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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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retten. Oder sollte es möglich sein, daß du so etwas wie Mitleid mit diesem schmierigen Gesindel empfindest? Du darfst nie vergessen, mit welchen Schweinen wir es hier zu tun haben. Gegen Moro sind Caligula, Hitler und de Sade nur kleine Schulbuben. Wenn also unter der Revolution auch Unschuldige zu leiden haben, dann darfst du nie aus den Augen verlieren, daß das am Ende dem Planeten als Ganzes nützen wird. Ich habe zu meinem Erstaunen festgestellt, daß ich diesmal auf der Seite der Guten kämpfe, und ich muß dir sagen: Das finde ich gar nicht mal schlecht.“
    „Laß gut sein, Bart“, versetzte Sophia. „In der strahlenden Ritterrüstung siehst du äußerst lächerlich aus. Ein Held in glänzender Verkleidung, der Rauschgift verkauft … Da steckt doch etwas Persönliches dahinter, nicht wahr? Wozu haben sie dich in dieser Einführungszeremonie gezwungen?“
    Fraden stürzte einen großen Schluck Wein hinunter. Wozu man ihn in der Einführung gezwungen hatte, das … das war etwas, das er mit aller Kraft zu vergessen suchte. Aber er wußte, daß es ihn nicht losließ, und er wollte nicht, daß es zwischen ihn und Sophia trat. So wie er die Dinge betrachtete, war sie außer Willem Vanderling, der irgendwo im Dschungel steckte, der einzige menschliche Begleiter, den er auf diesem Planeten hatte. Er hatte das Verlangen, seine Last mit ihr zu teilen, aber er fürchtete sich davor, sie zu verlieren. Er konnte es sich einfach nicht leisten, ihr die Wahrheit anzuvertrauen.
    „Ich habe es dir doch schon hundertmal erzählt“, murmelte er, „es war einfach ein blöder Hokuspokus.“
    „Du belügst mich, Bart“, sagte sie leise. „Sieh mir in die Augen und sag das noch einmal!“
    Er blickte in ihre großen, sachlichen grünen Augen und versuchte, in ihnen zu lesen. Was lag darin? Leidenschaft? Suche nach der Wahrheit? Oder war es einfach weibliches Mißtrauen und die Bereitschaft zu einer vorschnellen Verurteilung?
    „Also gut, Soph“, antwortete er zögernd. „Ich … sie … sie haben mich zum Töten gezwungen! Mit einer Axt! Mit meinen eigenen Händen! Nur … ein Tier, aber ich mußte es mit eigener Hand umbringen. Ich oder es. Ich habe es getötet, sonst hätten sie mich umgebracht.“
    „Du warst vorher schon für viele Tote verantwortlich, menschliche Tote“, erwiderte sie zynisch. „Warum also …?“
    „Dies war kein Befehl; ich selbst habe es getan. Ich mußte den Todesschrei hören, das Blut sehen, spüren, wie das Fleisch sich unter meiner Axt zerteilte!“ Er schrie plötzlich. „Ich habe noch nie getötet. Das war kein Krieg, das war …“ Er brach ab. Das Wort, das er fast gesagt hätte, war: Mord.
    Ihre Gesichtszüge hatten sich entspannt. Sophia streckte die Arme aus und nahm sein Gesicht in beide Hände. „Es tut mir leid, Bart“, sagte sie. „Ich werde nicht wieder davon anfangen. Irgendwo scheint auch in dir ein Herz verborgen zu sein. Manchmal kann ich spüren, wie es schlägt; schwach zwar, aber immerhin. Du bist der Chef, makelloser Führer.“
    „Danke Soph … Du hast mir geholfen, sehr geholfen. Wenn das hier vorbei ist, mache ich es wieder gut. Ich habe vieles wiedergutzumachen …“
    Einen Augenblick lang spürte er den schmerzhaften Griff eines Gefühls, für das er keinen Namen kannte. „Das muß für heute als Geständnis reichen“, sagte er mit aufgesetzter Schroffheit. „Segne mich, Vater, ich habe gesündigt, drei Konfö-Dollars in den Klingelbeutel und zurück zum Geschäft. Es wird allmählich Zeit, daß ich einmal bei Willem vorbeischaue. Inzwischen müßte er schon eine stattliche Guerilla-Truppe beisammen haben. Daß dieses Anwesen niedergebrannt ist, könnte ein Zufall gewesen sein. Aber es heißt, daß es keine Überlebenden gegeben hat, und deswegen vermute ich, daß wir im Dschungel erste Fortschritte gemacht haben. Wir müssen die Zusammenarbeit koordinieren. Ich werde morgen früh hinausfliegen. Willst du mit mir kommen?“
    „Ich glaube, daß ich noch einige Zeit auf die anregende Gesellschaft der Chromkuppel verzichten kann. Aber berichte ihm bitte, daß ich ihn sehr vermisse. Ich werde hierbleiben. Das Reich der Frau ist sowieso der häusliche Herd.“
     
    „Ich habe schon bessere Truppen in Spielzeugschachteln gesehen“, sagte Fraden, während er wieder und wieder über das Guerillacamp blickte und dann das gequälte Gesicht Vanderlings musterte. Das Lager war eine einzige Enttäuschung. Es war viel kleiner, als er es zu diesem Zeitpunkt

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