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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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seine Hand nach mir aus und nähert sich ganz vorsichtig meiner Wange. In dem Augenblick, in dem seine Fingerspitzen meine Haut erreichen, ist es, als würde mich eine Starkstromleitung streifen.
    Seine Hand wandert ganz langsam zu meinem Mund, und er fährt mir mit der Daumenkuppe über die Lippen.
    Eine Milliarde Watt. So könnte man das Problem mit dem Atomausstieg lösen.
    Alles Blut, das eben noch in meinem Kopf gewesen ist, sackt mir in die Füße.
    Beziehungsweise. Nicht in die Füße. Sondern … ähem. Du weißt schon.
    Dann kommt sein Kopf näher, ganz langsam, und ich habe das Gefühl, als würde mir eine Armee Ameisen über den Körper krabbeln.
    Mir entfährt ein leiser Seufzer, und ich lege meinen Kopf schief, damit er meinen Mund leichter …
    » Umm … Funny?«
    Wir fahren beide herum. In der Tür steht der Schorschi.
    Na pfundig. Was will der denn hier?
    » Sorry, dass ich stören. Aber es kommen die Kundenservice wegen die defekte Zapfsystem.«
    Defektes Zapfsystem? Hä?
    Aber jetzt sehe ich sie auch. Zwei Kerle im Blaumann stehen hinter ihm, offensichtlich bereit, gleich loszulegen, wenn auch nicht sonderlich erfreut über den Notfalleinsatz am Sonntag. Ich hatte überhaupt nicht gewusst, dass etwas mit der Zapfanlage nicht stimmt.
    » Kein Problem«, sage ich lächelnd, als würden uns die Männer natürlich überhaupt gar nicht stören, nicht ein klitzekleines bisschen.
    » Okay, sorry«, sagt der Schorsch, zieht eine Grimasse und schleicht sich.
    Die Handwerker machen sich grußlos an die Arbeit. Einer der beiden hat ein Radio dabei und dreht es auf, so dass mit einem Mal grässlichster Deutschrock durch die Stuben dröhnt.
    Kurz überlege ich, ob ich einfach hinlaufen soll und den Störenfrieden den Stecker ziehen, aber dann lass ich’s. Hilft ja nix.
    Tino und ich sehen uns an und zucken ratlos mit den Schultern.
    » Sehen wir uns heute Abend?«, fragt er.
    » Hier?«
    Tino nickt.
    » Ich bin immer hier«, sage ich.
    » Das ist gut zu wissen.«
    » Also dann …«
    » Dann …«
    Und dann küsst er mich.

Vier Monate später …

14
    » Gute Nacht, Frida.«
    » Gute Nacht, ihr Herzchen!«
    » Buona notte, Giovanni!«
    » Gut Nackt, Fanny!«
    » Adieu, Philippe!«
    » Bies morgön!«
    Wir winken unseren Freunden ein letztes Mal zu und schauen ihnen nach, wie sie in unterschiedlichen Richtungen in der Nacht verschwinden. Dann, endlich, steigen wir in das wartende Taxi.
    » Wo soll et hinjehn?«, fragt der Fahrer. Ich nenne ihm meine Adresse und er steigt sanft aufs Gas. Ich kuschle mich an Tino, und er drückt mir einen weichen Kuss auf die Stirn. Ich bin unglaublich erledigt. Eigentlich bin ich ja jemand, der seinen Schönheitsschlaf braucht. Daheim in Mingharting bin ich normalerweise weit vor Mitternacht direkt aus der Servierschürze ins Bett gestiegen. Dieser Abend heute ging mal wieder ganz schön lange. Bis Mitternacht hatte ich in den Minghartinger Stuben zu tun, dann habe ich mich in die U-Bahn gehockt und bin nach Neukölln in diese neue Bar ohne Namen gefahren, die Tino und die anderen unbedingt ausprobieren wollten, und in der es weder Stühle noch Tische noch sonst etwas gibt, sondern nur einen Biertisch, hinter dem ein Kerl mit Vollbart Cocktails mischt. Eigentlich war ich schon hundemüde, als ich hingefahren bin, aber irgendwie hatte ich Lust, wenigstens noch kurz die anderen zu sehen. Na ja, was heißt die anderen, vor allem den Tino natürlich. Jetzt bin ich auf alle Fälle fix und fertig. Ich werde morgen sicher wieder bis in die Puppen schlafen müssen, um halbwegs auf mein Pensum zu kommen. Langsam macht mich das viele Ausgehen echt mürbe.
    Gut nur, dass es Taxis gibt. Wenn man so bequem heimkommt, ist alles nur halb so wild. Taxis nimmt man auf dem Land ja überhaupt fast gar nicht, weil die Wege so furchtbar weit und die Fahrten damit so teuer sind. Aber hier in Berlin, hier genieß ich’s. Draußen rauschen die Lichter der Stadt vorbei, während man’s hinten auf der Rückbank schön kuschelig und bequem hat und die Augen langsam immer schwerer werden dürfen.
    Gott, ich find es wahnsinnig schön in Tinos Arm.
    Überhaupt, Berlin.
    Seit ich mit dem Tino zusammen bin, hab ich angefangen, die Stadt so richtig zu erleben. Weil wir immerfort etwas unternehmen! Ich hab den Quirin ja dazu überredet, mir einen zweiten Abend in der Woche freizugeben, wogegen er sich natürlich erst gesträubt hat, logisch. Aber als ich ihm dann mit der Drohung kam, dass ich ohne Zeit für

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