Die Braut sagt leider nein
ich auch. Da entriss Alex mir die Fernbedienung.
»Ha!«, schrie er triumphierend und schaltete einfach um. »Jetzt gehört sie mir.«
Im anderen Programm kämpften Orcawale mit hilflosen Robbenbabys. »Hochinteressant«, behauptete Alex, als das Meerwasser sich rot färbte. Ich wollte lieber Muffys Gesicht sehen, wenn er merkte, dass Herrchen und Frauchen sich wieder versöhnt hatten.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
»Ich bin nicht da«, schrie ich.
»Ich auch nicht«, schrie Alex. Das Telefon klingelte trotzdem weiter. Alex hob schließlich den Hörer ab.
»Alexander Baum? Ah — hallo, Björn, alter Kumpel!«
Ich warf mich erleichtert zurück aufs Sofa und bekam gerade noch den Abspann von »Wen die Liebe quält« zu sehen. Der Moderator, Jens, Sabrina, Muffy und eine Menge andere Leute winkten lächelnd in die Kamera.
»Wenn auch Sie die Liebe quälen sollte, dann zögern Sie nicht, uns zu schreiben«, sagte der Moderator noch.
Ich winkte dankend ab. Das war wohl mehr was für Hanna und Heiko und andere Beziehungsgeschädigte. Alex hatte den Hörer aufgelegt.
»Das war Björn. Ein alter Surfkumpel von mir.«
»Kenne ich nicht«, sagte ich träge. »Du hast so viele alte Surfkumpels.«
»Du wirst ihn gleich kennen lernen.«
Die Botschaft brauchte sehr lange, bis sie bei mir ankam.
»Wie meinst du das?«, fragte ich schließlich. »Der kommt jetzt vorbei.«
»Jetzt? Hier? Aber warum?«
»Er hat die Dias von unserem Spanienurlaub vor vier Jahren endlich gerahmt. Und die will er mir zeigen.« "Hier? Heute?«
Alex lachte. »Ja, die sind sicher lustig, werden dir gefallen. Damals kanntest du mich nämlich noch nicht. Sag mal, haben wir eigentlich Bier da?«
»Sag mal, spinnst du eigentlich?«
Alex sah mich verständnislos an.
»Ich liege hier splitterfasernackt auf dem Sofa und wollte vor dem Fernseher diesen Tag ausklingen lassen, zusammen mit dir«, schrie ich. »Und jetzt kommt dein alter Surfkumpel und möchte Dias anschauen? Wo soll ich denn so lange hin?«
Das war überhaupt eine gute Frage. Panisch sah ich mich nach einem Versteck um. Eigentlich gab es nur noch den Kleiderschrank und das Badezimmer, in das ich mich zurückziehen konnte. Aber was, wenn der Surfkumpel mal musste?
»Das sind sicher gute Fotos«, sagte Alex. »Ich dachte, die interessieren dich. Damals hatte ich noch einen Bart.«
»Interessieren mich!«, wiederholte ich und sprang völlig orientierungslos auf. »Sag mir lieber, wo ich jetzt hin soll. Wo soll ich nur hin?«
Alex hielt mein hysterisches Gejammer wohl für Komödie. Er lächelte sogar. »Vielleicht ziehst du dir was über. Björn kann jeden Augenblick hier sein.«
Das gab mir den Rest.
»Jeden Augenblick hier sein?«, schrie ich, und Tränen standen mir in den Augen. »Ich bin ganz nackt, meine Beine müssten dringend mal wieder rasiert werden, das Bett ist nicht gemacht, und ich kann mich nicht mal hineinlegen,weil es im selben Raum steht wie dieser Surf-freak gleich. Es ist Sonntagabend halb neun - wo soll ich denn jetzt hin?«
Alex sagte nichts. Ganz offensichtlich überraschte ihn mein Ausbruch. Das machte mich noch viel wütender.
»Schließlich wohne ich auch hier!«, schrie ich, und jetzt liefen mir die Tränen über die Wangen. »Ich darf nicht mal in Socken vor dem Fernseher sitzen. Ich fühle mich bedroht!«
»Aber das ist ein lieber Freund von mir. Den stört es nicht, dass deine Beine nicht rasiert sind.«
»Aber mich!«, schrie ich. »Ich habe nichts gegen deine Freunde. Aber ich will den Zeitpunkt des Kennenlernens selber wählen können, verstehst du das nicht?« Jetzt heulte ich laut. »Heute ist der denkbar ungünstigste Zeitpunkt dafür. Und ich kann nirgendwo hin. Ich habe ja keine eigene Wohnung mehr.« Schluchzend riss ich Unterhose, Jeans und Pulli aus dem Schrank und zog mich an.
»Was soll das denn?« murmelte Alex.
»Du - du -«, schniefte ich ihn an, fand aber das richtige Wort nicht. »Deinetwegen muss ich jetzt in die Kälte hinaus.«
Ich zog Mantel und Schuhe an, raffte meine Handtasche und Autoschlüssel und öffnete die Tür. Die Zimmertemperatur sank sofort unter Null.
»Hey.« Alex griff nach meinem Arm.
Ich schüttelte ihn wild ab und stapfte zu meinem Auto.
»Halte mich bloß nicht auf!«, rief ich noch, aber Alex folgte mir nicht.
Es war schon seit Wochen richtig kalt. Auf den Bürgersteigen lag eine dicke Eiskruste, die tagsüber nicht mal antaute. Am Nachmittag hatte es ein bisschen geschneit,
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