Die Bruderschaft des Feuers
hatte sie die Macht, die ganze Versammlung mitzureißen. Jeder stand auf und sagte ein paar Worte, mit denen er seine Überzeugung ausdrückte, den Plan zu befolgen. Giovanni wollte nicht der Letzte sein und sprang daher direkt nach einem jungen Anhänger vor ihm auf. Der Mann neben dem Jüngling, der auch der Eigentümer des Hauses war, in dem man den Tempel entdeckt hatte, war ebenfalls aufgestanden, und es gab eine kurze Verlegenheitspause, als sie bemerkten, dass sie beide standen, und sich nicht entscheiden konnten, wer als Erster sprechen sollte. Schließlich äußerte der Mann seine Zustimmung zu dem Plan, und Giovanni tat es nach, wobei seine Stimme sogar in den eigenen Ohren falsch klang. Dann setzte er sich wieder.
Als diese Abfolge von zustimmenden Bekundungen endete, dankte der Pater allen und wechselte das Thema. »Macht euch klar, dass die schreckliche Strafe, die Bertrando ereilt hat, in Wahrheit ein Segen ist«, mahnte er. »Der Tod durch das Göttliche Feuer ist nur den Eingeweihten vorbehalten, und durch die erlittenen Qualen gewährt er die vollständige Vergebung der Sünden. Trotz seines versuchten Verrats wird Bertrando immer einer unserer Brüder bleiben, dem wir Respekt schulden. Wir können ihn zwar nicht begraben, werden ihn aber auch nicht hier verrotten lassen.« Er gab einem der Statthalter ein Zeichen, es war der Vater des Jungen, der als Erster gesprochen hatte. Der Mann öffnete eine Tür zu seiner Rechten, rief zwei Gläubige zu sich, um ihm zu helfen, und sie kehrten mit einem mittelgroßen Fass zurück, das sie über den Boden hereinrollten. Sie stellten es neben dem Stuhl mit Bertrando Lambertis Leichnam auf und hoben den Deckel ab, während der andere Statthalter nun gemeinsam mit zwei kräftigen Männern aus demselben Zimmer große Säcke mit Salz holte.
Giovanni wusste, was sie vorhatten. Er selbst hatte das nötige Salz geliefert, da er der Zöllner des Salzmagazins von Bologna war.
»Wir werden die Leiche in diesem Fass mit Salz konservieren«, verkündete der Pater. »Am Tag der Großen Läuterung werden wir seine Überreste verbrennen, sodass Bertrandos Vereinigung mit Mithras im strahlenden Glanz der Sonne nichts im Weg stehen kann.«
Es folgte ein makabres und grauenvolles Ritual. Auf Anweisung des Paters traten alle näher, und jeder riss vom Leder des Stuhles einen Knochen los oder nahm eine Handvoll Asche und warf sie ins Fass, das zu einem Drittel mit Salz gefüllt war. Als von Bertrando nichts mehr geblieben war, schüttete der Statthalter das restliche Salz über die Überreste, dann nagelte er den Deckel fest zu und ließ sich dabei helfen, das Fass in den Nebenraum zu schaffen. Auch der Stuhl wurde in Stücke gerissen und in die beiden nunmehr leeren Salzsäcke gesteckt. Der Hausherr übernahm die Aufgabe, diese später in seinem Kamin zu verbrennen.
Sie verließen den Tempel und traten einer nach dem anderen hinaus in den heftigen Regen. Es war gefährlich, zu dieser Stunde ohne Begleitschutz auszugehen, doch Giovanni da San Gimignano fühlte sich erleichtert und atmete tief durch, während der Regen ihm die Kutte, das Hemd und die Unterhosen durchnässte.
Er versuchte, sich davon zu überzeugen, dass er Gottes Wunsch befolgte, doch ihn quälten weiterhin Zweifel. Er wünschte, er könnte sich wirklich sicher sein, dass die Seelen der unschuldigen Menschen, die bei der Läuterung durch das Feuer umkommen würden, auch wirklich Frieden in der ewigen Vereinigung mit Mithras fänden.
Ihm war warm, trotz des eisigen Regens. Es war ein seltsames Gefühl, aber nicht unangenehm. Langsam, als lastete eine schwere Bürde auf seinen Schultern, begab er sich zum Salzmagazin. Er war froh darüber, nicht mehr im Kloster übernachten zu müssen, seit ihm vom Podestà und vom Ältestenrat das Amt des Salzzöllners übertragen worden war.
Ein paar Mal kam es ihm vor, als verfolge ihn ein flüchtiger Schatten, aber er sagte sich, dass er sich in der Dunkelheit und dem Regen getäuscht haben musste.
Gerardo kam oft durch das Viertel der Waffenschmiede. Er atmete gern den strengen Geruch von in Wasser gehärtetem Stahl ein, der andere Passanten dazu bewog, sich eine Hand vor den Mund zu halten und die Augen fest zusammenzukneifen. Wenn er so zwischen aufgehäuften Schwertern, Dolchen, Lanzenspitzen und eisenbeschlagenen Keulen hindurchlief, konnte er sich leicht vorstellen, mitten im Schlachtengetümmel eines Kreuzzugs zu sein. Und das rhythmische Schlagen der Hämmer auf
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