Die Bruderschaft Christi
vor Steinmeiers Haus warten, ehe der große und bullige Mann herauskam, sich in den Wagen setzte und in Richtung Stanggaß davonfuhr.
»Pass auf, halte Abstand!«, mahnte Moshav.
»Schon gut, ich will ihn aber auch nicht in dieser Wildnis verlieren«, antwortete Tom.
Der Wald wurde dichter und Tom gab Gas. Überall zweigten Wege ab, wenn der Renault irgendwo abbog, dann würden sie ihn nie wiederfinden. Nur ab und zu leuchteten die Rücklichter des Verfolgten durch das Unterholz. Die Bäume standen weit auseinander. Nach einer langen Steigung ging es ein kurzes Stück bergab. Noch immer waren in der Ferne die Rücklichter des Renaults zu sehen.
»Er bremst«, sagte Moshav.
Tom trat ebenfalls auf die Bremse. Sekunden später waren die Rücklichter verschwunden.
»Er hat angehalten«, sagte Tom.
»Oder er ist abgebogen.«
Tom seufzte. »Wir lassen den Wagen stehen und gehen zu Fuß.«
»Du kannst den Wagen nicht einfach hier stehen lassen, wenn er zurückkommt, dann sieht er ihn gleich.«
Tom überlegte. Moshav hatte Recht. Er fuhr langsam weiter, bis nach rechts ein Waldweg abzweigte. Noch waren es bis zu der Stelle, wo der Renault verschwunden war, dreihundert Meter, schätzte Tom. Er bog in den Waldweg ein und blieb nach ein paar Metern stehen.
»Los, komm!«
Vorsichtig stiegen sie aus. Leise schlossen sie die Türen und gingen zurück zum Weg, auf dem sie gekommen waren. In der Dunkelheit waren die Bäume nur schemenhaft auszumachen. Moshav stolperte über einen Ast und stürzte. Fluchend rappelte er sich wieder auf.
»Hast du dir etwas getan?«, flüsterte Tom.
Moshav schwieg. Er schüttelte den Kopf, doch Tom konnte es nicht sehen.
»Wir hätten eine Taschenlampe mitnehmen sollen«, erwiderte Moshav leise.
»Wir könnten auch laut rufen«, unkte Tom.
Vorsichtig, leise und bedächtig gingen sie auf dem Waldweg weiter, bis ein weiterer Weg nach links abzweigte. Danach stieg das Gelände wieder steil an. Weit und breit war kein Auto zu sehen.
»Wir gehen die Abzweigung entlang!«, entschied Tom. »Wenn er gerade weitergefahren wäre, dann hätten wir seine Rücklichter bestimmt noch eine ganze Weile gesehen.«
Moshav knurrte zustimmend. Vorsichtig schlichen sie weiter. Nach einer scharfen Kurve folgte plötzlich ein freier Platz. Tom schaute in den Himmel und nahm die funkelnden Sterne wahr. Sie waren auf einer Lichtung angekommen. Steinmeiers Renault stand links auf dem freien Platz. Seine Umrisse waren deutlich zu erkennen. Doch auch die große Hütte, am Ende des Platzes, schälte sich deutlich sichtbar aus der Dunkelheit.
Langsam schlichen Tom und Moshav näher. Kein Lichtschein fiel aus den Ritzen. Entweder waren die Fenster und Türen gut abgedichtet, oder drinnen hatte man das Licht gelöscht.
Waren sie am Ende doch bemerkt worden?
Tom blieb vor der Treppe stehen, die zum Eingang der Hütte führte. Er spürte Moshavs Atem in seinem Rücken.
»Was machen wir jetzt?«, flüsterte Moshav.
Plötzlich flammte direkt neben ihnen eine Taschenlampe auf. Tom presste die schmerzenden Augen zusammen.
»Keine Bewegung, ihr Gauner!«, ertönte eine sonore Stimme. »Ich habe eine Schrotflinte in der Hand. Die reicht für euch beide, ihr stinkenden Verbrecher.«
Tom hob die Hände und zeigte seine Handflächen. »Wir sind … wir suchen nach Professor Chaim Raful, wir haben mit ihm in Jerusalem gearbeitet«, versuchte Tom zu erklären.
»Ihr seid Gangster, und wenn ihr nur mit den Wimpern zuckt, dann drücke ich ab.«
»Mein Name ist Tom Stein und mein Begleiter ist Moshav Livney«, entgegnete Tom. »Fragen Sie einfach den Professor.«
»Chaim Raful ist tot«, antwortete der Mann. »Ihr habt ihn umgebracht. Ich sollte euch mit den Sauposten ein riesiges Loch ins Gedärm schießen. Kein Hahn würde nach euch krähen.«
»Hören Sie, Herr Steinmeier, so heißen Sie doch«, entgegnete Tom bissig, »wir haben in Jerusalem das Grab eines Templers entdeckt. Kurz darauf verschwand Raful und mit ihm zwei Amphoren, in denen sich wahrscheinlich alte Schriften befunden haben. Und dann brach das Inferno los. Eine Kollegin wurde ermordet, wenige Tage später gab es einen grauenvollen Unfall, von dem ich mittlerweile glaube, dass er inszeniert wurde. Und am Ende starb unser Grabungsleiter, Professor Hawke. Er wurde ebenfalls ermordet. Seitdem waren die Kerle hinter uns her. Wir haben diese lange Reise von Israel nicht gemacht, um uns jetzt aufhalten zu lassen. Wir sind beide bewaffnet, und Sie können nur
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