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Die Bruderschaft der Woelfe

Die Bruderschaft der Woelfe

Titel: Die Bruderschaft der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Verwirrung und Unentschlossenheit – eine schwankende Mauer. Der Mann besaß keine eigenen Gedanken, keinen eigenen Willen. Er ließ sich gänzlich vom Wind hin und her wehen, weil er hoffte, dieser würde ihn beschützen.
    Sie bemerkte seine Unbeständigkeit. Die Luft ergriff von ihm Besitz.
    In diesem Zustand war er nicht länger ein menschliches Wesen, kaum konnte er noch einen zusammenhängenden Gedanken fassen. Er plapperte wie ein Wahnsinniger, den der Wind hin und her stieß wie eine erbärmliche Kreatur, die ihres Willens beraubt war. Voller Schrecken stellte sie plötzlich fest, daß er wünschte, sie möge sich zu ihm gesellen – möge wie er werden.
    Ihr Traum, sich in einen Distelsamen zu verwandeln. Er war ihr während eines Sturms gekommen, erinnerte sie sich, als der Wind die Burg umtoste.
    Nein, der Zauberer wollte das gar nicht. Es war der Wind.
    Die Mächte der Luft.
    Wirf dich in den Himmel. Erlaube mir, dich mit mir zu nehmen.
    »Also, guter Mann«, fragte Iome, um seine Aufmerksamkeit abzulenken, »glaubt Ihr, mich fliegen lehren zu können?«
    »Fliegen? Himmelsfliegen. Fliege. Gehe wie eine Fliege.
    Spreche wie eine Fliege. Zum Himmel sprechen? Warum?
    Warum? Fragt sie warum?« schnatterte der Meuchelmörder.
    Er kratzte mit der gesunden Hand über die Rinde der Eiche, und Iome staunte über seine Kraft, denn er riß abwesend ganze Stücke davon ab.
    Ruhig führte die Königin ihr Pferd zu Sir Hoswell. Der legte einen weiteren Pfeil auf, wußte jedoch nicht, ob er schießen sollte. Sein letzter hätte beinahe Iome getötet.
    Die Königin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und küßte Spitze und Schaft des Pfeils. Währenddessen dachte sie an Myrrima, die den Glorreichen der Finsternis erschossen hatte.
    »Schießt jetzt«, flüsterte sie.
    Der Meuchelmörder kreischte auf und suchte nach einem Fluchtweg. Seine unvermittelte Furcht verriet ihr, daß sie das richtige vermutet hatte. Hoswell zielte mit seinem Stahlbogen.
    Der Zauberer sprang in die Luft, der Wind pfiff schrill um ihn her und heulte, als ängstigte er sich ebenfalls. Die aufgeblähten Schöße der Jacke flatterten wie Flügel.
    Hoswell ließ den Pfeil los und traf den Fliegenden in die Schulter.
    Der drehte sich in der Luft ein halbes dutzendmal um sich selbst.
    Plötzlich erstarb der seltsame Wind, der ihn trug, der menschliche Körper fiel herab und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden.
    Ein Stöhnen entrang sich der Kehle des Getroffenen, stieg in den Himmel hoch und umkreiste die große Eiche.
    Entsetzt blickte Iome nach oben.
    Der Leib des Zauberers mochte zu ihren Füßen liegen, doch etwas anderes von ihm war noch immer da – ein Luftwirbel, der sich wie von selbst über ihnen drehte.
    Sir Hoswell sprang vom Pferd und wälzte die Leiche herum.
    Aus der Wunde trat kaum Blut hervor, und eigentlich hätte sie den Mann nicht töten dürfen.
    Der Inkarraner lag unbeweglich da, atmete nicht, starrte mit leeren Augen vor sich hin.
    Wir haben ihn nicht getötet, wurde Iome bewußt – nicht so jedenfalls, wie Myrrima den Glorreichen der Finsternis erlegt hat. Dieser Zauberer hat sich entschieden, seinen Körper zu verlassen.
    Hoswell legte der Leiche eine Hand an die Kehle und
    drückte zu, dann kratzte er Erde zusammen und stopfte sie dem Toten in Mund und Nase. Während dieser Arbeit blickte er sich ängstlich um.
    »Man sagt, einen Himmelslord, den man entkörperlicht hat, sollte man rasch unter die Erde bringen«, erklärte er Myrrima und Iome. »Auf die Weise kann er sich seinen Körper nicht zurückholen. Eigentlich muß man ihm Mund und Nase zunähen, aber ein wenig Erde wird es fürs erste auch tun.«
    Mit solchen Dingen kannte sich Iome nicht aus. Sie war keine Kriegerin, und daß sie eines Tages gegen magische Kreaturen kämpfen müßte, hätte sie sich nie vorgestellt. Mit der Leiche des Glorreichen der Finsternis waren sie nicht so verfahren.
    Ob er zurückkommen kann? fragte sie sich.
    Eine starke Bö stieß – von einem seltsamen Laut, einem Schrei begleitet – aus dem Himmel herab, traf Hoswell in den Rücken und warf ihn zu Boden. Die Leiche des Zauberers bäumte sich auf wie in Todesqualen.
    Sofort schleuderte Hoswell eine Handvoll Erde in die Luft, und der magische Wind zog sich zurück, wütete niedergeschlagen im Wipfel der Eiche, brauste durch die verdorrten Blätter und ließ sie herabregnen.
    »Wartet!« rief Iome. Die grausigen Schmerzen, die Hoswell auf sich nehmen mußte, um den Mann zu

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