Die Braut von Rosecliff
starrte ihn wütend an. »Selbstverständlich! Ihr wisst doch, dass ich nicht verheiratet bin. Haltet Ihr alle Waliseri n nen für Huren?«
Josselyn versuchte sich loszureißen, aber er hielt sie fest.
»In England behält ein Mann seine jungfräulichen Töchter im Auge. Er erlaubt ihnen auch nicht, allein und unbeschützt durch Felder und Wälder zu schwei fen.«
»Bedauerlicherweise ist mein Vater seit zehn Jahren tot«, schrie sie. »Und es waren Eure Landsleute, die ihn getötet haben! Doch selbst wenn er noch am Leben wäre, hätte er mich nicht an Spaziergängen gehindert, denn vor der Ankunft der Englä n der hat ten walisische Frauen nichts zu befürchten. Und jetzt lasst mich los!«
»Warum? Weil du Angst vor mir hast?«
Angst? Es wäre töricht, keine Angst vor einem Mann zu h a ben, der sie mit einem Kuss um den Ver stand bringen konnte, doch das wollte sie nicht zuge ben. »Ich habe Euch bisher nicht für einen Mann ge halten, der eine Frau gegen ihren Willen nimmt.«
Er lächelte. »Ich freue mich, dass du eine so hohe Meinung von mir hast. Es stimmt – Verg e waltigung ist nicht mein Fall. Aber du hast mir keinen Wider stand entgegengesetzt.«
»Vielleicht nicht«, gab Josselyn widerwillig zu, »aber jetzt tu ich’s. Lasst mich los!«
»Und wenn ich das nicht tue?«
Er zog sie etwas näher an sich heran, und s o fort geriet sie in Panik. »Wenn Ihr mich zu zwi n gen ver sucht, werde ich mich zur Wehr setzen… und Euch hassen!«
»Du hasst mich doch ohnehin«, rief er ihr ins Ge dächtnis.
»Aber dann werde ich Euch noch viel mehr hassen.« Sie hö r te selbst, wie lächerlich diese Drohung klang. Ihm war es doch ganz egal, welche Gefühle sie für ihn hegte. Zu ihrer großen Überraschung gab er sie j e doch frei und trat einen Schritt zurück.
»Ich möchte nicht, dass du mich hasst, Josselyn. Auf gar keinen Fall.«
Auch Josselyn wich etwas zurück, verwirrt, erleich tert, uns i cher, wie sie sich jetzt benehmen sollte. »Was eben passiert ist… es war ein Fe h ler…«
»Den du bedauerst?« Als sie nicht sofort antwo r te te, lachte Rand. »Der einzige Fehler bestand darin, dass ich dich für e r fahrener hielt als du in Wirklich keit bist.«
Josselyn starrte ihn erbittert an. Wollte er damit sagen, dass er sich nicht solche Freiheiten erlaubt hätte, wenn ihm klar gewesen wäre, dass er es mit einer Jungfrau zu tun hatte? O der bedeuteten seine Worte, dass er sie nicht mehr begehrte, weil ein unschuldiges Mädchen ihm nichts bieten konnte? Sie fühlte sich zutiefst gekränkt, obwohl das natürlich absurd war. Es sollte ihr ganz egal sein, was er dach te, warum er von ihr abgelassen hatte! Doch es war ihr nicht egal…
»Ich muss nach Hause.« Sie wollte allein sein, um in Ruhe nachdenken zu können. Zu viel war in viel zu kurzer Zeit auf sie eingestürmt.
»Warte! Du hast gesagt, dein Vater sei ermordet worden. Was ist mit dem Rest deiner Familie?«
Ein kalter Schauer lief Josselyn über den R ü cken. Sie hatte ihm schon zu viel verraten. Er durfte nicht erfahren, dass sie die Nichte von Clyde ap Llewelyn war.
»Ich lebe mit meiner Mutter – und mit meinen Brü dern und Schwestern«, schwindelte sie.
»Ist das Mädchen, das Harry neulich gefangen hat, deine Schwester?«
»Ja, aber jetzt muss ich wirklich gehen.«
»Kommst du morgen, um mich dann zu unte r rich ten?«
Seine dunklen Augen hatten einen Ausdruck, den man fast als Bitte deuten könnte, und sie begriff, dass ihre Unschuld ihn nicht für immer abgeschreckt hatte. Das jähe Glücksgefühl, das sie bei dieser Erkenntnis verspürte, sagte ihr, dass es höchste Zeit war, die Flucht anzutreten. »Ich weiß nicht…«, murmelte sie, machte auf dem Absatz kehrt und rannte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Erst als sie ganz sicher war, dass er sie nicht mehr sehen konnte, blieb sie kurz stehen, um Atem zu schöpfen und sich heftige Selbstvorwürfe zu machen. Sie hätte es nie so weit kommen lassen dürfen! Völlig ausgeschlossen, dass sie Randulf Fitz Hugh weiterhin unterrichtete. Sie musste ihm in Zukunft aus dem Wege gehen, denn andernfalls würde sie in seinem Bett la n den…
Rand war amüsiert – und frustriert. Was für ein süßes Ding! Im ersten Augenblick war es für ihn eine herbe Enttäuschung gewesen, dass er an eine Jungfrau gera ten war, doch je länger er darüber nachdachte, desto besser gefiel ihm diese Tats a che. Kein anderer Mann hatte sie je berührt. Er würde als Erster diesen reiz
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