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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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begreifen, daß ein Bruder eine solche Frage stellte, auch wenn es ein neuer Bruder war. Andererseits war er auch noch nie einem Außenweltler begegnet. „Die höchste Ehre ist natürlich das Töten“, sagte er schlicht. „Die zweithöchste ist es, in der Schlacht zu sterben. Die vierthöchste ist es, einen weiblichen Sklaven zu genießen. Dieses geringere Vergnügen ist mir im letzten Jahr zehnmal zugestanden worden. Ich habe der Bruderschaft gut gedient.“
    Das paßt gut zusammen, dachte Fraden grimmig. Eine Armee, die in einem vollständigen Zölibat lebte, würde sicherlich furios kämpfen, aber sie wäre schwer zu handhaben. Aber wenn man den gelegentlichen Geschlechtsverkehr zu einer Belohnung macht, dann hält man die Männer unter Kontrolle und verwandelt ihre sexuellen Triebe gleichzeitig in Kampfeslust. Das war logisch. Wenn man die Grundvoraussetzung akzeptierte, daß alle Wesen, die keine Brüder waren, keine Menschen waren, dann war alles, was die Bruderschaft tat, in sich völlig logisch.
    „Das wäre alles Hauptmann“, sagte Fraden. Er schüttelte den Kopf, als der Töter hinter dem Palast verschwunden war. Die Bruderschaft war völlig skrupellos, und wenn er sie besiegen wollte, dann mußte er sich ebenfalls von allen Skrupeln befreien. Und dieser Gedanke gefiel ihm gar nicht.
    „Aber in diesem Fall“, murmelte Fraden gepreßt, „bin ich gern bereit, eine Ausnahme zu machen.“ Die Bruderschaft des Schmerzes kannte die Bedeutung des Wortes Gnade nicht. Und durch Fraden würde sie sie auch nicht erfahren.
     
    „Bart Fraden, das paßt doch überhaupt nicht zu dir“, sagte Sophia O’Hara, während sie in dem Eintopf aus Reis und Gemüse herumstocherte, der zu ihrer Hauptnahrung auf Sangre geworden war. Da es keine irdischen Tiere auf dem Planeten gab und keine eßbare einheimische Fauna, war es nun schon recht lange her, daß einer von ihnen Fleisch gegessen hatte. Sie waren beide nicht bereit, es mit der traditionellen sangranischen Lösung für das Problem des Proteinmangels zu versuchen.
    Fraden saß ihr auf der anderen Seite des Tisches im Hauptraum ihrer Palastsuite gegenüber. Er spülte eine Portion des faden Essens mit einem Schluck des eigentümlich ranzigen sangranischen Weins hinunter. „Zu wem paßt es denn, Sophia?“ fragte er.
    „Für deine albernen Wortspielereien habe ich nicht die rechte Lust“, erwiderte sie. Mit gerunzelter Nase trank auch sie einen Schluck des harzigen Weins. „Ich bin nicht Kugelkopf, und ich bin nicht wie Moro, dieser schmierige Idiot, und auch nicht wie irgendein anderer dieser Kuttenmännlein, die aus einer Irrenanstalt geflüchtet sind. Ich bin Sophia O’Hara, vergiß das nicht! Versuche nicht, mich hinters Licht zu führen. Der Gürtel-Freistaat war nicht gerade das Muster einer sozialen Demokratie, und du hast ihn dir auch nicht dadurch angeeignet, daß du nur reine Gedanken gedacht hast, gewissermaßen also durch die Kraft der Unschuld. Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, daß du dich einmal zum Rauschgifthändler entwickeln würdest.“
    „Omnidren ist kein Rauschgift“, antwortete er ausweichend, wobei er es vermied, ihren Blicken zu begegnen. „Man wird davon nicht körperlich abhängig, und es hat keine schädlichen Nebenwirkungen.“
    „Zweifellos stimuliert es außerdem die Verdauungstätigkeit, beseitigt Kopfschuppen, stärkt den Knochenbau und sorgt für eine gesunde Muskulatur. Vermutlich steigert es nebenher noch die sexuelle Potenz – als ob diese Schweine noch ein Aphrodisiakum nötig hätten, um ihren perversen Appetit anzuregen. Jedenfalls ist mir aufgefallen, daß die meisten deiner sogenannten Brüder den lieben langen Tag glotzäugig in die Gegend starren. Das kann mir natürlich gleich sein, wenn sie sich damit begnügen würden. Aber statt dessen scheint es ihre kleinen Narrheiten noch zu steigern, ihre Todeskampfspiele, Folterorgien und die anderen kleinen Streiche. Gegen diesen Schlammkloß ist das Schwarze Loch von Kalkutta das reinste Pfadfindertreffen. Und mir scheint, du sorgst dafür, daß es noch schlimmer wird.“
    „Am Ende siegt das Gute“, sagte Fraden. „Die Revolution ist ein schmutziges Spiel, und je verkommener das Regime ist, das man umstürzen will, desto weniger Skrupel kann man sich leisten. Je stärker sie sich mit Omnidren vollpumpen, desto weniger Tote wird es später geben. Wenn sie sich volldröhnen und vergnügen, bis es zu spät ist, dann wird das am Ende einige Menschenleben

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