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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hinter sich, und sagte: »Ich muß mit dir reden.«
    Der Vogt stand auf. »Alan!«
    »Ich bin Langbogenschütze geworden. Das ist mein Bogen aus Eibenholz. Das Holz ist aus Spanien gekommen mit dem Schiff über das Meer. Ich schieße mit diesem Bogen einen Kriegspfeil hundertachtzig Yard weit, einen Flugpfeil zweihundertsechzig Yard.«
    »Beachtlich. Du hast es weit gebracht, Junge!«
    »Ich verdiene einen Schilling acht Pence die Woche. Es gibt keinen Zweifel mehr daran, daß ich deine Tochter May ernähren kann. Gib sie mir zur Frau!«
    Der Vogt streckte den Rücken. »May ist bereits mit einem anderen verlobt.«
    »May hat Schwestern.«
    »Natürlich. Willst du eine von ihnen?«
    »Ich möchte May zur Frau haben. Der Spanneby soll unter den Schwestern wählen.«
    »Es ist die Regel, daß zuerst die Älteste heiratet. Und sie ist ihm versprochen.«
    »Ich heirate sie noch in diesem Sommer. Ich kann genug ansparen bis dahin. Der Spanneby kann warten bis zum Herbst.«
    »May wird die Frau des Spanneby.«
    »Was hast du gegen mich?«
    »Es ist nichts gegen dich, Alan. Die Sache ist nun einmal beschlossen und abgemacht, ich breche keine Versprechen, die ich gemacht habe.«
    »Und was ist mit deiner Tochter? Bedeutet es dir gar nichts, ob sie glücklich ist oder unglücklich, bedeutet es dir nichts, was ihr Herz sich wünscht?«
    »Das Herz einer Frau ist unbeständig. Sie wird lernen, ihn zu lieben. Sie hat viele Jahre Zeit dazu.«
    »So ein Glück, daß die Felder der Spannebys neben deinen Feldern liegen! Gut, daß sie so viele Schafe, Schweine und Rinder besitzen, vielleicht könntet ihr die Tiere auch gemeinsam |250| zur Weide führen? Welche großen Herden das ergäbe! Habgier ist eine Sünde, hast du das vergessen?«
    Der Vogt wies zum Tor. »Verschwinde!«
    Alans Finger rutschten aus Mays Hand heraus. »Ich kann also Fuchsschwänze kraulen. Ich werde May nicht heiraten.« Er nickte langsam. »Du fühlst dich sehr stark, was?«
    »Fange nicht wieder mit deiner Überheblichkeit an, Junge. Das hat dich schon einmal in Schwierigkeiten gebracht. Verschwinde, oder ich liefere dich an Nevill aus!«
    Alans Blick streifte den Bogen. Seine Finger spürten das Garn des Griffs, an seine Hüfte schmiegten sich die Pfeile. »Wenn du dich mit mir messen willst, fein, dann messen wir uns. Ist mein Acker neu verpachtet worden?«
    »Was hat das mit May zu tun?«
    »Nichts. Antworte auf meine Frage, Vogt!«
    »Er ist nicht neu verpachtet bisher.«
    »Wie kommt das? Nevill könnte erneut das Eintrittsgeld von zwei Pfund verlangen, warum sollte er sich das entgehen lassen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es nicht. Du bist Vogt und weißt nicht Bescheid über die Pachtgüter deines Dorfes.«
    »Sir Nevill wird wissen, warum er das Land nicht verpachtet hat bisher. Vielleicht fand sich kein Pächter.«
    »Hast du mit ihm über den Vorfall gesprochen?«
    Der Vogt zögerte. Er schüttelte den Kopf.
    »Wäre es nicht deine Aufgabe gewesen?«
    »Ich habe es nicht gewagt, ihn darauf anzusprechen. Sir Nevill ist sicher wütend auf mich wegen dir, du hast mir da etwas eingebrockt, das ich nun auslöffeln darf! Kein Wort verliert der Kastellan über die Sache. Er umgeht sie.«
    Es war allerdings seltsam. Ein Vorfall von dieser Härte, und nicht einmal mit dem für das Gebiet zuständigen Vogt sprach der Kastellan darüber. Was, wenn er gar nichts von dem Überfall wußte? Wenn es keine Strafe für seine Beschwerde über die Abgaben gewesen war?
    |251| Und das Gerücht, man wolle ihn aufknüpfen? War auch diese Drohung nicht Nevills Antwort darauf, daß er, Alan, sich beim Erzbischof beklagt hatte, sondern Teil einer Intrige, eines Versuchs, ihn loszuwerden? Es waren nie Reiter aufgetaucht, nie Hunde, nie Häscher. Er war in seinem Versteck im Wald unbehelligt geblieben. Wer hatte ihm von dem Gerücht erzählt? May.
    Die Tochter des Vogts.
    »Mach dir keine Sorgen, Vogt«, sagte Alan kühl. »Ich kümmere mich darum. Ich werde Nevill fragen.«

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    Drei Wochen hatte sie Hawisia nicht gesehen. Nun sollte sie hier in der Werkstatt warten, jeden Augenblick würde man sie ihr bringen. Catherine nutzte die Zeit, um das Werkzeug zusammenzuschnüren. Es gehörte nicht ihr. Allerdings hatte sie oft ohne Lohn für die Freunde des Erzbischofs gearbeitet, war es da nicht gerechtfertigt, daß sie zur Bezahlung das Werkzeug an sich nahm? Nur wenn sie arbeitete, würde sie in der Fremde ein Zimmer mieten und Nahrung für Hawisia

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