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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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fein! Schließlich hängt jeder Mensch an seinem Leben. Eine Beförderung zum Oberst? Doch dieser Tropf zögert immer noch, verflucht soll er sein!
    „Vielleicht solltest du noch etwas wissen“, zischte Vanderling. „Wenn du nicht tust, was ich von dir verlange, dann werde ich dich nicht etwa erschießen. Ich werde dich ins nächstgelegene Dorf schleifen und dich den Tieren übergeben. Du weißt doch sicher, wie sie mit den Tötern dort umspringen, nicht wahr? Seit einiger Zeit sind die Leute dort sehr hungrig … Na, wie gefällt dir das als ehrenvoller Abgang?“
    Der Töter preßte die Lippen zusammen und erbleichte. Sogar einem Töter schien der Gedanke etwas auszumachen, daß man ihn bei lebendigem Leib braten und verspeisen würde. „Nun gut“, sagte der Tötermajor. „Ich habe keine ehrenvolle Wahl. Ich werde dem Propheten deine Botschaft überbringen.“
    Vanderling steckte den Plastikbeutel in die Uniformjacke des gefesselten Mannes.
    Oh ja, dachte er. Bart hat sich das alles hübsch ausgedacht. Aber das reicht eben nicht. Die Sangraner halten zu ihm, das stimmt, aber nur so lange, wie Bart am Leben ist.
    Doch wenn Bart getötet wird, und zwar von der Bruderschaft getötet wird … Tja, dann gibt es nur noch einen Kandidaten für das Präsidentenamt, und der Große Obermacker wird dann Ihr sehr ergebener Willem Vanderling sein.
    Wenn Bart tot ist – ach, er wird einen wunderschönen Märtyrer abgeben – und ich die Volksarmee und die anderen Tiere hinter mir habe, dann kann ich die Freaks ausschalten lassen, bevor das Herogyn zu Ende geht, und ich kann trotzdem den Planeten beherrschen.
    Das Feine an der Sache ist ja, daß ich mit dem gleichen Trick, mit dem ich Bart loswerde, mir auch die Bruderschaft und ihre Schoßhunde vom Halse schaffe, und dann wird dieser lausige Schlammkloß mir allein gehören. Ich erschlage zwei kapitale Vögel mit einem Stein, nein, tatsächlich wird es so sein, daß sie sich gegenseitig erledigen …
    Vielleicht sollte ich mich am Ende selbst zum Propheten des Schmerzes krönen, warum eigentlich nicht? Moro hatte sich hier eigentlich recht hübsch eingerichtet, bevor wir aufgekreuzt sind. So ein Leben hat viele Vorzüge; man kann töten, wen man will, essen, was man will, tun, was man will, und der ganze Planet nimmt es geduldig hin, weil man sich als Gott verkleidet hat. Warum sollte man das verpfuschen und an den Burschen herumerziehen, so wie Bart es vorhat? Es kann doch alles so bleiben, nur daß ich dann der Boß bin, und jeder, der mich schief ansieht, bekommt von mir eine Karte für die Arena.
    Außerdem klingt es nicht schlecht: Bruder Willem, Prophet des Schmerzes und Oberbonze von ganz Sangre! Das … das hatte einen klassischen Klang …
    Vanderling steckte den Kopf aus der Tür und rief nach Jonson.
    „Schaff diesen Vogel an den Stadtrand von Sade und laß ihn frei“, befahl Vanderling.
    Jonsons blutunterlaufene, tiefliegende Augen blinzelten ungläubig.
    „Jaja, ich weiß, daß der Befehl komisch klingt“, sagte Vanderling. „Aber du sollst dein Gehirn nicht überanstrengen. Ich habe mir einen hübschen, kleinen Plan zurechtgelegt: der Endsieg am Schmerzenstag. Wenn du zurückkommst, gebe ich dir eine doppelte Dosis Herogyn. Vielleicht denkst du einmal darüber nach und bewegst endlich deinen Hintern!“
     
    Vanderling führte seine Männer im Halbdunkel durch die fast menschenleeren Straßen von Sade. Im Tierviertel gab es kein elektrisches Licht. Nur das Sternenlicht des mondlosen Himmels erleuchtete die engen, schmierigen Gassen. Gelegentlich fiel roter Feuerschein durch die Türöffnung einer der dichtgedrängten Hütten.
    Vanderling und seine fünf Herogynsüchtigen hielten Schnittpistolen in den Händen. Drei halbnackte Sangraner schlichen auf der anderen Straßenseite neben ihnen her, und Vanderling sah, daß ihnen vier weitere in etwa zwanzig Metern Entfernung folgten. Er hob die Schnittpistole. Ihr Lauf reflektierte den Feuerschein aus einer nahe gelegenen Hütte. Jetzt erkannten die Sangraner die Waffen, die die Männer trugen. Sie bogen um eine Ecke und huschten davon.
    Jaaa, dachte Vanderling grinsend, sie besitzen immer noch soviel Verstand, daß sie sich nicht mit bewaffneten Männern einlassen. Nur wer eine Waffe trug, wurde nicht als leichte Beute eingeschätzt. Das war auch der Grund, warum die Straßen in der Nacht so leer waren. Jedermann, der nachts umherstreunte, um sich etwas zu essen zu suchen, lief Gefahr, selbst auf dem Eßtisch

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