Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
gebrauchten Einbauküchenmöbeln, die auf dann doch eher gewagte Art zusammengemixt sind: ein weißes, gefälschtes Landhausbüfett, eierlikörgelbe Unterschränke unter brauner PVC -Arbeitsplatte und zwischendrin die alten Eiche-Rustikal-Möbel, die die Mama gleich nach dem Einzug ins Wirtshaus nicht mehr in ihrer Wohnung haben wollte. Lose unter das Chaos gemischt sind ein sechsflammiger Herd von 1960, vier höchstwahrscheinlich ebenso alte Kühlschränke und das Trumm von Wurstmaschine, die das Omilein vor Jahr und Tag mal dem Metzger Bachhuber abgekauft hat.
Die Küchenmöbel, zwischen denen ich jetzt stehe, kannte ich bislang bloß aus dem großen Gastro-Star -Katalog für Gastronomiebedarf, der bei uns zwischen ein paar ausgemusterten Bianca -Heftchen im Personalklo liegt. Die Möbel sind allesamt aus schwerem Edelstahl, die Arbeitsplatten glänzen kalt, die neuen, weißen Fliesen blitzen. Die Töpfe und Schüsseln, die sich in einem schweren Stahlregal stapeln, sind auch brandneu, nicht einmal die hölzernen Kochlöffel haben einen Flecken. Ich erkenne einen überdimensionierten Wärmeschrank, mehrere Heißluftöfen und einen Kombidämpfer, in dem man einen Kleinwagen parken könnte. Und dann erblicke ich den Gemüsewaschtisch, der auf der Seite ein Loch hat, unter dem man einen fahrbaren Mülleimer parken kann. Den hat sich das Omilein schon immer gewünscht.
» Astrein«, sage ich anerkennend, und der Quirin, das ist nicht zu übersehen, freut sich diebisch.
» Und jetzt …«, kündigt er an, aber er wird unterbrochen.
» Funny!«, höre ich eine mir wohl bekannte Stimme.
Ich fahre herum und entdecke die schwarzen Dreadlocks vom Schorschi, der unter irgendeinem Schrank hervorkriecht.
» Der Schorsch!«, rufe ich. » Servus! Schön, dich zu sehen!«
Schorsch kommt auf die Beine und begrüßt mich, ebenfalls mit Bussi hier und hier. Ich dachte zwar immer, das machen sie nur in der Münchner Schickeria, aber ich lerne ja schnell, gell, also küsse ich diesmal zurück. Dann lachen wir, einfach nur so, weil’s halt nett ist, sich wieder mal zu sehen.
Der Schorsch wird in den Minghartinger Stuben den Küchenchef machen, deshalb kennen wir uns schon, denn der Quirin hat ihn zum dreiwöchigen Küchenpraktikum bei der Omi geschickt. Natürlich heißt der Schorsch eigentlich gar nicht Schorsch, sondern Goredenna, was ein Bantu-Wort für Sturmwolke ist. Der Schorsch kommt nämlich ursprünglich aus Mosambik. Als er dann mit seiner Familie nach New York ausgewandert ist, hat er sich in George umbenannt, damit’s die Amis aussprechen können und weil’s halt einfacher ist. Das mit dem Schorsch ist dann auf dem Mist vom Omilein gewachsen.
Überhaupt hat’s der Omi mit dem Schorschi pfenningguad gefallen. Nicht nur, weil der mit Mordsbegeisterung auch noch die abscheulichsten Auswüchse der bayerischen Küche in seinem Schlund versenkt hat (und bei saurem Rehlüngerl oder altbayerischem Hirnschmarrn steig sogar ich aus), sodass er sich in den drei Wochen einen recht schönen Hendlfriedhof angefuttert hat, überm Gürtel, meine ich. Nein, er war auch ein sehr gelehriger Schüler, der immer gleich ganz genau kapiert hat, worum’s der Omi geht, wenn sie Ochsenschwanz auskocht, Semmelknödel dreht oder Krustenbraten brät. Die beiden waren ein Herz und eine Seele, wobei ich nicht weiß, wie sie sich eigentlich verständigt haben. Mit Worten auf alle Fälle nicht. Das Hochdeutsch ist bei beiden nämlich eher gebrochen.
» So good, dass du da bist«, sagt er herzlich, und seine Dreadlocks umkränzen sein lachendes Gesicht wie die Strahlen einer dunklen Sonne. » Wurde Zeit!«
» Ich freu mich auch, dass ich da bin«, sage ich und spüre, wie mir beim Anblick vom Schorschi ganz heiter ums Herz wird. Ich meine, ich will nichts von ihm, ehrlich nicht, auch wenn sich das Omilein unverhohlen Hoffnungen in der Richtung macht. Aber er ist ein saunetter Kerl, und plötzlich bereitet mir die Aussicht darauf, ab jetzt mit ihm zusammenzuarbeiten, ein total gutes Gefühl.
» Du darfst dich auch freuen«, sagt Quirin stolz. » Wenn wir aufmachen, ist die Bude voll. Du müsstest mal die Liste der Journalisten sehen, die zur Eröffnung kommen, da fällt dir nichts mehr ein, ehrlich!«
» Pfenningguad«, freue ich mich.
» It’s totally great«, stimmt der Schorsch mir zu.
» Und jetzt die Probe«, sagt Quirin. » Ist alles fertig, George?«
» Fertig.« Er nickt.
» Okay Fanny, Augen zu«, sagt Quirin. Dann nimmt er ein
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