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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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Umstand aus, dass wir verwandt sind, um mich zu beleidigen.«
    In Fedrigos dunklen Augen erschien ein derart sarkastisches Funkeln, dass Azzone es am liebsten mit einer Ohrfeige ausgelöscht hätte, doch er hielt sich zurück. Er durfte nicht vergessen, dass der Vetter sein einziger Verbündeter war. Ihm Respekt beizubringen konnte warten.
    »Wo können wir ungestört reden?«, fragte Fedrigo und sah sich um. In dem großen Raum gab es auch mitten am Tag kaum Licht, und die wenigen Öllampen an den am weitesten von den Fenstern entfernten Stellen betonten dieses Halbdunkel eher, anstatt es zu vertreiben.
    »Lass uns hinausgehen«, antwortete Azzone. »Dann kann ich auch gleich einen Blick auf die Arbeiter werfen, die die Werkmühle ausbessern.«
    Sie verließen den Raum durch die Tür, die auf den Kanal ging. Fedrigo atmete tief ein. »Mein Gott, dort drinnen bekommt man keine Luft.«
    Azzone nickte. »Sie stinken wie die Ziegen. Doch hin und wieder muss ich herkommen, um ihr Tun zu überwachen.«
    Fedrigo musterte ihn mit einem Blick, als hätte der andere ihn nicht recht verstanden, sagte jedoch nichts. Die Kälte machte sich heftig bemerkbar, sodass Azzone bedauerte, seinen Mantel drinnen gelassen zu haben. Er näherte sich dem Wasserrad, das das kleine Gefälle des Kanals als Antriebskraft nutzte. Der Schaden lag in dem System aus Pfählen, Sprossen und Zahnrädern, das die Wasserkraft auf die Spinnmaschine übertrug. Paolo, genannt »il Tosco«, weil er aus der Toskana stammte, brüllte zwei Arbeitern Befehle zu, während sein schnurrbärtiges Gesicht mit jeder Drehung des Rades auftauchte und wieder verschwand.
    »Das Rad ist zu klein für das Gefälle des Kanals«, sagte Azzone. »Es dreht sich zu schnell, und früher oder später bricht ein Teil ab. Hier müsste ein größeres her, aber die Stadtregierung erlaubt mir nicht, ein solches zu bauen.«
    »Weil sonst die Mühlen weiter unten nicht mehr genug Wasserkraft hätten, um zu mahlen«, erwiderte Fedrigo. »Auch andere haben gewisse Rechte.«
    Das Gleiche hatte sein Vater immer gesagt, dachte Azzone. Beide waren so besessen von den Rechten anderer, dass der Manufaktur inzwischen der Ruin drohte. Gegenüber dem vergangenen Jahr hatten sich seine Schulden beinahe verdoppelt. Doch das konnte er Fedrigo nicht erzählen.
    »Zum Glück steht die Spinnerei im Winter beinahe still«, sagte er nur. »Sonst hätte ich durch diesen Schaden viel Geld verloren.«
    »Still? Und was tun all diese Frauen an den Webstühlen?«
    Azzone betrachtete seinen Vetter mitleidig. »Ich habe von der Spinnerei gesprochen, nicht vom Weben«, sagte er, ohne sich damit aufzuhalten, ihm zu erklären, dass die Spinnmaschine den Zweck hatte, aus den Kokons Seidenfäden zu gewinnen, während man an den Webstühlen Seidenstoffe zum Verkauf an Händler herstellte. Wenn Fedrigo schon diese Grundkenntnisse fehlten, war es nicht seine Aufgabe, seine wertvolle Zeit zu verschwenden, um ihn aufzuklären. »Worüber wolltest du mit mir reden, Vetter?«
    »Über den zweiten Toten, der ebenfalls bei lebendigem Leibe verbrannt ist, auf dieselbe Art wie dein Vater.«
    Azzone blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen. »Es gibt noch einen Toten? Und wer ist es?«
    »Ein gewisser Giovanni da San Gimignano, ein Benediktinermönch, der als Salzzöllner arbeitete. Er nahm die Ladungen an, kassierte das Geld und leitete die Verteilung. Man hat ihn heute Morgen im Salzmagazin in der Nähe des Cavadizzo gefunden.«
    »Und was hat das mit meinem Vater zu tun?«
    »Das wollte ich dich gerade fragen, Vetter«, sagte Fedrigo streng. »Ich hatte dir erklärt, dass du mir nichts verschweigen darfst.«
    »Das habe ich auch nicht getan!«, brüllte Azzone gereizt. Die beiden Arbeiter am Rad wandten sich ruckartig um und starrten ihn an, dann senkten sie den Kopf.
    »Hör zu«, fuhr Fedrigo geduldig fort. »Bis vor wenigen Tagen hat man noch nie davon gehört, dass Menschen auf diese Weise zu Tode gekommen sind, und jetzt tauchen innerhalb weniger Tage zwei solche Leichen auf. Kann das wirklich ein Zufall sein, was meinst du?«
    Er sah ihn an, als erwartete er tatsächlich eine Antwort darauf. Doch Azzone zuckte nur mit den Schultern und schwieg.
    »Selbst dir muss klar sein, dass die beiden Toten irgendetwas gemein haben müssen, abgesehen von der Art und Weise, auf die sie verbrannt sind. Kannten dein Vater und dieser Mönch einander?«
    Azzone packte Fedrigo an der Gurgel. Er wollte ihn gerade hochheben und in den

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