Die Braut von Rosecliff
halb oder ganz – in unseren Adern fließt das gleiche Blut, und deshalb konnte ich dich nicht in Owains mörder i schen Klauen lassen.«
Rand schenkte sich Ale ein. Er spürte, dass Jasper ihn scharf beobachtete, und war auf die nächste Frage vorbereitet.
»Warum hast du mich hergeholt, obwohl du zunächst nichts davon wissen wolltest, dass ich dich begleite«
»Ich wollte dich mit Josselyn verheiraten, um auf diese Weise den Frieden zu sichern.«
Jasper dachte eine Weile darüber nach. »Es war ein einleuc h tender Plan«, gab er zu. »Allerdings hätte ich nicht zug e stimmt.«
»O doch, du hättest zugestimmt, wenn ich dir ver sprochen hätte, dass du Herr auf Rosecliffe wirst, sobald die Burg fertig ist!«
Sein Bruder war einen Augenblick lang sprachlos. Dann zuc k te er mit den Schultern. »Du hast Recht, vielleicht hätte ich sie unter diesen Bedingungen geheiratet. Hässlich war sie ja nicht… und walisische Frauen sollen sehr temperamentvoll im Bett sein, wurde mir jedenfalls gesagt. Stimmt das?«
Rand atmete tief durch, fest entschlossen, sich nicht provozi e ren zu lassen. »Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu ze r brechen. Sie ist für uns verloren und wird irgendeinen Waliser heiraten.«
»Das hört sich so an, als glaubst du nicht, dass sie Owain he i ratet. Wenn sie es tut, kann sie einem wirk lich Leid tun!« Jasper fügte bitter hinzu: »Der Kerl wollte mir die ganze rechte Hand abhacken! Wenn er gewusst hätte, dass ich Linkshänder bin, hätte er sich zweifellos für die linke entschieden!«
»Hat Clyde ihn daran gehindert?«
»Clyde vertrat die Ansicht, dass mein kleiner Fin ger als B e weis für die erfolgte Gefangennahme genü gen würde, aber ich glaube nicht, dass Owain auf ihn gehört hätte. Es war ein Kind, ein kleines Mädchen, das ihn zur Vernunft brachte.«
»Ein Kind? Seine Tochter?«
»Nein, ein Mädchen aus Carreg Du.« Jasper schüt telte den Kopf. »Ein blutrünstiges kleines Ding, das erklärte, sie hätte nichts dagegen, wenn man mich in Stücke hacken und dir die Einzelteile in Weidenkör ben übergeben würde – aber vorher müsse Josselyn in Sicherheit sein. Sie befürchtete, dass du dich an Josse lyn rächen würdest, wenn Owain mir die ganze Hand abhackte, deshalb beharrte sie auf dem kleinen Fin ger.«
Rand konnte diese Geschichte kaum glauben. »Und Owain hat tatsächlich auf ein kleines Mädchen gehört? Das kannst du mir nicht weismachen! Woher willst du überhaupt wissen, was gesagt wurde? Sie haben doch bestimmt Walisisch gespr o chen.«
»Sobald ich erfuhr, dass der König dich nach Wales schicken würde, habe ich angefangen, Walisisch zu lernen«, erwiderte Jasper stolz. »Verglichen mit der lateinischen Sprache war es gar nicht schwer. Um aber auf das Mädchen zurückzukommen – es hatte eben falls eine Geisel.«
Osborn, der bis jetzt schweigend am Tisch gesessen hatte, mischte sich ins Gespräch ein. »Ein Kind, das eine Geisel nimmt? Ich glaube, dein Gehirn hat noch mehr Schaden gelitten als deine Hand!«
Jasper beugte sich vor. »Sie hatte Owains Sohn irgendwo im Wald gefangen genommen… Als sie das erzählte, schlug Owain sie in blinder Wut nieder. Da raufhin schlug Clyde ihn nieder. Ich dachte, sie wür den einander umbringen – und mich natü r lich auch. Aber jetzt bin ich hier und habe es einem kleinen Mädchen zu verdanken, dass mir nur der kleine Fin ger fehlt.«
Rand starrte ins Kaminfeuer. Er erinnerte sich gut an das ta p fere kleine Mädchen, dem Josselyn damals im Wald zu Hilfe geeilt war und das ihn später mit Steinen beworfen hatte, weil es Josselyn befreien woll te. Bestimmt war es dieses furchtlose Kind, das sich getraut hatte, Owain ap Madoc die Stirn zu bi e ten. Es hatte ihn in die Knie gezwungen und zum Gespött seiner Leute gemacht, und das würde er dem Mäd chen niemals verzeihen.
Würde er seine Wut auch an Josselyn auslassen?
Ein kalter Schauer lief Rand über den Rücken, obwohl er sich sagte, dass er eigentlich froh über jedes Zerwürfnis zwischen den Walisern sein müsste. Josse lyn war ja auch jedes Mittel recht g e wesen, um den Engländern zu entkommen, und sie hatte ihr Ziel erreicht. Jetzt musste sie die Konsequenzen tragen…
Trotzdem machte er sich Sorgen um sie und um das kleine Mä d chen, dem Jasper so viel zu verdanken hatte.
21
Am ersten Tag freuten alle Einwohner von Carreg Du sich über Josselyns Rückkehr.
Am zweiten Tag duckten sie sich vor Owains Zorn.
Am dritten Tag
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