Die Bruderschaft der Woelfe
und die Vorstellung, Greifer streiften durch die umliegenden Wälder, beunruhigte sie nicht im geringsten. Ihre Leibwächter drängten ihre Pferde näher an sie heran.
Pashtuk warf Borenson einen Blick zu, der Bände sprach.
»Wenn sich hier Greifer herumtreiben, werden wir wohl bald auf Unannehmlichkeiten stoßen.«
KAPITEL 21
Eine Nachricht von den Greifern
Roland stand auf der Burgmauer und jubelte, als Raj Ahten aus dem Bergfried des Herzogs trat und seinen Männern den Befehl erteilte, alles für einen Angriff vorzubereiten.
Stolze Unbesiegbare rannten über die Wehrgänge zu ihren Pferden. Knappen holten Schilde und Lanzen aus der Waffenkammer. Es würde eine Stunde Zeit in Anspruch
nehmen, den Ausfall vorzubereiten, und Roland blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
Auf dem Knochenhügel arbeiteten die Greifermagierinnen emsig; die Bewegungen der Todesmagierin verschwammen fast zu einem Leuchten; brauner Dunst wirbelte über der Rune.
Der Gestank von Tod und Verfall erregte bei Roland
Übelkeit. Der Magen drehte sich ihm um, die Muskeln
schmerzten, und die Augen brannten. Er getraute sich kaum mehr, länger dorthin zu blicken.
Während Raj Ahtens Männer ihren Pferden die Rüstung
anlegten, bemerkte er eine gewisse Veränderung draußen auf der Ebene. Die riesigen Schleimwürmer hatten bislang Gras und Bäume zerkaut und fortdauernd einen dicken, klebrigen Schleim abgesondert, mit dem die Heuler Steine zusammensetzten – zu Barrikaden und Mauern.
An der Südseite des Sees hatten sie mehrere große Gewölbe errichtet. Jetzt drehten die Greifer diese um und schoben sie auf das Wasser zu. Das waren keine Gebäude, erkannte Roland, sondern Schiffe – Wasserfahrzeuge ohne Ruder und Segel, die wie Walnußschalen geformt waren.
Die Heuler mühten sich damit ab, die Seiten der Schiffe Stein um Stein aufzustocken.
Kaltes Entsetzen machte sich in Rolands Magengrube breit.
Bis zu diesem Augenblick hatten die Greifer die Menschen in Carris anscheinend nicht beachtet.
Nun wurde jedoch deutlich, daß sie sich, wie Raj Ahten unten im Burghof, auf den Angriff vorbereiteten.
Im Westen gruben die Greifer weiterhin. Die nackte Erde war vernarbt und mit Kratern übersät, die seltsamerweise im Norden höher waren als im Süden.
Der Nachmittag ging in den frühen Abend über, und das Gefühl der Übelkeit wuchs beständig an. Die Luft war drückend wegen des Gestanks nach Fäulnis. Roland schmerzte der Kopf. Verzweiflung erfüllte ihn, und eine tiefe Erschöpfung setzte ihm dermaßen zu, daß er kaum mehr auf den Beinen stehen konnte. Manche Männer um ihn herum weinten, was sie jedoch zu verbergen suchten.
Einige Krieger schrien den Greifern Beleidigungen zu, weil sie auf diese Weise den Mut ihrer Gefährten stärken wollten, während andere lachten und die neuen Bauwerke der Greifer mit Namen bedachten.
Der riesige Steinturm im Süden erhob sich höher und höher und glich dem Horn eines Narwals oder einem gigantischen Dorn. Am späten Nachmittag war er bereits zweihundertfünfzig Meter hoch, doch die Greifer bauten noch immer weiter. Die Todesmagierin bestieg den Turm und begutachtete den Fortschritt. Die Männer auf den Mauern stellten eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Geschlechtsorgan eines männlichen Greifers fest und tauften ihn »Liebesturm«.
Im Osten des Bauwerks entlang des Ufers beschäftigten sich Schleimwürmer und Heuler weiterhin mit ihren Schiffen in den steinernen Werften.
Der Haufen, auf dem Holz von Häusern und Bäumen
gestapelt wurde, hieß einfach Holzberg. Besonders viel Spaß bereitete den Männern der Name für die Gegend, wo die vielen Gräben angelegt wurden: »Herzog Paldanes Elendsviertel«.
Am meisten entsetzte die Krieger jedoch die bösartige Rune auf dem Knochenhügel. Dort erledigten keinesfalls die Heuler die Bauarbeit, wie Roland halb durch den Kokon erkennen konnte. Diese schafften lediglich die Erde aus den Gräben fort und brachten den Schleimwürmern Holz, derweil die eigentliche Konstruktion von Magierinnen verrichtet wurde, deren Köpfe mit flammenden Tätowierungen gezeichnet waren.
So wuchs die Rune immer mehr – zu einem grauslichen
Banner, das Rauch ausstieß und Macht abstrahlte. Ihre Linien verschlangen sich miteinander wie ein Vipernnest. Diese Greifermagie war abscheulich und abstoßend.
Wenn Roland den Blick dorthin wandte, zuckten seine
Augen buchstäblich. Die verknoteten Linien ließen sich nicht fixieren. Wenn er sich dann zur Seite drehte,
Weitere Kostenlose Bücher