Die Braut von Rosecliff
gekommen? Warum misstraute Rand dem Mann? Die Antwort lag auf der Hand: L a monthe wollte spionieren, so wie sie selbst es anfangs versucht hatte. Er wollte Rand aus horchen, um dessen Pläne eventuell durchkreuzen zu können.
Bedeutete das, dass die Waliser sich mit Lamonthe verbünden könnten, um Rand zu vertreiben? Nein, entschied sie sofort: dieser Lord würde anschließend seine Verbündeten gnadenlos niedermetzeln.
Draußen wurde jetzt ein großes Lagerfeuer entzün det, um das sich die Männer scharten. Zimmerleute, Maurer und andere Arbeiter genossen den Feierabend mit reichlich Ale, lachten und redeten immer lauter. Im Gegensatz dazu hielten sich die So l daten beim Trinken auffallend zurück.
Josselyns Neugier war geweckt. Leise schlich sie sich aus i h rer Ecke. Odo hatte die Küche schon ver lassen, und Horace konnte seit einer Stunde die Augen kaum noch offen halten. Sein Kopf sank nach vorne, und er begann zu schnarchen.
Sollte sie es wagen, ins Freie zu schlüpfen? Und falls es ihr gelang – sollte sie einen weiteren Flucht versuch unternehmen oder lieber versuchen zu er gründen, warum das Verhältnis zwischen Rand und Simon Lamonthe so gespannt war?
Die Entscheidung blieb ihr erspart, denn die Tür knarrte, Horace fuhr aus dem Schlaf und rannte in höchster Aufregung auf sie zu.
Josselyn versuchte ihm auszuweichen. »Ich brauch te nur ein wenig frische Luft«, behauptete sie.
»Spart Eure Lügen für Lord Randulf auf! Ich lasse mich kein zweites Mal übertölpeln.«
»Du bist schon als Tölpel geboren worden«, fauch te sie. »Rühr mich nicht an!«
Doch trotz heftiger Gegenwehr wurden ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt. Das andere Ende des Seils knotete H o race an einem der massiven Topfhaken fest, unbeeindruckt von allen Schimpfwör tern, die sie ihm auf Walisisch, Englisch und Französisch an den Kopf warf. Sie musste in dieser unwür digen Haltung verharren, bis Rand die Küche betrat der wahre Schu l dige, der Mann, der die Befehle erteil te.
»Du wirst den Tag bald bereuen, an dem du mich so behandelt hast!«, zischte sie.
»Simon Lamonthe möchte mit dir sprechen«, sagte Rand r u hig, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen.
Das nächste Schimpfwort blieb Josselyn in der Keh le stecken, und rasende Wut schlug in eisige Angst um.
»Geh!«, befahl Rand dem Wachposten und wartete, bis Horace die Küche verlassen hatte, bevor er fortfuhr: »Er will für diese Nacht eine Frau, und du bist hier die einzige Frau.«
Josselyn konnte nicht glauben, was er sagte. Wollte er sie wirklich Lamonthe überlassen? Als er sich ihr näherte, um ihre Fesseln zu lösen, wich sie entsetzt zurück. Sie würde sich nicht wie ein Schaf zur Schlachtbank führen lassen! »Nein, niemand kann mich dazu zwingen! Ich werde mich gegen ihn zur Wehr setzen…«
»Das würde ihm sehr gefallen, glaube ich… doch am Ende würde er dir nur beweisen, wer der Stärkere ist.«
Tränen schössen ihr in die Augen. Wie konnte Rand ihr das antun? Sie schüttelte stumm den Kopf, vor Angst wie gelähmt.
Seine grimmige Miene wurde plötzlich sanfter. »Ich habe ihm gesagt, dass du mir gehörst, aber er glaubt, dich mit Geld in sein Bett locken zu können.«
Josselyn erschauderte. »Nicht für alles Geld der Welt!«
Rand legte den Kopf zur Seite. »Die Nacht mit mir hat dir doch gefallen. Warum sträubst du dich so da gegen, auch mit ihm ins Bett zu gehen?«
Sie witterte eine Falle, rang um Fassung, versuchte ihre Worte sorgfältig abzuwägen. »Ich bin keine Hure, die von Bett zu Bett hüpft, und ich würde meinen Körper niemals für Geld verka u fen!« Sie wandte sich rasch ab, damit er ihre Tränen nicht sah. »Willst du mich wirklich diesem… diesem Schwein überla s sen?«
Er trat von hinten dicht an sie heran. Sie spürte seine Nähe und wartete sehnsüchtig darauf, dass er sie berührte. Das tat er nicht, doch er murmelte heiser: »Ich werde dich niemandem überlassen.«
»Nicht einmal deinem Bruder?«
Er gab keine Antwort. Eigentlich spielte das keine Rolle, denn sein Bruder würde von ihrem Onkel und Owain entführt werden, bevor er Rosecliffe erreichte. Trotzdem war es ung e heuer wichtig für sie, Bescheid zu wissen. »Wirst du mich mit ihm verheiraten?«
»Wenn ich keine andere Wahl habe – ja.«
»Keine andere Wahl? Du bist doch dein eigener Herr, kannst frei entscheiden, was du tun oder lassen willst.«
»Mir liegt sehr viel daran, dass zwischen deinem und me i nem Volk Frieden herrscht,
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