Die Bruderschaft des Feuers
ohne jegliche Beweise, ohne eine genaue, von verlässlichen Zeugen gestützte Anklage. Ich glaube Euch nicht!«
»Er hat den Brief gesehen«, warf Mondino ein, der sich endlich aus der Starre gelöst zu haben schien, »und nicht einmal dem schenkt er Glauben. Du hattest recht, Gerardo, es wäre besser gewesen zu schweigen. Es tut mir leid.«
»Wie hieß der Mönch, der Eurer Meinung nach den Capitano del Popolo getötet haben soll?«, fragte jetzt der Hauptmann. Alle drehten sich nach ihm um. Seine Einmischung war ein schwerer Verstoß gegen die Etikette. Nicht einmal der Kommandant hatte sich angemaßt, etwas zum Gespräch beizutragen, sondern war in Erwartung von Befehlen reglos stehen geblieben. Der Mann errötete und beeilte sich anzufügen: »Verzeiht mir. Ich sage das bloß, weil ich vor etwa zwei Wochen zusammen mit dem Capitano einen Mönch namens Samuele zu einem ermordeten Mitbruder geführt habe, den er identifizieren sollte. Wenn es sich um denselben Mann handelt …«
»Genau der war es!«, rief Gerardo. »Jetzt erkenne ich Euch, Ihr wart an dem Morgen einer der beiden Häscher im Gefolge des Capitano.«
»Das beweist noch gar nichts«, erwiderte der Podestà und wehrte mit einer Handbewegung die Worte des Hauptmanns ab.
»Exzellenz, wenn Ihr erlaubt …«, sagte der Kommandant.
»Selbstverständlich, Kommandant«, entgegnete Taverna gallig. »Dies hier hat sich ja inzwischen zu einer regelrechten Volksversammlung ausgewachsen. Sagt nur, was Ihr zu sagen habt.«
»Nun, der junge Mann hier hat bei seiner Ankunft von einer Neuigkeit gesprochen, die er Euch berichten wollte. Ich schlage vor, ihn anzuhören, bevor man weitere Entscheidungen trifft. Es könnte ja sein, dass diese bewusste Gefahr tatsächlich besteht.«
Alle Köpfe wandten sich Gerardo zu. Selbst die Mönche und der Student verfolgten die Unterredung, obwohl sie offensichtlich in einer ganz anderen Angelegenheit gekommen waren.
»Ihr wisst bereits Bescheid über die heidnische Sekte, die den Brand von Bologna plant«, begann Gerardo. »Ich bin eigentlich gekommen, um Euch zu sagen, dass ich soeben erfahren habe, wo sich ihr Tempel befindet. Gehen wir und halten wir sie auf. Danach könnt Ihr uns immer noch verhaften lassen, bis unsere Lage eindeutig geklärt ist.«
Der Kommandant hinter ihm hatte anscheinend die Luft angehalten, denn nun ließ er sie leise pfeifend hinaus. Mondino versuchte ihm mit einem Blick seine Anerkennung auszudrücken, wirkte dabei aber immer noch so abwesend, als hätte er einen Schlag auf den Kopf erhalten.
»Wo soll sich dieser Tempel befinden?«, fragte der Podestà.
»Im Viertel des Märtyrerkreuzes. Zu Pferd ist man im Nu dort. Ich könnte mit dem Kommandanten und einer Handvoll Soldaten hingehen…«
»Ich komme ebenfalls mit«, sagte der Podestà. »Ich möchte anwesend sein, falls es Entscheidungen zu fällen gilt. Und Messer de’ Liuzzi wird uns ebenfalls begleiten.« Er wandte sich mit einer beschwichtigenden Geste an den Dominikaner. »Immer vorausgesetzt natürlich, dass Ihr nichts dagegen habt. Andernfalls lasse ich ihn unverzüglich verhaften.«
Der Dominikaner, der das gesamte Gespräch mit über seinem schwarz-weißen Habit verschränkten Armen verfolgt hatte, verzog seinen Mund zu einem leichten Lächeln. »Die Inquisition kann warten«, sagte er. »Das Wohl Bolognas hat Vorrang. Geht nur.«
Diese Antwort verblüffte den Podestà, nicht jedoch Gerardo, der ja aus eigener Erfahrung die Feinheiten im Umgang der Geistlichen untereinander kannte. Die Feindschaft zwischen den Dominikanern und Franziskanern, den beiden Orden, die mit der heiligen Inquisition befasst waren, war allgemein bekannt. Konnte nun bewiesen werden, dass ein Minderbruder einen Mord begangen hatte, würde das den Dominikanern einen indirekten Vorteil verschaffen. Wurde Mondino hingegen für schuldig befunden, den Mönch getötet zu haben, dann würden die Dominikaner, ganz gleich, wessen sie ihn vor dem Inquisitionsgericht anklagen wollten, dies mit der vollen Unterstützung der Franziskaner tun.
»Ausgezeichnet, Vater«, sagte der Podestà. »Euer Bürgersinn gereicht Euch zur Ehre.« Er öffnete die Tür und befahl dem Wachposten, den Mönch mit den beiden Novizen und den Studenten hinauszubegleiten. Dann wandte er sich an den Hauptmann und schickte ihn los, die Pferde zu satteln. Sie würden zuerst aufbrechen, später sollte ihnen ein Kontingent von fünfundzwanzig Soldaten zu Fuß folgen, um dann zur Verstärkung
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