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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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gesteht sie.
    » Aber du hast doch gesagt, dass du dafür bist?«
    Sie sieht mich an und nickt.
    » Oiso willst du doch, dass ich geh?«
    » Naa, von wollen kann überhaupts koa Rede sein.«
    » Aber warum sagst du denn dann nix?«
    » Weil ich glaub, dass es gut für dich war, wennst gehst.«
    Sie sieht mich offen an, und ich blicke einigermaßen skeptisch zurück. Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass sich das Omilein zu meinen Fluchtgedanken äußert, und jetzt tut sie’s auch noch positiv. Früher hat sie immer so getan, als würde sie mich gar nicht hören, wenn ich mal wieder davon gesprochen habe, wegzugehen und endlich den Laden aufzumachen, von dem ich träume, seit ich zwanzig bin.
    » Aber du wolltst doch, dass ich wieder daher zurück komm, Omi.«
    » Ja, Fanny, weil mir damals die Kuh vom Eis ham holen müssen. Aber des is jetzt sieben Jahr her. Des kannt i ja ned wissen, dass du deinen Arsch nimmer hochkriegst.«
    » Und wieso denkst du, dass es gut für mich wär?«, frage ich.
    » Weil’s vielleicht dei letzte Chance is, dassd amoi was anders vo der Welt siggst. Am Ende bereust du des ewig, wennst jetz ned gehst.«
    Ihr Blick ist jetzt so ernst, dass ich gar nicht antworten kann. Sie hat recht. Es könnte meine letzte Chance sein. Nicht dass ich Quirin Eichelmann sonderlich attraktiv fände, aber vielleicht ist er der Ritter, von dem ich so bloß nicht geträumt habe, und Berlin ist der Ort, an dem ich mein Glück finde.
    » Eigentlich wollt i irgendwann mal was anders machen als Gastronomie«, sage ich leise.
    » I woaß scho, Fanny, i woaß scho. Aber dem kommst du a ned näher, wennsd di immer bloß hier verkriachst.«
    Ich sehe sie an und habe plötzlich das Gefühl, eine beste Freundin zu haben, von der ich überhaupt nicht wusste, dass sie existiert.
    » Du meinst, i soll des machen?«, frage ich, immer noch ein bisschen unsicher. » Nach Berlin gehen und euch alleine lassen?«
    » Ja, Fanny. Mir schaffen des scho hier.«
    Ich atme ein und muss für einen kurzen Moment die Augen schließen, und dann passiert etwas, von dem ich immer dachte, dass es nur dann geschieht, wenn es mit dem Atmen ganz zu Ende geht: Mein ganzes Leben zieht an mir vorüber. Ich sehe kleine Kinderhände, meine Hände, von Omileins guten Bratwürsteln verschmiert. Ich sehe Mamas Nagellack, mit dem ich den Bauernschrank in meinem alten Zimmer mit einem neuen, pinken Herz verziere. Ich sehe das Sofa in der Scheune, auf dem ich Seit an Seit mit dem Papa in Oh, wie schön ist Panama versunken bin. Und dann ziehen Gerüche an mir vorbei, von leeren Bierfässern, angebratenem Sauerkraut und frischen Brezn. Und tausend Geräusche höre ich auf einmal, spritzendes Fett, das Gebrüll, wenn der Papa beim Schafkopf verliert, das Zirpen der Grillen in einer Sommernacht, das Maunzen von Katzenbabys. Und dann tauchen die Gesichter meiner alten Freunde vor mir auf, die aus der Schule, die aus dem Ort und die aus den umliegenden Dörfern – sie sind alle aus Mingharting weggegangen. Und plötzlich denke ich an das alte Kinderzimmerfenster von Bea, hinter dem jetzt irgendjemand anderes lebt, und an meine alte Schule, in die inzwischen die Generation nach mir geht, und dann denke ich an diesen Kahn hier unter meinem Po, unter den der Max und ich so oft gekrochen sind, wenn wir nicht wollten, dass uns einer findet. Der Max. Der ist doch auch in Berlin.
    Ich lege den Kopf in den Nacken und öffne die Augen, starre in den Himmel, an dem die Wolken fast unwirklich schnell vorüberziehen. Und auf einmal wird mir klar, dass es tatsächlich auch für mich Zeit wird zu gehen.
    Ein Leben ist zu Ende, und es ist Zeit, dass ein neues beginnt.
    » Okay, ich mach’s«, sage ich.
    » Guad«, antwortet das Omilein, nimmt meine Hand und drückt sie. » Guad, guad. Und jetzt, kloane Fannymaus, bringst mi endlich zur Apotheke.«

Sechs Monate später …

5
    Als wir in den Landeanflug gehen, schaue ich noch schnell nach, ob sich zwischen Sicherheitshinweisen und Lufthansa-Magazin auch wirklich ein Brechbeutel befindet. Mir ist speiübel, aber ich fürchte, das hat nichts damit zu tun, dass der gwamperte Typ neben mir so nach Fleischpflanzerln stinkt, dass es einem schier die Schuhe auszieht. Nein, um ehrlich zu sein: Ich bin nervös, ein bisschen.
    Das da unten ist meine Zukunft.
    Von oben schaut Berlin aus, als hätte einer einen riesigen Kübel Betonschutt in eine vorher nicht weiter bemerkenswerte Gegend gekippt. Die Stadt ist grau und

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