Die Braut des Wuestenprinzen
nicht leisten konnten, bei Prüfungen durchzufallen. Aber für diejenigen, die in ihrem Wohnheim lebten, galt das nicht. Ihnen war die eigene Zukunft genauso egal wie Papas Bankkonto.
„In meinerWohnung ist einZimmer frei geworden“, fuhr Lana fort. „Und ich fühle mich ein bisschen einsam, so ganz allein. Hättest du nicht Lust, bei mir einzuziehen?“
„Das wäre toll!“, rief Elenor begeistert. „Aber ich bin ziemlich knapp bei Kasse. Wie viel würde es denn kosten?“
„Sechzig Pfund pro Woche – könntest du dir das leisten?“, fragte Lana mit banger Stimme.
„Wow! Du hast eine Zweizimmerwohnung für hundertzwanzig Pfund pro Woche gefunden! Tropft es durch die Decke? Gibt es Kakerlaken? Egal – und wenn es Ratten gibt, ich ziehe ein.“
„Super! Lass uns noch heute deine Sachen rüberbringen!“
Elenor schüttelte den Kopf. „Das geht leider nicht. Ich habe zwei Wochen Kündigungsfrist.“
„Macht nichts. Du kannst die ersten zwei Wochen umsonst bei mir wohnen. Los, sag Ja!“
Nachmittags gingen sie gemeinsam in Elenors Wohnheim, um ihre Sachen zu packen. Sie warfen alles in den Kofferraum eines Taxis. Als Lana dem Fahrer ihre Adresse nannte, schwante es Elenor um ersten Mal, dass ihre neue Freundin aus ungewöhnlichen Verhältnissen stammte.
„Regent’s Park?“, wiederholte sie leise, „Du hast eine Zweizimmerwohnung in Regent’s Park für hundertzwanzig Pfund? Meintest du vielleicht pro Tag?“
Aber Lana lächelte nur und schüttelte den Kopf. Ein paar Minuten später hielt das Taxi vor den klassizistischen weißen Nash-Bauten mit ihren imposanten Säulen. Erstaunt sah Elenor Lana an. Doch diese schmunzelte nur verschwörerisch und half dem Taxifahrer, Elenors Sachen aus dem Kofferraum zu holen.
Alles hier roch nach Reichtum. Zwar war Elenor durch das Leben in den Botschaftsgebäuden auch einigen Wohlstand gewöhnt, aber das hier war etwas völlig anders. Die prachtvollen Häuser waren zwei Jahrhunderte alt und erstklassig restauriert.
Ein uniformierter Portier begrüßte Lana mit Namen. Er half ihnen dabei, die Koffer in den schmiedeeisernen Aufzug zu bringen. Eine Minute später schloss Lana bereits die Tür zu ihrer Wohnung auf und bat Elenor hinein.
Scheinbar war die Wohnung frisch renoviert worden. Hier war alles vom Feinsten: edle Teppiche, hochwertige Fußböden und teure Möbel. Die riesigen Fenster der großzügigen Räume boten einen atemberaubenden Blick auf den Park. Das Beste allerdings war die Stille: Kein Laut war zu hören. „Lana“, keuchte Elenor, „was, um Himmels willen …“
„Ich habe meinem Vater gesagt, dass es lächerlich ist, aber er meinte, hier wäre ich gut aufgehoben“, kicherte ihre Freundin. Deutlich ernster fuhr sie fort: „Ich würde dir gern etwas erzählen, aber du musst schwören, dass du es für dich behältst. Versprochen?“ Dann erfuhr Elenor, dass Lana die Tochter des Software-Millionärs Jonathan Holding war. Sie hatte den Mädchennamen ihrer Mutter angenommen, um unerkannt zu bleiben. Ihr Vater befürchtete, sie könnte entführt werden, falls bekannt würde, wer sie war.
„Wir waren nicht immer so reich. Ich bin in einem ganz normalen Haushalt in Silicon Valley aufgewachsen. Dad habe ich kaum gesehen, weil er so viel gearbeitet hat. Und eines Tages …“, Lana deutete auf den golden Stuck und die teuren Teppiche, „ … plötzlich das hier.“
Das Geheimnis schweißte die beiden noch enger zusammen. Sowohl Elenors Einsamkeit als auch die Sehnsucht nach ihrer Familie ließen nach. Sogar das durch die ständigen Umzüge in Kindheit und Jugend bedingte Gefühl, nirgends wirklich hinzugehören, wurde schwächer.
Selbst wenn sie Karim Durran nur in einer Menschenmenge stehen sah, fühlte Elenor den Sog, den er auf sie ausübte. Obwohl er sie nie wieder auf jene sonderbare Art angesehen hatte, fühlte sie sich von ihm bedroht. Darum achtete sie darauf, ihn nicht anzusehen, und ging ihm aus dem Weg, wo sie nur konnte.
Eines Tages stand sie in der Schlange der Cafeteria und unterhielt sich mit Lana. Als sie sich zufällig umdrehte, sah sie, dass Karim mit einigen seiner Jünger direkt hinter ihr stand.
Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu, trotzdem war sie auf der Stelle wie gebannt. Sie wusste, dass sie tun würde, was immer er ihr befehlen würde. Vor Angst begann Elenor zu zittern.
„Du bist ja ganz blass geworden“, sagte Lana besorgt. „Ist alles in Ordnung? Willst du dich kurz setzen?“
„Keine Sorge. Ich werde
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