Die Brooklyn-Revue
Mut, war längst hoffnungslos demoralisiert. «Sie sollen nur wissen, dass ich in gutem Glauben gehandelt habe, Mr. Trumbell. Gordon hat das Manuskript bei seiner Großmutter auf dem Dachboden entdeckt und zu mir gebracht. Wir haben es zwei Gutachtern gegeben, und die haben es für echt erklärt. Sie haben sich am Kauf interessiert gezeigt. Wenn Sie es sich jetzt anders überlegt haben, kann ich nur sagen, dass es mir Leid tut. Wir können die Sache sofort abblasen.»
«Sie vergessen die zehntausend Dollar, die Sie von Myron bekommen haben», sagte Gordon.
«Nein, die vergesse ich nicht», antwortete Harry. «Ich gebe ihm das Geld zurück, und dann sind wir quitt.»
«Ich glaube nicht, dass das so einfach wird, Mr. Brightman», sagte Trumbell. «Oder soll ich Mr.
Dunkel
sagen? Gordon hat mir einiges von Ihnen erzählt, Harry. Chicago. Alec Smith. Über zwanzig gefälschte Bilder. Gefängnis. Eine neue Identität. Sie sind ein anerkannter Lügner, Harry, und wenn ich an Ihre Vorstrafen denke, ist es mir lieber, Sie behalten die zehntausend Dollar. Dann kann ich Sie nämlich anzeigen. Sie wollten mich übers Ohr hauen, richtig? Ichmag es nicht, wenn man mir mein Geld wegnehmen will. Das macht mich ärgerlich.»
«Wer ist dieser Mann, Gordon?», fragte Harry mit bebender Stimme.
«Myron Trumbell», antwortete Gordon. «Mein Wohltäter. Mein Freund. Der Mann, den ich liebe.»
«Der ist das also», sagte Harry. «Diesen anderen gibt es gar nicht.»
«Nur diesen einen», sagte Gordon. «Immer nur diesen einen.»
«Nathan hatte Recht», stöhnte Harry. «Nathan hatte von Anfang an Recht. Mein Gott, warum habe ich nicht auf ihn gehört?»
«Wer ist Nathan?», fragte Gordon.
«Einer, den ich kenne», sagte Harry. «Spielt keine Rolle. Ein Bekannter. Ein Wahrsager.»
«Auf gute Ratschläge hast du nie was gegeben, stimmt’s, Harry?», sagte Gordon. «Du bist zu gierig. Zu sehr von dir eingenommen.»
Hier begann Harry zusammenzubrechen. Die Grausamkeit in Gordons Stimme war zu viel für ihn, er konnte nicht mehr so tun, als sprächen sie über Geschäftliches, über die Einzelheiten einer schief gelaufenen Transaktion. Hier ging es um schief gelaufene Liebe, um Betrug in einem Ausmaß, das er noch nicht erlebt hatte, und der Schmerz darüber nahm ihm jegliche Kraft, dem Angriff noch etwas entgegenzusetzen.
«Warum, Gordon?», sagte er. «Warum tust du mir das an?»
«Weil ich dich hasse», sagte sein Exlover. «Bist du da immer noch nicht von selbst draufgekommen?»
«Nein, Gordon. Du liebst mich. Du hast mich immer geliebt.»
«Du ekelst mich an, Harry, alles an dir. Dein schlechter Atem. Deine Krampfadern. Dein gefärbtes Haar. Deine grauenhaften Witze. Dein dicker Bauch. Deine knubbeligen Knie. Dein mickriger Schwanz. Alles. Von deinem Anblick wird mir schlecht.»
«Und warum bist du dann nach all diesen Jahren zurückgekommen? Hättest du es nicht auf sich beruhen lassen können?»
«Nach dem, was du mir angetan hast? Bist du verrückt? Du hast mein Leben zerstört, Harry. Und jetzt bin ich an der Reihe und zerstöre deins.»
«Du hast mich sitzen lassen. Du hast mich verraten.»
«Ach ja? Wer hat mich denn an die Bullen verpfiffen? Wer hat mich denn ausgeliefert und davon einen Vorteil gehabt?»
«Und jetzt verpfeifst du mich also an die Bullen. Doppeltes Unrecht ergibt kein Recht, Gordon. Immerhin bist du am Leben. Immerhin bist du jung genug, dass du noch was zu erwarten hast. Bringst du mich ins Gefängnis, bin ich erledigt. Dann bin ich tot.»
«Wir wollen nicht, dass Sie sterben, Harry», griff plötzlich Trumbell in die Debatte ein. «Wir wollen Ihnen ein Geschäft vorschlagen.»
«Ein Geschäft? Was für ein Geschäft?»
«Wir wollen kein Blutvergießen. Wir wollen nur Gerechtigkeit. Gordon hat Ihretwegen gelitten, und wir finden, ihm steht eine Entschädigung zu. Das ist doch nur fair. Wenn Sie mit uns zusammenarbeiten, erfährt die Polizei von uns kein Wort.»
«Aber Sie sind doch reich. Gordon hat so viel Geld, wie er braucht.»
«Manche Mitglieder meiner Familie sind reich. Ich gehöre leider nicht dazu.»
«Mit Geld kann ich Ihnen nicht dienen. Ich kann die zehntausend zusammenkratzen, die ich Ihnen schulde, aber das war’s dann auch schon.»
«Sie mögen knapp bei Kasse sein, aber Sie besitzen andere Wertgegenstände, mit denen wir uns zufrieden geben würden.»
«Andere Wertgegenstände? Wovon reden Sie?»
«Sehen Sie sich um. Was sehen Sie?»
«Nein. Das können Sie
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