Die Braut von Rosecliff
lächelte sie unschuldsvoll. »Ich habe nach Euch Aus schau gehalten… We l chen anderen Grund sollte ich haben, die interessante Arbeit in Eurer Küche zu unterbrechen?«
Rand grinste über ihren Sarkasmus. »Du wolltest doch selbst dort arbeiten«, rief er ihr ins Gedächtnis.
»Weil ich gar keine andere Wahl hatte! Was sollte ich denn sonst tun? In meinem einsamen Gefängnis sitzen und Eure Strümpfe stopfen?«
»Einsam brauchst du dort nicht zu sein. Wenn du mich bi t test, werde ich dir gern Gesellschaft leisten.«
»Euch bitten?« Josselyn hätte ihm am liebsten sämt liche Schimpfwörter an den Kopf geworfen, die sie kannte, aber sie wusste, dass er ihre Empörung ge nießen würde. Deshalb z ü gelte sie ihre Wut, auch wenn es ihr sehr schwer fiel. »Wenn ich hier schon die Rolle einer Geisel spielen soll, während Ihr diese häss lichen Mauern errichtet, solltet Ihr mir wenigstens ein Minimum an Komfort bieten!«
»Ist mein Quartier etwa nicht komfortabel?«
»Den Bedürfnissen eines Mannes mag es gerecht werden, a ber nicht denen einer Frau.«
Rand grinste wieder. »Wenn du in meinem Bett schlafen möchtest, brauchst du mich also nur zu fra gen.«
Ihm würde dieses unverschämte Grinsen schnell vergehen, wenn er eine schallende Ohrfeige bekäme! Aber Josselyn hatte sich geschworen, ihr Tempera ment zu zügeln. »Was ich möc h te, sind saubere Klei der, meine Kämme und sonstige Dinge, die für eine Frau wichtig sind.«
»Ich verstehe.« Seine dunklen Augen musterten sie von Kopf bis Fuß, und sofort begann ihre Haut zu prickeln. »Du bist auch jetzt schön, Josselyn. Wenn du noch schöner wärst…«
Er vollendete seinen Satz nicht, und seine heisere Stimme raubte Josselyn den Atem. Warum musste er solche Dinge s a gen? Und warum reagierte sie so töricht darauf?
Er ist mein Feind, und ich hasse ihn, rief sie sich streng in Erinn e rung. »Was Ihr von meinem Aussehen haltet, ist unwichtig. Ich soll doch Euren Bruder beein drucken, nicht Euch!«, sagte sie provozierend.
Nach einem längeren Schweigen stieß er laut den Atem aus. »Ja… meinen Bruder… natürlich… Sag mir, was du benötigst, dann schicke ich einen meiner Männer zu deinem Onkel.«
Das würde ihr gar nichts nützen! Erbittert starrte sie zum Wald hinüber, der Rosecliffe von Carreg Du trennte. Der Wind brachte vertraute Frühlingsdüfte mit sich, die ankündigten, dass die Natur zu neuem Leben erwachte. Nur sie selbst saß in einem Käfig… »Soll ich eine Liste schreiben?«
Rand lachte. »Damit du irgendwelche Botschaften übermitteln kannst, die ich nicht verstehe? Nein, das kommt nicht in Frage… Du wirst dich mit einem mündlichen Auftrag begnügen müssen.«
Josselyn stöhnte inwendig, hielt aber plötzlich die Luft an, weil sich im Wald irgendetwas bewegt hatte. Rand hatte das nicht bemerkt, weil er sie beobachtete. War es möglich, dass einer der Männer ihres Onkels sie retten wollte?
Unwillkürlich trat sie etwas näher an die Mauer heran, die an dieser Stelle nur hüfthoch, aber sehr dick war. »Lasst mich überlegen, was ich alles brau che«, murmelte sie, um Zeit zu schinden, während sie Ausschau nach dem Mann hielt, den sie gesehen zu haben glaubte. »Unterwäsche… Strümpfe…«Hatte sie sich die Gestalt im Wald vielleicht nur eingebildet?
Nein, die unteren Äste einer Steineiche schwankten… ein G e sicht lugte hervor… Rhonwens Gesicht!
»Strümpfe…«, wiederholte Josselyn automatisch, von lä h mendem Schrecken erfasst. Warum hatte Gla dys nicht besser aufgepasst und ihre Tochter daran gehindert, das Dorf zu ve r lassen? Allerdings war Rhonwen ein aufsässiges Mädchen, das seiner Mutter noch immer grollte…
»Sonst noch etwas?«
Josselyn zuckte zusammen, als sie die Stimme ihres Entführers hörte, der kaum eine Armeslänge von ihr entfernt stand und sie nicht aus den Augen ließ. Was würde er tun, wenn er das Kind entdeckte?
Nichts! Er würde Rhonwen nichts zu Leide tun! Weshalb sie sich so sicher war, hätte sie nicht erklären können, aber ihre Ängste verflogen, und plötzlich kam ihr die Idee, das Mädchen könnte ihr sogar hel fen. »Wir haben Besuch«, sagte sie zu Rand und deu tete auf Rhonwens Versteck.
Als erfahrener Krieger geriet er natürlich nicht in Panik, so n dern versuchte den Feind ausfindig zu ma chen, ohne sich von der Stelle zu rühren. So reagierte ein Raubtier, das Gefahr wi t terte: es spannte alle Mus keln an, um sofort sprungbereit zu sein.
»Geh in mein
Weitere Kostenlose Bücher