Die Braut sagt leider nein
schwieg. Viel später, nach dem großen Knall, erklärte sie, dass es zudiesem Zeitpunkt zwecklos gewesen wäre, mit mir weiter darüber zu sprechen. »Du wolltest nichts sehen, was deine Traumwelt gefährden konnte«, sagte sie. »Für dich war alles perfekt.«
Ich vergaß diese Episode einfach.
Alles war perfekt.
Pünktlich zu Heiligabend fing es an zu regnen, und der malerische Schnee auf Dächern, Zäunen und Bäumen taute im Nu weg. Zurück blieben aufgeweichter, schlammiger Boden, kahle Äste und ein trübe verhangener Himmel. Alex und ich feierten Weihnachten zum ersten Mal gemeinsam. Meine Mutter, mit der ich sonst die Feiertage verbrachte, war mit Freunden nach Österreich zum Skilaufen gefahren, und in Alex' Familie wurde Weihnachten nie besonders gefeiert. Alex' Mutter nutzte die freien Tage für eine Frischzellenkur auf einer Schönheitsfarm, und sein Vater war mit seiner zweiten Frau bei deren Tochter Carola in Wiesbaden eingeladen.
Ich freute mich, dass wir allein sein würden, und tat alles, damit uns dieses erste Weihnachten zu zweit in ganz besonderer Erinnerung bleiben würde. Tagelang war ich unterwegs, um Geschenke, Stoff, Kerzen, Tannenzweige und allerlei Dekorationsartikel zu kaufen und unsere kleine Wohnung weihnachtlich herzurichten. Ich war mit Feuereifer bei der Sache. Eine Frau ist erst dann wirklich selbständig und erwachsen, wenn sie eigenen Christbaumschmuck besitzt, hatte meine Oma immer gesagt, eine Wahrheit, die ich in diesen Tagen erst richtig verstand.
Draußen auf der Terrasse hantierte ich mit Tannengrün und Buchsbaumzweigen, Zange und Blumendraht,und mir war dabei so weihnachtlich zu Mute, dass ich die harzigen und verschrammten Hände gar nicht spürte.
»Wie schön«, lobte Kassandra, die mit Mütze und Handschuhen bekleidet im offenen Küchenfenster lehnte. »Du bist eine Frau mit Sinn für Traditionen.«
»Und mit Geschmack und Fantasie«, ergänzte ich und hielt stolz eine Girlande in die Höhe. »Ich liebe Weihnachten, du nicht auch?«
Kassandra seufzte. »Weihnachten ist kein Fest der Göttin. In unserer Meditationsgruppe feiern wir stattdessen die Wintersonnenwende auf wirklich traditionelle Weise. Wir tragen Geweihe und Masken, und wir tanzen nach Trommeln. Am zweiundzwanzigsten Dezember.«
»Und was machst du an Weihnachten?«, fragte ich mitleidig.
»Weihnachten ist ein Tag wie jeder andere auch«, sagte Kassandra, aber sie sah so einsam und verloren aus in ihrem Küchenfenster, dass ich vor Mitleid beinahe weinte. Es musste schrecklich sein, seine ganze Familie auf den Plejaden zu haben.
»Vielleicht hast du ja trotzdem Lust, bei uns vorbeizukommen«, sagte ich. »Später am Abend, auf einen Glühwein.«
»Ja«, sagte Kassandra. »Das wäre auf jeden Fall schön.«
Ich kaufte ihr den gleichen rotgrün karierten Flanell-Pyjama, den ich auch für mich und Alex gekauft hatte, mit stoffüberzogenen Knöpfchen, großen Taschen und einem niedlichen, rot eingefassten Kragen. Es gab ihn bei Beck's im Angebot, in einer weihnachtlich dekorierten Ecke, in der alles rotgrün kariert war, Stoffe, Bettwäsche, Kissenüberzüge, Christbaumschmuck, Geschenkpapier, Teddybären, Unterwäsche, Bademäntel,Handtücher und Papierkartons, Modellserie Santa Claus.
Da die Bauarbeiten zwischen Weihnachten und Neujahr ruhten, hatte Alex acht Tage Urlaub. Als er am Tag vor Heiligabend aus Karlsruhe heimkehrte, staunte er nicht schlecht. Unsere Schlaf-Wohn-Küche hatte durch meinen Einzug nicht wesentlich von ihrem ursprünglichen Stil eingebüßt. Mit den weißen Riesen, dem weißen Sofa, dem weißen Bettüberwurf, den hellen Holzmöbeln sowie dem völligen Mangel an Dekorationsgegenständen war sie ein eleganter, kühler Raum, nicht unangenehm, nur völlig unweihnachtlich. Das hatte sich nun grundlegend geändert.
Auf den kalten Fliesen lag ein großer, dunkelgrün eingefasster Sisalteppich, ein Schnäppchen, das ich uns beiden im Voraus zu Weihnachten schenkte, über das weiße Sofa hatte ich meterweise grün rot karierten Stoff drapiert. Auf dem Tisch stand ein selbst gebundener Adventskranz mit dicken roten Kerzen und rot-grün karierten Schleifen. Ebenfalls selbst gebunden und mit den gleichen Schleifen versehen war die Girlande, die sich um die Terrassentür wand und in deren höchstem Punkt ein goldfarbener Keramikengel schwebte, einer von der dicken, schmolllippigen Sorte. Im toten Winkel zwischen Sofa und Fenster stand der Weihnachtsbaum, den ich auf dem Markt
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