Die Braut von Rosecliff
Schluchzend warf sie sich in Nestas Arme.
»Josselyn, Gott sei Dank! Ich habe mir solche Sorgen g e macht.«
»Wo ist Isolde?«, stammelte Josselyn. »Wo ist sie?«
»Sie schläft in der Halle. Aber…«
Josselyn stürzte in die Halle. Ihre Tochter schlief wirklich friedlich in der Wiege. Sie hob das Kind hoch und drückte es an ihre Brust. Nie wieder würde sie es allein lassen, schwor sie sich. Nie wieder! Owain würde sie umbringen müssen, bevor sie sich von Isol de trennte.
»Es hat ihr an nichts gefehlt«, berichtete Nesta von der Schwelle aus. »Meriel hat sich rührend um sie gekümmert.«
Ihre ahnungslose Tante, die nicht wusste, dass in diesem Haus überall das Böse lauerte…
Meriel stand hinter Nesta, ein hämisches Lächeln auf den Lippen. Diese Frau würde alles tun, um Owain zu helfen, denn sie wollte sich bei ihm ein schmeicheln, ganz abgesehen davon, dass sie Josselyn hasste. Vermutlich hasste sie auch Iso l de, weil deren Vater ein Engländer war. Nein, Meriel würde Owain nicht daran hindern, die Kleine umzubringen! Sollte er Rand besiegen, wäre er ein gefeierter Held, dem niemand sich zu widersetzen wagte.
»Ich bin todmüde«, sagte Josselyn. »Ich habe Owains Au f trag ausgeführt, und jetzt muss ich unbe dingt ein paar Stunden schlafen.« In Wirklichkeit wollte sie überlegen, wie sie Rand warnen könnte, doch ihr blieb keine Zeit mehr, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen, denn Owain stürzte wie ein wilder Stier in die Halle.
»Wo ist das Luder?«, brüllte er mit hochrotem Kopf. Als er Jo s selyn sah, bekamen seine Augen einen irren Glanz. »Ich bin noch nicht fertig mit dir.«
Hinter ihm drängte eine Menge in den großen Raum: Fra u en, Owains Männer, aber auch Männer aus Carreg Du, daru n ter Dewey und Taran. Isolde an sich gedrückt, rief Josselyn laut und deutlich, damit alle es hören konnten: »Ich habe alles g e tan, was du von mir verlangt hast. Du hast keinen Grund, mich oder meine Tochter zu bestrafen.«
»Du hast uns betrogen! Du hast mit jenem Mann geschlafen und dein Volk verraten! Du hast ihm er zählt, dass ich ihn in eine Falle locken will!« Owain wandte sich an die Schar von Neugierigen. »Das Kind in ihren Armen ist ein englischer Ba s tard! Meriel, bestätige ihnen, dass es nicht das Kind meines Vaters ist!«
Die alte Frau trat begierig vor. »Es stimmt, was er sagt! Sie trug den Samen des Engländers in sich, als sie Madoc geheir a tet hat. Das war es, was ihm das Herz gebrochen hat! Sie ist schuld an seinem Tod!«
»Es geht hier und jetzt nicht um mein Kind«, ging Josselyn aus der Defensive in die Offensive über. »Owain ist wütend, weil ich ihn daran gehindert habe, mich zu vergewaltigen.«
Alle Augen richteten sich auf Owain, denn das war eine gr a vierende Beschuldigung, aber er grinste nur. »Die kleine Nutte hat versucht, mich zu verführen, und jetzt grollt sie mir, weil ich ihr eine Abfuhr erteilt habe.« Er schlang einen Arm um A gathas Taille. »Ich bin ein treuer Ehemann!« Sein Grinsen wurde noch selbstsicherer. »Fragt Conan und Glyn. Sie hielten sich in unmittelbarer Nähe auf.«
»Schluss jetzt!« Clyde bahnte sich einen Weg durch die aufg e regte Menge und trat an die Seite seiner Nichte. Die anderen Männer von Carreg Du scharten sich sofort um ihn. »Wir haben keine Zeit für solche Streitereien. Es gibt wesen t lich wichtigere Dinge zu erledigen. Wir müssen einen Schlach t plan entwerfen, wenn wir die Engländer besiegen wollen.«
»Sie hat eine schwere Anklage gegen mich erho ben«, behar r te Owain.
»Du hast gegen sie genauso schwere Anklagen erhoben«, konterte Clyde. »Wir sollten uns auf den gemei n samen Kampf vorbereiten, anstatt gegenseiti ge Vorwürfe zu erheben.« Er hielt Owains erbosten Blicken ruhig stand.
Nach einem langen angespannten Schweigen gab der jüngere Mann nach. Auf eine direkte Konfrontati on mit Clydes Leuten wollte er es im Augenblick noch nicht ankommen lassen. Statt dessen spuckte er ver ächtlich auf den Boden.
»Sie ist eine Verräterin, und sobald die Engländer niederg e metzelt sind, werde ich sie und ihren Bastard keinen Tag länger in Afon Bryn dulden!«
Und ich werde mich keine Sekunde länger als unbedingt notwendig in Afon Bryn aufhalten, dachte Josselyn, während die Menge sich langsam zerstreute. Sie woll te nur nach Carreg Du zurückke h ren, Isolde aufziehen und in Frieden leben.
Doch es würde keinen Frieden in diesem Tal geben, wenn Rand ermordet wurde, das war Josselyn inzwi
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