensvoll und voller Hingabe. Aber sie war so zurückhaltend geworden, so vorsichtig in der Art, wie sie auf ihn reagierte, dass er Angst hatte, Anforderungen an sie zu stellen. Den Gedanken, sie zu verletzen oder zu beunruhigen, konnte er nicht ertragen.
    Während ihrer Reisen nach Cheapside hatte er angefangen zu hoffen, dass alles wieder normal werden würde. Allerdings hatte die Begegnung mit Fotherington den schönen Tag zu einer Katastrophe werden lassen. Die Begegnung mit dem Gecken hatte ihn mehr beunruhigt, als er Temperance gegenüber zugeben mochte. Er hatte tatsächlich vergessen, eine Rivalin für Windles Tochter erfunden zu haben.
    Im Stillen verfluchte Jack Windle, weil dieser ihn so in Rage gebracht hatte, dass er seine gewöhnliche Vorsicht außer Acht gelassen hatte. Unter anderen Umständen wäre es nicht so wichtig gewesen. Hätte Jack England nicht sofort verlassen, und wäre er nicht so lange fortgeblieben, hätte er den leichthin gesagten Satz keinesfalls vergessen. Und wäre er unverheiratet nach London

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