Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
Vom Netzwerk:
keine Erklärung dafür, warum er eine Meute Verfolger auf ihn gehetzt hatte.
    Wie auch immer, er musste mit ihm reden. Aber er war jetzt zu erschöpft, um zu überlegen, wie er vorgehen sollte.

SIEBZEHN
    N achdem Azzone geschrien hatte, blieb Mondino einen Augenblick mit dem erhobenen Schwert in der Hand stehen. Überrascht stellte er fest, dass er tatsächlich Mitleid empfand für den Mann, der da zu seinen Füßen kauerte, selbst wenn der ein Ungeheuer war. Doch es blieb keine Zeit, ihn zu fesseln, und so lassen konnte er ihn auch nicht, weil er ihn dann wahrscheinlich gleich wieder angreifen würde.
    »Steh auf«, befahl er. »Lebt Gabardino noch, wirst auch du leben. Ist er tot, stirbst du ebenfalls.«
    Azzone versuchte aufzustehen, und Mondino versetzte ihm einen Fußtritt. »Beweg dich! Dahinter ist mein Sohn!«
    Der Seidenhändler stand auf, und beide eilten zu der Wandnische. Mondino behielt das Schwert in der Hand und passte auf, dass er hinter dem Mann blieb. Azzone legte die obere Reihe Ziegelsteine frei. Sobald genügend Platz war, stellte sich Mondino neben ihn, steckte seine freie Hand in das Loch und riss an den Steinen. Der frische Mörtel hatte noch nicht angezogen, und die Wand gab sofort nach. Als er seinen Sohn gefesselt und geknebelt an einem hervorspringenden Balken hängen sah, bereute er schon, Azzone verschont zu haben. Gabardinos Kopf war auf die Brust gesunken. Vielleicht war er nur ohnmächtig, aber …
    Mondino war zu keinen weiteren Gedanken fähig und schnitt einfach den Knebel mit dem Schwert durch, legte seinem Sohn zwei Finger an die Halsschlagader und fühlte dort einen regelmäßigen Puls.
    »Er lebt!«, rief er aus. »Nimm ihn dort herunter und leg ihn auf den Boden. Aber vorsichtig!«
    Auf diese Gelegenheit hatte Azzone nur gewartet. Er beugte sich hinunter, als wollte er dem Befehl gehorchen, doch dann nahm er einen Ziegelstein und versuchte, Mondino am Kopf zu treffen. Doch der war wachsam geblieben. Er wich dem Stein aus und traf den Seidenhändler mit dem Schwertknauf ins Gesicht, was dem einen Schmerzensschrei entlockte und ihn einige Zähne kostete. Dann wich der Arzt einen Schritt zurück und durchtrennte ihm mit einem tief ausgeführten Hieb den Oberschenkelmuskel. Azzone fiel auf die Knie und wandte ihm sein durch die ausgeschlagenen Zähne heftig blutendes Gesicht zu, doch diesmal ließ ihm Mondino keine Zeit, um Gnade zu flehen. Er packte das Schwert mit beiden Händen, und mit einem weiteren Hieb durchschnitt er ihm die Kehle, dass er beinahe den Kopf vom Hals trennte.
    Er ließ ihn sterbend auf dem Boden liegen, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen. Die Öllampe war wie durch ein Wunder nicht umgefallen. In ihrem zitternden Schein wandte Mondino seine gesamte Aufmerksamkeit seinem Sohn zu, ohne auf den Schmerz in seinem verwundeten Arm zu achten. Er nahm ihn von dem Balken ab, löste die Fesseln, und noch während er ihn auf den Boden legte, schlug Gabardino die Augen auf.
    »Vater«, sagte er kaum hörbar.
    »Gelobt sei Gott!«, flüsterte Mondino. »Wie fühlst du dich?«
    »Es geht mir gut«, erwiderte der. »Oder beinahe. Ich habe mich nur sehr erschreckt. Warum seid Ihr wie ein Mönch gekleidet?«
    Mondino standen Tränen in den Augen. Er hatte fast geglaubt, dass er die Stimme seines Sohnes nie wieder hören würde. »Das erkläre ich dir später«, antwortete er und versuchte sich zu fassen. »Nun sehen wir erst einmal, wie es dir geht.«
    »Ich habe Euch doch gesagt, es geht mir gut. Aber Ihr seid verwundet.«
    »Eine Kleinigkeit.« Mondino schwieg eine Weile, dann atmete er einmal tief durch und sagte: »Meinetwegen wärest du beinahe gestorben. Wirst du mir je verzeihen können?«
    »Euch verzeihen? Ihr habt mir das Leben gerettet.«
    »Doch es war meine Schuld, dass du überhaupt hier warst. Ich habe zugelassen, dass du zur Medizinschule gehst. Azzone suchte mich, aber er hat dich gefunden.«
    Gabardino sah ihm direkt in die Augen. Jahrelanger Streit und Unverständnis lagen in diesem Blick, aber vielleicht auch die Erinnerung an eine Kindheit, als seine Mutter noch unter ihnen weilte und das Haus vor Leben und Freude nur so überströmte. Ohne ein Wort legte er ihm die Hände um den Nacken und umarmte ihn fest. Mondino erwiderte diese Umarmung aus vollem Herzen, verlegen und glücklich zugleich. In diesem Augenblick gab es für ihn weder den Brand, der die Stadt verheerte, noch Azzone, der röchelnd auf dem Fußboden in einer sich stetig

Weitere Kostenlose Bücher