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Die Braut des Wuestenprinzen

Die Braut des Wuestenprinzen

Titel: Die Braut des Wuestenprinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Sellers
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mit vielen anderen Sprachen in der Gegend verwandt, und Kaljukistan war gerade erst unabhängig geworden. Darum entschied sie sich, Kaljukisch und kaljukische Landeskunde zu studieren.
    Zur Zeit ihres Studienbeginns hatte ihr Vater einen befristeten Posten in London. Elenor beschloss, bei ihren Eltern zu bleiben und in England zu studieren, anstatt allein nach Kanada zu gehen. Doch nur wenige Wochen nach Semesterbeginn wurde ihrVater auf einen Posten in den USA abberufen. Damals war es ihr nur wie ein dummer Zufall vorgekommen. Später erschien es Elenor wie die bittere Ironie des Schicksals. Denn wenn sie früher von der Versetzung ihres Vaters gewusst hätten, wäre sie in Toronto zur Universität gegangen. Und alles, was danach passiert war, wäre nie geschehen.
    Sie hatte Glück und bekam mitten im Semester ein Zimmer in einem Wohnheim für ausländische Studenten. Elenor zog bereits dort ein, als ihre Eltern noch in London lebten. So konnte sie sich schon einmal daran gewöhnen, nicht bei ihnen zu sein. Im ersten Semester verbrachte sie viel Zeit damit, ihrer Mutter bei der Planung des Umzugs zu helfen. Darum lebte sie sich kaum an der Universität ein.
    Ende November reisten ihre Eltern ab. Elenor stellte fest, wie furchtbar es war, von der Familie verlassen zu werden. England gefiel ihr nicht besonders, und sie fühlte sich dort auch nicht zu Hause. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass sie durch das viele Reisen und das Leben in den unterschiedlichsten Kulturen keine Bindung zu ihrer Heimat aufgebaut hatte. Welcher Kultur gehörte sie an? Welches war ihr Volk? Wo lag ihre Heimat, ihr Zuhause? Sie fühlte sich den unterschiedlichsten Kulturen verbunden, aber keiner zugehörig.
    Das regnerische Wetter stimmte Elenor trübselig. Sie hasste das winzige Zimmer im Wohnheim, das sie mit einer anderen Studentin teilte.
    In dieser traurigen Lage war Elenor umso glücklicher, als sie Lana Brooks kennenlernte. Die amerikanische Studentin besuchte mit ihr das Geschichtsseminar und gefiel ihr von Anfang an gut. Lana war eine hübsche, blasse Rothaarige und all das, was Elenor zu jener Zeit nicht war: heiter, lebenslustig und selbstsicher. Lana studierte in London, um Abstand von ihrer überfürsorglichen Familie zu bekommen – und um etwas von der Welt zu sehen.
    Vorher hatte sie die USA nie verlassen, darum bedeutete die Entscheidung für London ein echtes Abenteuer für sie. Lanas Lebendigkeit und Begeisterung waren genau das, was Elenor brauchte, um aus dem Tief herauszukommen, in dem sie seit dem Umzug ihrer Eltern steckte.
    Es gab noch einen anderen Studenten, der Elenor von Anfang an aufgefallen war. Aber nicht etwa, weil sie ihn auf Anhieb mochte. Er war einfach jemand, der jedem auffiel, und sie fand ihn eher unsympathisch.
    Karim Durran war Doktorand aus Parvan. Obwohl am Institut für Asienwissenschaften viele Auslandsstudenten eingeschrieben waren, studierten nur drei Parvaner dort, einer von ihnen war Karim. Auch er studierte die kaljukische Sprache und Kultur, allerdings begegneten sie sich kaum, da Elenor noch im Grundstudium war. Karim sprach sehr gut Englisch, als Muttersprache jedoch Parvanisch.
    Wenn jemand behauptete, dass Parvanisch ein Dialekt des Kaljukischen sei, explodierte Karim jedes Mal. Er empfand im Gegenteil das Kaljukische als einen rohen, falsch ausgesprochenen Dialekt. Als die Westgoten noch plündernd durch Europa zogen, war Parvan bereits eine fortschrittliche Monarchie gewesen. Das pflegte er zu betonen. Und man tat gut daran, seinen Namen nicht mit kaljukischem, sondern mit parvanischem Akzent auszusprechen: Kah-wi-an Du-rahn.
    Das Gerücht, er sei der Kronprinz von Parvan, wurde von ihm weder bestätigt noch abgestritten. Keiner wusste, ob etwas daran war. Als kleines, unzugängliches Land hatte Parvan nie Touristen angezogen, und auch sonst war es eher unbekannt. Jahrzehntelang hatte es inmitten von Sowjetrepubliken gelegen. Die einzige Grenze zu einem Land, das nicht dem Ostblock angehörte, machte eine Bergkette unzugänglich. Die Kaljuken an der Uni, die erst vor Kurzem die Freiheit erlangt hatten, im Westen studieren zu dürfen, behaupteten, Parvan wäre ein rückständiges kleines Land voller Ziegenhirten. Auch könne man Parvan kaum als eigenständigen Staat bezeichnen, vielmehr wäre es jahrhundertelang eine Provinz Kaljukistans gewesen – bis zur Gründung der Sowjetunion. Und diese habe sich nur deshalb nicht für Parvan interessiert, weil es als unzugänglich und wertlos

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