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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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kehrt und trete in den nächsten Hauseingang, sodass man mich vom Café aus nicht sieht.
    Dolores. Also, die kann ich jetzt echt als Allerletztes gebrauchen. Bestimmt steht mir die Enttäuschung wie mit Neonfarben ins Gesicht geschrieben, und wenn Frida dann fragt, was mit mir nicht stimmt, werde ich es nicht hinbekommen zu lügen. Leuten, die ich mag, sage ich immer die Wahrheit, ich kann überhaupt nicht anders. Und diesen Triumph gönne ich der Dolores nicht.
    Also, was tun?
    Einfach umdrehen und wieder heimgehen? Ist irgendwie nicht so meine Art.
    Anrufen und absagen? Aber da müsste ich ja schon wieder lügen.
    Per SMS absagen? Nicht viel besser. Aber immerhin sieht man einer SMS nicht an, wie ihr Absender errötet.
    Also ziehe ich mein Handy aus der Tasche und fange an zu tippen. Eigentlich hasse ich es, Leute zu versetzen, aber in diesem Falle … ich meine, Frida ist ja nicht allein, oder?
    Und das, obwohl ich mich allein mit ihr verabredet habe.
    Ich beiße mir auf die Unterlippe und spüre plötzlich, wie verletzt ich bin. Irgendwie hatte ich gedacht, dass Frida und mich etwas verbindet. Aber offensichtlich ist dem nicht so. Sonst wüsste sie, dass sie mir keine Freude damit macht, wenn sie sich mit mir zum Kaffee verabredet und dann ausgerechnet diese blöde Schnalle mitbringt. Die Enttäuschung schlägt mir richtig auf den Magen.
    Ich tippe traurig etwas von verschlafen und Kater und tut mir wahnsinnig leid in mein Handy. Die Antwort folgt auf dem Fuße: Oh, schade. Ein anderes Mal!
    Das klingt zwar nicht besonders enttäuscht, aber ich bin so froh, es hinter mir zu haben, dass ich beschließe, nicht auch noch über Fridas SMS nachzudenken. Mir reichen meine Sorgen auch so.
    Und nun? Was würde mir jetzt guttun? Mich wieder ein bisschen aufbauen? Ob ich mich irgendwo reinsetze und ein zweites Frühstück einnehme? Aber das klingt auch irgendwie trostlos, oder? Außerdem habe ich nach dem vielen Geburtstagskuchen überhaupt keinen Appetit.
    Zurück nach Hause? Wo mich alles an Tino erinnert?
    Seufz.
    Ganz nach Hause, das wäre schön.
    Ich merke, dass ich bei dem Gedanken heiße Wangen bekomme.
    Das war das erste Mal, dass ich an daheim gedacht habe, also, zumindest auf diese Weise, mit Heimweh im Herzen. Aber jetzt, ganz plötzlich, ist der Gedanke da. Zu Hause musste ich mich nie fragen, ob Leute, die nett zu einem sind, einen auch wirklich mögen. So komische Hintergedanken braucht man dort überhaupt nicht haben. Man weiß immer, wer wen ausstehen kann und wer nicht. Und wer einen lieb hat, das weiß man auch ganz sicher.
    Ich starre auf die andere Straßenseite, wo es eine Bushaltestelle gibt, und einen kurzen Augenblick lang stelle ich mir vor, der Bus würde nicht zum Kottbusser Tor fahren, sondern nach Mingharting.
    Und dann, ganz plötzlich, weiß ich, wo ich hin muss.
    Und den Bus, der gerade ankommt, den nehme ich tatsächlich.

22
    Keine Ahnung, welcher unbewusste Trieb mich jetzt auf diese Idee gebracht hat. Heimweh? Nostalgie? Oder war’s bloß igendeine seltsame Übersprungshandlung?
    Na ja, ist ja vielleicht auch egal. Auf alle Fälle geht’s mir mit einem Schlag viel besser, und das, obwohl das hier sicher einer der uncoolsten, unhippsten und ungemütlichsten Orte der Stadt ist, noch dazu in einer hässlichen Gegend ohne ungewöhnliche Boutiquen, originelle Restaurants oder liebevoll geführte Schokoladenläden. Ich befinde mich im Alexa-Einkaufszentrum am Alexanderplatz, dem meistgehassten Ort des tollen Hipster-Berlins.
    Oder ist es vielleicht sogar deswegen?
    Ich nehme meine Tally-Weijl-Tüte ein bisschen fester in die Hand. Ich habe soeben ein hübsches hellgraues T-Shirt und einen feschen V-Ausschnitt-Pulli in Petrolgrün erstanden, beide reduziert auf den Preis einer Leberkassemmel. So viel schicker ist so ein Martin-Margiela-Top für über 100 Euro dann auch wieder nicht. Zumindest nicht zwanzig Mal schicker.
    Ich schlendere den Gang des Einkaufszentrums ein Stückchen weiter, vorbei an Fielmann, McPaper und einem Vodafone-Geschäft.
    Da drüben: Esprit!
    Bingo. Der Anblick fühlt sich fast ein bisschen so an, als würde dort, wo normalerweise der Fernsehturm in den Berliner Himmel ragt, mit einem Mal ein riesiger Maibaum stehen, vertraut und erhebend. Dabei ist Esprit natürlich überhaupt keine bayerische Firma, sondern lediglich ein Laden, den es eben auch in der Altstadt von Weilheim in Oberbayern gibt.
    Drinnen ist es, als würde man in einer süddeutschen Kleinstadt shoppen.

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