Die Braut von Rosecliff
übe r haupt sprechen zu lernen!«
Josselyn schluckte. Ihr Herz war schwer wie Blei, aber sie kannte ihre Pflichten. »Ja, mein Gemahl, ich werde tun, was du mir befiehlst.«
»Immer!«
»Immer«, wiederholte sie schicksalsergeben.
22
In dieser Nacht wurde in Afon Bryn wieder gefeiert, aber Madoc trank erstaunlich wenig, behielt seinen Sohn ständig im Auge und beharrte darauf, dass seine Frau ihm nicht von der Seite wich.
Josselyn hatte zunächst nicht begriffen, warum er bereit war, die Vaterschaft für ein Kind zu übernehmen, das nicht er gezeugt hatte. Doch im Laufe des Abends wurde ihr klar, dass Madoc noch nicht bereit war, seine Macht an Owain abzutreten, und dass er sein Ansehen bei den Dorfbewohnern steigern wollte, indem er so tat, als wäre er noch im Vollbesitz seiner Manneskraft, und als wäre Josselyn seine große Liebe.
Sie war einerseits erleichtert, andererseits aber auch sehr beunr u higt. Owain hasste seinen Vater, er hasste sie, und jetzt würde er auch das ungeborene Kind hassen… Liebend gern hätte sie sich in ihr Schlafzim mer geflüchtet, aber Madoc hielt ihre Hand fest, als sie den Hsch verlassen wollte.
»Bleib hier«, befahl er.
Sie senkte demütig den Kopf. »Ich bin sehr müde.«
»Du darfst von nun an nie allein sein«, sagte Madoc leise. »Hast du verstanden?«
»Nein, ich… ich verstehe nicht, warum…«, stammelte sie, den Tränen nahe. Wollte er sie Tag und Nacht bewachen lassen?
Madoc stand plötzlich auf. »Lasst uns jetzt die Becher auf me i nen Sohn Owain erheben! Möge seine Frau ihm bald ebenfalls ein Kind bescheren!«
Alle tranken, doch für einen kurzen Augenblick starrte Owain Josselyn an, und ihr lief ein eisiger Schauer über den Rücken, denn eine rasende Wut flackerte in seinen hellen Augen. Gleich darauf hatte er sich wieder u n ter Kontrolle, lachte, leerte seinen Becher und prahlte, er b e glücke seine Frau an drei verschiedenen Stellen mit seinem S a men.
Die Männer lachten schallend über seine Bemerkung.
»Vielleicht solltest du ihn nicht so leichtfertig ver geuden«, schmunzelte Madoc.
Josselyn hatte keine Ahnung, was damit gemeint war, doch sie begriff jetzt, warum Madoc ihr verbot, allein zu sein. Er tra u te seinem Sohn nicht. Glaubte er wirklich, dass Owain nicht davor zurückschrecken würde, sich an der Frau seines Vaters zu vergreifen?
Natürlich würde er nicht davor zurückschrecken… Gwain schreckte vor gar nichts zurück. Wahrschein lich würde er sogar seinen eigenen Vater am liebsten umbringen…
»Hast du verstanden?«, wiederholte Madoc, nach dem er wi e der neben ihr Platz genommen hatte.
Sie nickte. »Ja.«
»Wenn du ein gesundes Kind zur Welt bringen möchtest, solltest du auf mich hören, denn weitere Kinder wirst du nicht bekommen.« Er umklammerte ihr Handgelenk. »Das würde ich nicht dulden.«
Josselyn schaute ihm in die Augen. »Ich habe dir Treue g e lobt, und an dieses Versprechen werde ich mich halten.«
»Gut.« Er wölbte eine Hand um ihr Kinn und küs ste sie. Die betrunkenen Gäste grölten und klatschten wieder. Sie ließ den widerlich nassen Kuss über sich ergehen und verbarg danach das Gesicht an seiner breiten Brust, so als schämte sie sich di e ser Zurschau stellung von Gefühlen.
Um ihr unschuldiges Kind zu beschützen, würde sie in Zukunft immer heucheln müssen. Zwischen Madoc und seinem Sohn tobte ein erbitterter Kampf, und sie war in diesen Kampf verstrickt, ob sie wollte oder nicht.
Letztlich würde Owain der Sieger sein, das stand für sie fest, denn die Zeit stand auf seiner Seite. Sie musste sich gut übe r legen, was sie dann tun könnte, um sich und ihr Kind zu retten.
Ihr Kind kam im Winter zur Welt, während ein hefti ger Sturm tobte. Es war ein winziges Mädchen mit dunklen Augen und einem kahlen Köpfchen. Josselyn liebte ihre Tochter auf den ersten Blick, befürchtete jedoch, dass sie nicht überleben wü r de, weil sie so klein war.
Die Monate vor der Geburt waren ein einziger Alb traum gewesen. Sie fühlte sich durch Owains Anwe senheit ständig bedroht und litt mit Agatha, die ihrem brutalen Mann hilflos au s gesetzt war und seit einer Fehlgeburt im Herbst von ihm noch schlechter als zuvor behandelt wurde.
Meriel verhielt sich den beiden jungen Frauen gegenüber immer feindseliger. Josselyn versuchte sie zu verstehen – sie hatte jahrelang allein Madocs Haus halt geführt und wollte sich nicht verdrängen lassen. Er hatte sie einmal, als er sehr betru n ken war, seine
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