Die Braut von Rosecliff
Frühling in Nordwales war.
»Wenn sie sich einbildet, mich überlistet zu haben… Wenn diese Waliser glauben, dass diese Heirat mich davon abhalten wird, hier eine Festung für mei nen König zu bauen…dann irren sie sich gewaltig! Sie können diesen Kampf nicht gewi n nen!«
Newlins altes Gesicht legte sich in besorgte Falten. »Gibt es denn keine andere Möglichkeit?«
Rand gab darauf keine Antwort. Vielleicht hätte es eine and e re Möglichkeit gegeben. Wenn er Josselyn geheiratet hätte… Doch das hatte er nie ernsthaft in Erwägung gezogen, weil sein politischer Ehrgeiz ihm wichtiger gewesen war. Und jetzt war es zu spät, und er musste sich damit abfinden, sie verloren zu h a ben.
Es wurde Sommer. Die Wiesen grünten, Lämmer kamen zur Welt, junge Vögel machten ihre ersten Flugversuche… Kno s pendes Leben, wohin man schaute.
Josselyn spürte es auch am eigenen Leibe. Ihre Brüste wu r den schwerer, sie hatte keine Monatsblu tungen mehr und ve r lor den Appetit, nahm aber trotzdem zu. Sie wusste seit langem, dass sie ein Kind erwartete, doch sie wollte ihren Zustand ve r heimli chen, solange es irgend möglich war, denn der Vater di e ses Kindes hieß nicht Madoc.
Er hatte oft versucht, die Ehe zu vollziehen. Er hatte ihren nackten Körper begrapscht, sie in die Brust warzen gezwickt, und sie hatte alles über sich ergehen lassen, weil das nun einmal zu ihren ehelichen Pflich ten gehörte. Auf seinen Befehl hin hatte sie sein Glied in die Hand genommen und gerieben – doch auch das hatte nichts genutzt. Seine Manneskraft war durch nichts mehr zu wecken. Trotzdem stattete er ihrem Schlafzimmer zweimal in der Woche Besuche ab, um wenigstens den Schein zu wahren. Aber ihm würde natürlich klar sein, dass nicht er dieses Kind gezeugt hatte, und sie hatte Angst vor seiner Rea k tion.
Bis jetzt war er ein gütiger Ehemann gewesen, der sie eher wie eine Tochter behandelte, und sie bemüh te sich, ihn zu u m sorgen. Sie kannte inzwischen seine Lieblingsgerichte und Lie b lingsgetränke. Sie schnitt für ihn immer die besten Fleischst ü cke ab, sie hielt seine Kleidung in Ordnung, reinigte seine Waffen, schnitt ihm die Haare, badete ihn einmal in der Wo che. Sie bereitete einen Heiltrank aus Wermut, Minze und Wacholder zu, der seine Verdauung förderte, und sie rieb seine Füße mit Ysop ein, wenn er unter Juckreiz litt. Madoc verlieh seiner Zufriedenheit mit ihr meistens durch einen kräftigen Klaps auf den Hin tern Ausdruck, schenkte ihr aber ansonsten zum Glück wenig Beachtung. Der Kampf gegen die Eng länder war ihm wichtiger als seine junge Frau.
Heute war Waschtag. Josselyn und Meriel trugen die schmu t zigen Sachen in einem Korb zum Dorf brunnen, wo schon viele Frauen am Einseifen und Reiben waren. Einige hatten ihre kleinen Kinder mit gebracht, die Josselyn mit neuem Interesse betrachte te.
Meriel warf ihr einen verschlagenen Blick zu. »Viel leicht wirst du auch bald eines auf dem Arm haben!«
Josselyn konzentrierte sich darauf, die Wäsche zu sortieren. »Jede Frau möchte wohl Kinder haben«, antwortete sie auswe i chend.
»So ist es«, bestätigte Meriel, aber in so seltsamem Ton, dass Josselyn aufschaute. Die Lippen der Frau waren verkniffen, und sie hatte die Stirn gerunzelt. Josselyn fiel plötzlich ein, dass Meriels Ehe kinderlos geblieben war.
»Entschuldige bitte, wenn ich dich mit meinen un bedachten Worten gekränkt habe«, sagte sie rasch. »Es muss schlimm sein, wenn man sich vergeblich Kinder wünscht.«
Meriel zerrte heftig an einem Leintuch. »Wenn eine Frau nach zehnjähriger Ehe keine Kinder hat, wird kein anderer Mann diese Witwe heiraten. Sie bilden sich alle ein, die Frau müsse daran schuld sein.« Sie schaute Josselyn tief in die Augen. »Dabei ist es manchmal der Mann, der nicht seinen Teil dazu bei tragen kann, wenn du verstehst, was ich meine.«
Josselyn nickte stumm. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wusste Meriel, dass Madoc impotent war? Das wäre schrec k lich! Aber woher sollte die Frau das wissen?
Trotzdem war Josselyn so beunruhigt, dass sie beschloss, ihrem Mann noch an diesem Tag zu gestehen, dass sie schwa n ger war, bevor Meriel es bemerk te und ihren Vetter informierte.
Sie erwartete ihn am Nachmittag zurück. Er war am frühen Morgen mit einer kleinen Gruppe bewaff neter Männer wegg e ritten. In den vergangenen Monaten war viel darüber geredet worden, wie man die Engländer vertreiben könnte, doch abges e hen von einigen kleinen Scharmützeln
Weitere Kostenlose Bücher