Die Braut von Rosecliff
als Haupt halle diente. »Such fünf Männer als Begleiter für dich und mich aus. Wir reiten nach Carreg Du.«
»Wozu?«, fragte Osborn.
»Um ein paar Fragen zu stellen und hoffentlich ein paar An t worten zu erhalten.«
»Und wer soll für uns übersetzen? Das Mädchen hat sich seit drei Tagen nicht hier blicken lassen.«
Rand würdigte ihn keiner Antwort. Er wusste selbst, dass Josselyn dem Lager neuerdings fernblieb –er war sich dessen schmerzlich b e wusst –, aber er wusste nicht, ob sie es nach dem kurzen Intermezzo auf der Waldlichtung nur mit der Angst zu tun be kommen hatte, oder ob es andere Gründe für ihre Abwesenheit gab.
Zu der Gruppe von Walisern, die in südliche Rich tung geritten war, gehörte eine Frau – zweife l los Cly des Nichte. Was, wenn das Josselyn war? Was, wenn sie ihn hintergangen hatte?
War die verwaiste Josselyn ap Carreg Du in Wir k lichkeit die einzige Erbin von Clyde ap Llewelyn? Rand ballte wieder die Fäuste. Hatte das verwegene Mädchen ihn zum Narren geha l ten, für ihn gearbeitet, ihn mit ihrem hübschen Gesicht und rei z vollen Kör per betört – und ihn geküsst! –, während es schon be schlossene Sache war, dass sie den Sohn eines Nach barn he i raten würde, damit ihr Onkel einen Verbündeten im Kampf gegen die Engländer hatte?
»Herrgott!« Er trat wütend nach einem Hocker, riss die Tür auf und stürmte ins Freie. Das ve r dammte Luder hatte ihm gründlich den Kopf verdreht! Wie hatte er nur so blind sein können? Vielleicht war sie gar keine Jungfrau, sondern eine erfa h rene Verführe rin, die ihre Reize ganz gezielt einsetzte, um ihre Ziele zu erreichen.
Zweifellos würde sie jetzt versuchen, auch diesen Owain ap Madoc zu betören, mit ihren strahlend blauen Augen, den vollen Lippen, dem anmutigen Körper… Und wenn der arme Kerl hil f los in ihrem Netz zappelte, würde sie ihn zum Krieg gegen Rand aufhetzen…
Osborn räusperte sich hinter ihm. »Glaubst du, dass sie Cl y des Nichte ist und die Lloyds ködern soll?«
Rand knirschte mit den Zähnen. »Es gibt nur eine einzige Mö g lichkeit, das herauszufinden…«
8
Carreg Du sah ganz anders als englische Dörfer aus, denn es besaß weder eine Burg noch eine Kirche. Ein breiter Weg schlängelte sich zwischen den Steinbau ten mit Schiefer-oder Strohdächern hindurch. Die Häuser standen weit voneinander entfernt und waren oft hinter Bäumen oder Büschen versteckt, während sie sich in England dicht zusammendrängten. Steine markierten die Begrenzungen von Küchengärten, die schon u m gepflügt waren, weil die Pflanzzeit ja dicht bevorstand.
Rand hielt am Ortsrand kurz an, und seine B e glei ter folgten diesem Beispiel. Kein einziger Dorfbewohner war zu sehen – w e der Mann noch Frau noch Kind. Eine Katze saß auf einem Fenste r brett, machte sich aber gleich darauf lautlos aus dem Staub. Ein magerer Hund, der an einer Tür geschnuppert hatte, b e gann zu bellen, sobald er die Reiter sah, zog jedoch den Schwanz ein und versteckte sich hinter einem Schuppen, als Rand weiterritt. Fitz Hugh zweifelte nicht da ran, dass viele Menschen durch sein unerwartetes Auftauchen genauso ve r unsichert wurden wie die Tiere.
Er lenkte sein Pferd auf das größte Gebäude im Dorf zu. Es war ein schönes zweistöckiges Haus, ordentlich verputzt, mit kunstvollen Verzierungen über den Fenstern und blühenden Winterrosen auf beiden Seiten der geschnitzten Tür.
An einem der Fenster in der ersten Etage bewe g te sich ein Vorhang, doch das störte Rand nicht – schließ lich kam er in frie d licher Absicht, jedenfalls heute. Er stieg ab, überreichte einem seiner Männer die Zügel und ging auf die Haustür zu.
Sie wurde geöffnet, bevor er sie erreicht hatte, und der Do l metscher namens Dewey trat über die Schwel le und blieb mit gespreizten Beinen und verschränk ten Armen stehen. Obwohl er einen ganzen Kopf klei ner als Rand war, verriet seine Haltung, dass er nicht einmal vor einem angre i fenden Bullen weichen wür de.
»Guten Tag«, sagte Rand höflich. Mit Dewey konn te er sich wenigstens mühelos verständigen, auch wenn der Mann seine Feindseligkeit nicht verhehlte.
»Guten Tag«, knurrte der Waliser.
»Ich habe gehört, dass Clyde ap Llewelyn eine Rei se nach Süden angetreten hat.« Die Überr a schung war jedoch nur an Deweys Augen abzul e sen, und Rand fuhr rasch fort: »Ich würde gern mit Josselyn spre chen.«
»Sie ist nicht hier.«
»Ist sie die Frau, die deinen Herrn
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