Die Braut sagt leider nein
optimalen Termin für unsere Hochzeit aus und entschieden uns schließlich für den vierundzwanzigsten Mai. Dann nämlich würde der Vollmond im Skorpion stehen, die ideale Konstellation für die gute Laune der Gäste und eine leidenschaftliche Hochzeitsnacht.
»Für Sonnenschein sorge ich«, versprach Kassandra beim Abschied, und ich wusste, dass man sich diesbezüglich auf sie verlassen konnte.
Von jetzt an waren es auf den Tag genau fünf Monate bis zu unserer Hochzeit. Aber heute stand der Mond ganz zufälligerweise auch im Skorpion, die ideale Konstellation für eine leidenschaftliche Weihnachtsnacht.
Alex' Vater weckte uns am nächsten Morgen telefonisch und teilte uns mit, dass er und Sylvia nun doch nicht im Mai nach Portugal fahren würden und deshalb in der Lage seien, zu unserer Hochzeit zu kommen. Das sei sein Weihnachtsgeschenk an uns.
»Das ist aber schön«, sagte ich verschlafen und reichte den Hörer an Alex weiter. Das Kätzchen, das die Nacht an meinen Rücken gekuschelt verbracht hatte, schärfte sich die winzigen Krallen am Sisalteppich und angelte nach der Telefonschnur.
»Ja, natürlich freuen wir uns darüber«, sagte Alex zu Horst und schnitt eine Grimasse. »Ja, und wir wissen auch euer Opfer zu schätzen. Im Juni werdet ihr in Portugal schwitzen, und das nur wegen uns. Nein, das war nicht ironisch gemeint.«
Etwas betreten legte er den Hörer auf. »Jetzt ist er doch da. Er wird uns die ganze Hochzeit verderben.«
»Das wird er nicht«, sagte ich selbstsicher. Wir waren so glücklich, dass niemand uns irgendetwas verderben konnte, nicht einmal Horst.
»Alles ist perfekt«, sagte ich zu Alex. Er saß in seinem Santa-Claus-Pyjama auf dem neuen Sisalteppich und sah zum Anbeißen aus. Ich stupste ihn in die Rückenlage und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Dabei stellte ich mir vor, ich könnte uns beide aus einer anderen Perspektive beobachten, von der Zimmerdecke herab. Den festlich dekorierten Raum, den Weihnachtsbaum, zerwühlte Bettwäsche, das Kätzchen, das in dem Geschenkpapierberg herumtapste, und das Liebespaar auf dem honigfarbenen Teppich, im rotgrün karierten Partnerlook.
Alles war perfekt.
NACH NEUJAHR WAR Alex nur noch selten zu Hause. Das Kaufhaus in Karlsruhe forderte ununterbrochen seine Aufmerksamkeit. Es war der erste Bau in dieser Größenordnung, für den er ganz allein verantwortlich sei, sagte er immer und immer wieder, und er dürfe keine Fehler machen. Damit der Zeitplan eingehalten werden konnte, ließ er den Bauunternehmer auch am Wochenende arbeiten und blieb selber ebenfalls übers Wochenende dort.
»Das ist unglaublich wichtig für meine Karriere«, sagte er. »Ich glaube, wenn ich das alles gut hinter mich bringe, bietet der Berger mir die Partnerschaft an. Und was das finanziell bedeuten würde, brauch' ich dir wohl nicht zu sagen. Alles andere muss daneben zurückstehen.«
Zurückstehen musste unter anderem der Bau unsres eigenen Hauses. Alex rechnete täglich mit dem Eintreffen der Baugenehmigung, und er hatte immerhin vom Tiefbauer bis zum Heizungsmonteur sämtliche Unternehmer in Alarmbereitschaft versetzt. Den Rest, sagte er, müsse ich übernehmen.
»Wenn es losgeht, werde ich so viel wie möglich vom Telefon aus regeln«, sagte er, »aber du musst mich auf der Baustelle ersetzen. Ich habe dreiundneunzigtausend Mark auf meinem Konto, damit kommen wie genau bis zur Erdgeschossdecke. Ich überweise das Geld auf deinGirokonto, damit du die Leute bezahlen kannst, aber du musst ihnen ordentlich auf die Finger gucken.«
»Das kann ich doch nicht«, sagte ich, aber Alex sagte: »Du musst!«
Die Verhandlungen mit der Bank wegen unseres Kredits waren beinahe abgeschlossen. Uns fehlten zweihun-dertfünfzigtausend Mark Eigenkapital zur Vollendung des Baus. Die Bank hatte keinerlei Bedenken bezüglich unserer Zahlungsfähigkeit bei dieser vergleichsweise niedrigen Summe, da wir beide gut verdienten, Alex sogar sehr gut. Aber vor dem endgültigen Abschluss des Vertrages wünschte die Bank eine Änderung der Grundbucheintragung. Bisher war ich der alleinige Besitzer des Grundstücks, beim Notar sollten Alex und ich nun als gemeinsame Besitzer eingetragen werden.
»Das mit dem Notar musst du ohne mich regeln«, bestimmte Alex. »Ich habe dafür keine Zeit, unmöglich.«
»Ich kann so was nicht«, jammerte ich, aber Alex sagte: »Du musst! Wenn das mit dem Grundbuch geregelt ist, bekommst du eine Vollmacht von mir und regelst das mit dem
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