Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
es tut mir leid«, sagt er, als er sie sieht. » Komm, nicht weinen.«
Mir bleibt die Sprache weg, und ich kann überhaupt nichts mehr sagen. Ich halte immer noch die Kette in den Fingern, das wertvollste Geschenk, das ich je irgendjemandem gemacht habe.
» Das war blöd gerade eben. Irgendwie waren plötzlich lauter Leute um mich herum, die etwas von mir wollten …«
Er sieht mich an, so lieb, dass es mich fast ein bisschen tröstet. Er liebt mich doch … Vielleicht habe ich gerade eben einfach ein bisschen überreagiert.
» Du musst mir doch noch mein Geschenk geben!«
Ich betrachte den Anhänger in meiner Hand. Ganz kurz überlege ich, ihn trotzdem in den Fluss zu schmeißen, einfach nur, um ihm zu zeigen, was ich fühle. Aber dann lasse ich es natürlich. Stattdessen nehme ich die Kette, lege sie ihm um den Hals und verschließe sie.
» Danke, Fanny«, sagt er und gibt mir ein Bussi auf die Lippen. » So etwas hat noch nie jemand für mich gemacht.«
Er lächelt mich an.
» Gern geschehen«, sage ich, aber ich spüre, dass ich immer noch nicht ganz versöhnt bin.
» Bist du noch sauer?«, fragt er und mustert mein Gesicht.
Er sieht mich an, und ich versuche, in mich hineinzuspüren. Bin ich noch sauer? Schwer zu sagen. Der Moment, als Dolores mich beiseite stieß, ist mir immer noch gegenwärtig, ein fieser, bohrender Schmerz. Aber ich bin nicht mehr wütend auf Tino. Höchstens auf sie.
» Fanny?«
Er sieht mich an, und ich ihn, und dann lächle ich.
» Alles in Ordnung«, sage ich und beschließe, es einfach auf sich beruhen zu lassen. Beschließe, dass wirklich alles in Ordnung ist.
» Gehen wir wieder rein?«, fragt er.
Ich nicke.
» Okay, gehen wir.«
21
Am nächsten Morgen, der ja Tinos eigentlicher Geburtstagsmorgen ist, weckt mich um Punkt acht Uhr das Vibrieren meines Handys, das lautlos gestellt unter meinem Kopfkissen liegt. Normalerweise bin ich morgens ja eher der Typ Kontinentalplatte – ich bewege mich nur ganz, ganz langsam. Aber heute bin ich sofort hellwach, und meine Hand schlüpft blitzschnell unter das Kissen. Ich schalte das Handy aus und bleibe noch einen kurzen Moment still liegen, um sicherzugehen, dass Tino auch wirklich nichts bemerkt hat.
Hat er nicht. Sein Brustkorb hebt und senkt sich absolut gleichmäßig.
Ich rolle mich aus dem Bett, schleiche auf Zehenspitzen in die Küche und trage einen Küchenstuhl zum Schrank. Dann steige ich darauf, hole den Blumenstrauß aus dem Versteck und den Kuchen, den ich gestern Nachmittag heimlich in der Küche der Minghartinger Stuben gebacken habe. Es ist ein riesiger, saftiger und sündhaft süßer Schokoladenkuchen mit einer dicken, glänzenden Glasur, nach einem Originalrezept vom Omilein, selbstredend. Es ist der Kuchen, den sie immer backt, wenn einer Geburtstag hat, und von dem immer schon am nächsten Tag kein Stück mehr übrig ist (woran übrigens nicht in erster Linie die Frauen des Hauses schuld sind). Auf alle Fälle ist der Kuchen der Hammer, und mit einer Standleitung zum Omilein hab ich ihn perfekt hingekriegt. Jetzt muss ich ihn nur noch verzieren. Also verrühre ich ein Eiweiß mit einer Tonne Puderzucker, fülle alles in einen Gefrierbeutel und schneide davon, wie vom Omilein befohlen, eine winzige Ecke ab. Dann male ich mit diesem improvisierten Konditorbeutel Tinos Namen, eine große 30 und ein ganzes Meer von Herzchen auf das Braun. Allerliebst! Noch geschwind Kaffee aufgesetzt, dann gehe ich rüber ins Schlafzimmer und setze mich auf die Bettkante, um dem Tino einen Geburtstagsweckkuss zu geben. Mein Herz klopft ein bisschen, als ich das Kettchen mit dem Anhänger um seinem Hals sehe. Die Kamera schaut echt wahnsinnig niedlich aus an ihm, und Gold steht ihm vorzüglich.
Der Tino freut sich riesig, über die Blumen, über den Kuchen, und dann natürlich schon auch über den Kaffee. Nachdem der Abend zwischendrin ja doch eher wolkenverhangen gewesen war, ist es Tino gelungen, mich wieder aufzuheitern, und so ist die Nacht dann doch noch relativ lustig geworden. Und alkoholisch, das leider auch. Dank des greisligen Sekts haben wir beide Kopfschmerzen, als seien wir in einen Steinschlag geraten. Na ja, außerdem sind wir halt doch erst um drei ins Bett, und jetzt ist es gerade mal halb zehn.
Trotzdem haben wir keine Zeit zum Trödeln. Der Tino muss heute schließlich noch seine Hannoveraner Theaterleute fotografieren, und ich bin auch gleich verabredet, mit der Frida, zum Kaffeetrinken.
Der Tino legt die
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