Die Bruderschaft der Woelfe
zu: »Wenn Ihr also ein Zeichen
verlangt, so sei es! Ich werde Euch ein Zeichen geben, das Ihr nicht verleugnen könnt.«
Jetzt blickte er den Zauberer Binnesman an. Der saß auf seinem Pferd und flüsterte: »Mein Lord, was tut Ihr?«
»Ich werde König Lowicker und jeden Mann, der an seiner Seite steht, zurechtweisen«, erwiderte Gaborn. »Leiht mir bitte Euren Stab.«
Der Zauberer reichte ihn dem Erdkönig und sagte: »Seid Ihr sicher, daß das weise ist?«
»Nein, aber es ist gerecht.« Er blickte auf. Lowicker saß noch immer auf seinem Pferd und grinste ihn über die Entfernung selbstzufrieden und höhnisch an. Zu Gaborns Genugtuung zog sich der Days des Königs nervös zurück.
Gaborn zeichnete mit dem Stab vorsichtig eine Rune des Erdbrechens in den Staub der Straße. Sie sah aus wie eine Gottesanbeterin mit zwei Köpfen und drei Scheren.
»Wird es so gemalt?« fragte er den Zauberer, um sich zu versichern, ob er es richtig gemacht hatte.
»Die Erdmächte sollen nicht zum Töten eingesetzt werden«, warnte ihn der Zauberer.
»Die Erde läßt den Tod zu«, sagte Gaborn, »sogar den
unseren. Ich werde alle verschonen, die ich kann.«
Trotzdem glaubte er kaum, daß er wagen würde, Lowicker zu begnadigen. Er mußte sein Volk beschützen, und die Erde hatte ihm nicht verboten, seinen Feinden das Leben zu nehmen. Einen Gegner zu töten, der so böswillig wie Lowicker war, dürfte nicht schlimmer sein, als einen Greifer zu erschlagen.
Also hob Gaborn den Stab über den Kopf und rief: »Bei der Erde, der ich diene, befehle ich dieser Mauer: Zerberste zu Staub und Schutt!«
Mit seinen Gedanken drang er zu hundert Schwachstellen der Mauer vor, und dann schlug er die Rune des Erdbrechens mit dem Stab. Er spürte sofort die Wucht seiner Handlung, denn der Boden unter seinen Füßen begann zu beben. Die Erde grollte, als wollte sie sich auftun, und plötzlich schrien die kurz zuvor noch hohnlächelnden Bogenschützen auf dem Wehrgang voller Entsetzen auf.
Der Befehl, den Gaborn ausgesprochen hatte, stammte
keinesfalls von irgendeinem schwächlichen Steinmetz, der der Erde nur deshalb gedient hatte, um sich ihrer Dienste zu versichern. Nein, hier handelte es sich um den Befehl des Erdkönigs, und so löste er mehr Urgewalt aus als jeder andere.
König Lowickers Pferd bäumte sich auf und warf den alten Mann ab. Die Ritter in seinem Gefolge scherten aus dem Glied aus, kehrten um und stoben in heilloser Flucht auseinander.
Die Männer auf der Mauer rannten zu den Treppen oder
sprangen in Sicherheit.
Seit tausend Jahren stand die Kriskavenmauer. Unter lautem Donner und kreischendem Protest der Steine brach sie jetzt zusammen. Die Mauer zitterte und wand sich eine halbe Meile weit in jede Richtung wie eine Schlange.
Aber Gaborn konnte nicht einfach alle jene töten, die sich ihm widersetzten.
Er fühlte, daß die Mauer sich aufbäumen und gemäß seinem Willen einstürzen wollte, doch einen Augenblick hielt er sie noch fest, damit die Männer auf den Wehrgängen in Sicherheit fliehen konnten.
Dann war er nicht mehr in der Lage, sie zu beherrschen, und die Mauer fauchte wie ein Tier und explodierte. Steine flogen hoch in die Luft und gingen in einem Hagel nieder. Staub wallte in beißenden Schwaden auf, wurde vom Wind erfaßt und nach Norden geweht.
Bogenschützen, die herabgesprungen waren, rannten von den Fundamenten fort und bedeckten schützend die Köpfe mit den Händen.
Nachdem sich der Staub gelegt hatte, lag eine Meile der Kriskavenmauer in Trümmern. Sogar noch als Ruine bot sie einen beeindruckenden Anblick. An der Stelle, wo Feymanstor gestanden hatte, waren nur einige Bruchstücke von dem herabgestürzten Bogen geblieben.
Einige der Männer, die heruntergesprungen waren, hatten sich Arme oder Beine gebrochen. Weitere zwei Dutzend Ritter hatte es aus den Sätteln geworfen.
Soweit Gaborn es beurteilen konnte, war kein einziger Mann zu Tode gekommen.
Jenseits des Schutts flohen Lowickers Ritter zu Tausenden vor der Zerstörung.
Erin, Celinor und ein Dutzend anderer eilten zum gefallenen König. Auf ihren Pferden umkreisten sie den alten Mann und verhinderten seine Flucht.
Gaborn ritt mit seiner Kompanie über den Haufen aus Staub und zerbrochenen Steinen, der bis vor einer Minute Feymanstor gewesen war, bis zu seinem früheren Freund.
König Lowicker lag mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden, und sein rechtes Bein war in unnatürlichem Winkel verdreht. Es schien, als habe er sich
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