Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
Krustenbraten gibt. Ich werfe derweil die Kaffeemaschine an und zapfe dem Eichelmann seinen Kaffee, genau so, wie er ihn sich eben gewünscht hat: mit einem doppelten Espresso, viel Milchschaum und fast ohne Milch.
» Sooo, bittschee … ein Kaffeetscherl«, sage ich und stelle ihm das Haferl hin.
» Danke«, sagt er und grinst mich an.
» Sehr gern«, sage ich.
Und weil er einfach nicht aufhören will zu grinsen, stemme ich die Hände in die Hüften und sehe ihn streng an.
» Was is denn?«, frage ich, was dazu führt, dass er noch breiter grinst. Dann schüttelt er den Kopf.
» Oh, Fanny, wir zwei. Ich hab so eine geile Idee.«
» Obacht, Bürscherl«, warne ich.
Zusammen mit erhobenem Zeigefinger und einem finsteren Blick ist das meine Standardreaktion auf Anmachen von Männern unter siebzig. Bei denen, die älter sind, genügt meist schon der Zeigefinger, denn die hatten in aller Regel ein paar Jahrzehnte Zeit, die Sprache der Frauen zu erlernen.
» Nein!«, wehrt er ab. » Neeeiiiin! Ich bin verheiratet, alles klar?«
Er guckt mich an, als hätte ich ihm ein unmoralisches Angebot gemacht, und ich hebe entschuldigend die Hände.
» Hol mal deine Eltern«, sagt er, völlig unvermittelt.
Ich sehe ihn an. Meine Eltern?
» Und das Omilein brauche ich auch.«
» Äh, und wozu, wenn die Frage genehm ist?«
» Siehst du gleich.«
Der Typ stellt mich vor Rätsel, ganz ehrlich. Aber gut. Ich folge seiner Anweisung und habe schon erstaunlich kurze Zeit später die ganze Mannschaft um den Stammtisch versammelt: den Papa, die Mama und mich. Das Omilein bringt noch fix eine Kanne Kaffee und einen Teller Butterkekse, dann setzt auch sie sich.
Als ich die Familie eben zusammengetrommelt habe, hat keiner gemurrt oder gezögert, im Gegenteil. Es war, als hätten alle gleich gespürt, dass das, was jetzt kommt, irgendwie wichtig ist. Die Mama hat extra im Büro angerufen und gesagt, dass es später wird. Und der Papa hat sogar ein wenig von dem Davidoff-After-Shave aufgelegt, das ihm die Mama vor ungefähr zwölf Jahren zu Weihnachten geschenkt hat. Er starrt den Eichelmann so ängstlich und erwartungsvoll an wie ein kleines Kind, das sich nicht ganz sicher ist, ob der Mann, der vor ihm steht, auch wirklich der heilige Nikolaus und nicht doch der schreckliche Krampus ist.
» Liebe Familie Ambach«, fängt der Eichelmann an und setzt ein gewinnendes Lächeln auf, » das kommt jetzt vielleicht etwas plötzlich, aber als ich heute Morgen aufgewacht bin, hatte ich die Idee.«
Und dann fängt er an zu reden.
Wir brauchen ein bisschen, bis wir schnallen, was der Eichelmann eigentlich von uns will. Er holt etwas weit aus, indem er erst ausführlichst von den verschiedenen Lokalen erzählt, die er in Berlin besitzt. Von der Cocktailbar direkt an der Spree und von diesem Laden in Mitte, in dem es so etwas Ähnliches wie schwedische Tapas gibt. Von einem Steakrestaurant erzählt er auch – wobei sich Omileins Augen zu gefährlichen Schlitzen verengen, als Eichelmann behauptet, dass es darin das beste Fleisch der ganzen Welt gibt. Und er erzählt von einer Zeitschrift, die Landlust heißt und die wahnsinnig erfolgreich ist, und davon, wie gut in Berlin zurzeit österreichische Restaurants funktionieren, weil die Leute so verrückt nach Wiener Schnitzel sind. Und dass es überhaupt so dermaßen an der Zeit sei für die süddeutsche Küche. Und dann sagt er etwas, was den Papa schon wieder erglühen lässt vor Stolz und Zuneigung: dass er’s nämlich im Urin hat, dass die Welt reif für ungewöhnliche Obstbrände ist.
» Wodka ist over, Gin ist over, Whiskey total Seventies. Es muss was Neues kommen, und ich bin mir sicher, dass ein Kornelkirschenbrand oder Maiwipfelgeist« – er betont beide Worte so, als könne er immer noch nicht glauben, dass es so etwas tatsächlich gibt – » genau das ist, worauf alle warten, sie wissen es nur noch nicht.«
Der Papa nickt, als hätte er das schon immer gesagt, und versieht das Omilein mit einem triumphierenden Blick.
Die Mama richtet sich auf und versucht, ihre Stimme superprofessionell klingen zu lassen, was ihr erstaunlich gut gelingt.
» Und in a natzschell soll des jetzt was heißen?«, fragt sie und schnappt sich mit spitzen Fingern einen Keks. » Wollen Sie die Brände meines Mannes nach Berlin importieren?«
Sie beißt ein winziges Stück vom Keks ab und sieht Eichelmann unverwandt an. Wer sie nicht besser kennt, könnte den Blick ihrer aufgerissenen Augen für
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