Die Braut von Rosecliff
Mylord. Ich wür de mich ganz gern ein paar Tage ausruhen.«
»Er will, dass ich London noch heute verlasse?«
Als der Kurier nickte, stand Jasper mühsam auf, konnte sich allerdings kaum auf den Beinen halten. »Hol meinen Knappen und warte draußen«, murmel te er.
Gleich darauf stand Lawrence im Zimmer, und Jas per musste weitere Anweisungen geben. »Wir brechen morgen nach Wales auf. Sorg dafür, dass man mir heißes Wasser für ein Bad bringt, und dann be gleite den Kurier in die Küche, gib ihm was Ordentli ches zu essen und reichlich zu trinken – vom besten Wein.« Er rieb sich das Gesicht, denn die bloße Vor stellung, in seinem derzeitigen Zustand auf einem Pferderücken sitzen zu müssen, verursachte ihm hef tige Übelkeit. »Tu dein Möglich s tes, um den Mann zum Reden zu bringen. Ich will wissen, was bei mei nem Bruder los ist… Und gib mir schnell den Nach t topf!«
Sobald der Knappe diskret die Tür hinter sich ge schlossen hatte, entleerte Jasper seinen Mageninhalt in den Nachttopf, doch auch während er würgte, frag te er sich nach den Gründen für Rands unerwarteten Sinneswandel. Vielleicht würde La w rence ja irgendet was in Erfahrung bringen… Wie auch immer, er konnte es kaum erwarten, diese Reise anzutreten, und bei der Ankunft in Wales würde er völlig nüchtern sein und einen klaren Kopf haben.
Bei seinem Bruder würde er nicht so viel trinken können wie hier in London, aber das war vielleicht gar nicht so schlecht. Viel erschreckender war der Ge danke, dass es dort keine Frauen geben würde…
Jasper spülte seinen Mund mit schalem Wein aus und wischte sich die Lippen am Ärmel ab. Es würde keine englischen Fra u en geben, aber Frauen gab es überall. Auch wenn sie seine Sprache nicht verstan den – es gab bessere Mittel und Wege der Völkerver ständigung.
Walisische Frauen wären eine reizvolle Abwechs lung. Die Engländerinnen hatte er ohnehin satt, ob es sich nun um Nutten oder um adlige Damen handelte.
Angeblich sollten Waliserinnen besonders tempera mentvoll sein…
Er bewegte vorsichtig den Kopf, ignorierte den Schmerz und brüllte: »Lawrence, wo bleibt mein Ba dewasser?« Ein Ritter dur f te nicht wehleidig sein, und schon heute Nachmittag würde er wieder Bäume ausreißen können! Sein Bruder sollte stolz auf ihn sein können. Grinsend kratzte er sich am Unterleib. Er würde Rand beweisen, dass er seinen Mann stehen konnte!
Pläne zu schmieden war eine Sache, sie in die Tat umzusetzen eine ganz andere. Nachdem Josselyn den ganzen Nachmittag damit verbracht hatte, Möglich keiten und Ideen abzuwägen, war ihr klar, dass sie sich in Gefahr begeben musste, wenn sie etwas Nüt z liches erfahren wollte. Sie durfte Rand nicht aus dem Weg gehen, sie musste möglichst viel Zeit in seiner Nähe verbringen und ve r suchen, ihn auszuhorchen, ohne seinem Charme zu erliegen.
Er ist ein Engländer, und ich hasse alle Engländer, sagte sie sich immer wieder vor, wie eine Beschwörung, wie ein Gebet. Er ist ein Englä n der, und ich hasse alle Englän der! Als sie ihn und Sir Lovell in der Nähe der Burg mauer erspähte, unweit des Waldrands, beschloss sie, zur Tat zu schreiten.
»Wartet!«, rief Odo ihr nach, als sie die Küche ver ließ, aber sie schenkte ihm keine Beachtung. Wie lange würde es dauern, bis Rand auf sie aufmerksam wurde?
Sie kam nicht weit, nur bis zur Schenke, an der eifrig gebaut wurde, als ein stämmiger Soldat sich ihr in den Weg stellte. »Ha l lo, Miss, Ihr dürft Euch nur in der Küche oder in Sir Rands Qua r tier aufhalten!«
Josselyn machte einen Bogen um ihn herum und schritt hoheitsvoll in Richtung des Waldes, so als wäre sie die Herrin von Rosecliffe – was ja auch den Tatsa chen entsprach, obwohl die Engländer ihr Land zu rauben versuchten.
»Bleibt stehen!«, schrie der Soldat.
Sie sah aus dem Augenwinkel heraus, dass Rand sich nach ihr umgedreht hatte. Ein Fluchtversuch wäre sinnlos, denn er würde sie mühelos einholen, noch bevor sie den Waldrand e r reicht hätte. Trotzdem beschleunigte sie ihre Schritte, neugierig auf seine Reaktion, die auch prompt erfolgte: er rannte los. Befriedigt darüber, dass es ihr gelungen war, ihn aus der Ruhe zu bringen, änderte sie die Richtung und ging ihm entgegen.
Rand blieb stehen und versperrte ihr mit ver schränkten A r men den Weg. »Kannst du mir verraten, was du hier zu suchen hast?«
Ohne sich von seinem typisch männlichen Gehabe und den funkelnden Augen einschüchtern zu lassen,
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