Die Bruderschaft der Woelfe
es wagen, zwei Frauen zu ehelichen oder eine mittlerweile hochschwangere Frau vor die Tür zu setzen. Auch besaß der Herzog nicht genügend Geld, um das Dreifache der Mitgift zurückzuzahlen.
Zufälligerweise jedoch verlor just an jenem Nachmittag einer der Wachmänner des Herzogs bei einem Duellunfall die rechte Hand.
Um die Kaifs zu besänftigen, rief der Herzog seinen
Foltermeister in sein Quartier und täuschte einen Akt der Selbstverstümmelung vor. Er wickelte sich eine blutgetränkte Bandage um seinen rechten Arm, als sei die Hand entfernt worden, dann steckte er seinen Siegelring auf die abgetrennte Hand des Wachmannes und überreichte sie den Kaifs.
Diese Tat versetzte die Kaifs in Erstaunen und betrübte sie, denn natürlich hatten sie damit gerechnet, er werde die hübsche junge Prinzessin heiraten – oder wenigstens die dreifache Mitgift zahlen. Statt dessen kehrten sie mit nichts weiter als einer abgetrennten Hand, dem Eingeständnis des herzoglichen Diebstahls, zurück.
Zwei Jahre lang hatte die Täuschung des Herzogs Bestand.
Der König von Muttaya schien versöhnt.
Bis ein Händler aus Muttaya den Herzog an den Höfen von Tide sichtete, dem es offenbar auf wundersame Weise gelungen war, seine abgetrennte Hand nachwachsen zu
lassen.
Der darauf folgende Konflikt wurde ›der Krieg der dunklen Damen‹ genannt – so benannt nach der dunkelhäutigen Dame aus Muttaya und der dunkeläugigen Dame aus Seward.
Dieser Krieg wütete dreihundert Jahre, ließ gelegentlich eine Generation aus, in der es zu keinen großen Schlachten kam, nur um anschließend erneut aufzuflammen.
Ein dutzendmal nahmen die Könige von Muttaya das
westliche Mystarria ein, und oft gelang es ihnen, sich dort festzusetzen. Doch entweder probten die Bürger den Aufstand und vertrieben sie, oder die Könige von Rofehavan taten sich gegen sie zusammen.
So wurde im westlichen Mystarria eine Burg nach der
anderen errichtet und wieder zerstört. Manchmal waren die Muttayaner die Baumeister, dann wieder die Mystarrianer – bis das Gebiet seinen Namen schließlich zu Recht trug: ›Land der Ruinen‹.
Endlich trat der erste Lord Carris auf den Plan. Es gelang ihm, das Königreich über einen Zeitraum von vierzig Jahren gegen die Muttayaner zu verteidigen, in denen er eine gewaltige befestigte Stadt errichtete – eine Stadt, die die Muttayaner nie erobern konnten.
Lord Carris verschied friedlich im hohen Alter von
einhundertundvier – eine Leistung, die in den vorangegangenen drei Jahrhunderten ohne Beispiel war.
Das war fast zweitausend Jahre her, und Carris stand noch immer: die größte Festung im westlichen Mystarria und der Achsnagel, der den Westen zusammenhielt.
Die befestigte Stadt nahm eine Insel im See Donnestgree ein, so daß der größte Teil der Mauer höchstens von Booten angegriffen werden konnte. Da Muttaya ganz von Land umschlossen war, waren die Muttayaner in der Schiffahrt nicht sehr bewandert. Doch selbst Boote waren nicht von großem Nutzen, da die Burgmauern zu den Seiten einhundert Fuß hoch senkrecht über dem Wasser in die Höhe ragten.
Zudem waren sie mit Mörtel und Kalk verputzt worden, so daß ein Mann, der hinaufzuklettern versuchte, keinen Halt fand.
Vom oberen Mauerrand konnten gewöhnliche Soldaten
durch die Todesscharten Pfeile nach unten schießen oder auf jedes Boot Steine schleudern. Für die Bemannung des größten Teiles der Burgmauern waren daher keine Kraftsoldaten mit Hauptgaben erforderlich. Angreifern von Carris boten sich drei Möglichkeiten zur Wahl. Sie konnten sich in die Burg einschleichen, um sie von innen zu erobern, sie konnten sie belagern oder sich für einen Frontalangriff entscheiden und versuchen, sich einen Weg durch die drei Vorwerke in die eigentliche Festung zu bahnen.
In ihrer Geschichte war die Burg nur viermal gefallen. Viele Festungen in Rofehavan besaßen dickere Mauern oder mehr Artilleriegeschütze, aber nur wenige lagen strategisch so günstig.
Roland stieg die Stufen eines feuchtkalten Turms acht Stockwerke hinauf, bis er oben angelangt war. Dort schloß ein Schließmeister die schwere Eisentür auf, die auf den Wehrgang führte.
Roland hatte erwartet, im dichten Nebel lange nach seinem Posten suchen zu müssen. Doch als er sich dem oberen Mauerrand näherte, stellte er fest, daß der Nebel sich lichtete, und er sah sogar noch die letzten Strahlen der Abendsonne, bevor sie hinter den Bergen im Westen unterging.
Er trat also auf die mit Zinnen
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