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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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wurde eine Gruppe von Töterkadetten ausgebildet. Aus dem Schlachthaus waren erstickte Schreie zu hören. Hin und wieder schlenderte ein Bruder, von seinem Gefolge begleitet, vorbei. Die meisten waren bis zum Hals voll mit Omnidren. Niemand schien die lange Lastwagen reihe zu beachten, die ihre menschliche Last ins Stadion schaffte. Das war inzwischen zur Alltagsroutine geworden. Ein paar hundert Brüder fanden sich an jedem Tag ein, um die Vorgänge im Stadion zu beobachten, aber die irrsinnige, sorgfältig unblutige Folter war nicht mehr von dieser Volksfestatmosphäre umgeben. Es war ein abstoßend geschäftsmäßiges Schauspiel, das sich bot, wenn die Opfer in einem ständigen Strom ins Stadion gekarrt wurden, wenn sie gefoltert und über den Hof in das ausgedehnte Netz der Verliese unter dem Stadion getrieben wurden. Das Geschäft war die Erzeugung von Wahnsinnigen …
    Meistens war es Fraden gelungen, den Anblick der Folterszenen zu vermeiden, nun, da alles eingespielte Routine war. Er hatte es auch geschafft, sich von den Verliesen unter dem Stadion und dem Massenwahnsinn, den sie bargen, fernzuhalten. Als Moro ihn bedrängte, den Beginn des Ausblutens der Wahnsinnigen zu überwachen und mit dem Extrahieren des Omnidrens zu beginnen, hatte er es erreicht, ihn davon abzubringen, indem er ihm erzählte, es habe keinen Sinn, damit zu beginnen, bevor nicht mindestens eine Zahl von dreihundert Wahnsinnigen beisammen war.
    Und zu diesem Zeitpunkt würde Bruder Bart schon lange verschwunden sein. Denn Fradens Arbeit im Palast war getan. Die Wahnsinnskampagne war zur alltäglichen Routine geworden. Die Bruderschaft war omnidrenabhängig. Wenn Bruder Bart – und mit ihm der Omnidrenvorrat – verschwunden war, dann würde eins dem anderen in die Hände spielen. In ihrer Gier nach einer neuen Omnidrenquelle würden sie die Foltern fortführen und steigern und so das Feuer der Revolution anfachen. Im Augenblick schuf die Kampagne sogar einen unerwarteten Nebeneffekt: Da er ganz von den Foltern in Anspruch genommen war, schien Moro die einlaufenden Berichte zu ignorieren. Wenn hier ein Anwesen überfallen wurde und dort eine Töterpatrouille in einen Hinterhalt geriet, so hielt er dergleichen offensichtlich für zusammenhanglose, übertrieben hochgespielte Ereignisse.
    Ja, die Zeit war endlich gekommen, um diese Schreckensgrube zu verlassen. Die Fundamente für die Revolution waren gelegt. Er hatte Moro bereits davon in Kenntnis gesetzt, daß er wieder einmal eine Reise zum Schiff unternehmen mußte, um weiteres Omnidren herbeizuschaffen. Sophia packte bereits ihre Sachen zusammen, und in etwa einer Stunde …
    „Bruder Bart, der Prophet befiehlt Ihnen, sofort vor ihm zu erscheinen“, sagte hinter ihm eine trockene, knappe Stimme.
    Fraden wandte sich um und erblickte einen dieser unvermeidlichen, schlanken, spitzzähnigen Töter. „Sie kommen mit mir“, schnarrte dieser. „Ihre Anwesenheit in den Verliesen wird gewünscht.“
    Fraden straffte sich, doch dann entspannte er sich wieder ein wenig, als er erkannte, daß der Töter das Gewehr locker über der Schulter hängen hatte und daß der Morgenstern im Gürtel baumelte.
     
    Der Töter führte ihn zu einer kleinen Pforte in einer Seitenmauer des Palastes. Er öffnete sie, sie gingen durch einen kurzen Gang und gelangten über eine lange, schlecht beleuchtete Treppenflucht zu einem kleinen Vorzimmer.
    Auf drei Seiten grenzten große Hallen an den Vorraum, und im Licht der nackten Glühbirnen erkannte Fraden, daß es sich bei diesen Hallen um riesige Zellenblocks handelte. Der Töter geleitete ihn durch die Öffnung zum mittleren Block.
    Es war ein Weg durch ein Tollhaus. Auf beiden Seiten der Halle waren vergitterte Käfige. Ungefähr die Hälfte der Zellen waren belegt. Fünf bis zehn Männer und Frauen teilten sich einen dieser engen Würfel. Einige saßen teilnahmslos in ihren eigenen Exkrementen auf dem kalten Steinboden. Andere kreischten irrsinnig hinter ihm drein, während er mit gesenktem Blick vorbeihastete. Männer hatten ihre Fingernägel in die narbenbedeckten Körper gekrallt, Frauen hockten auf dem Boden und murmelten immer wieder die gleiche Silbe, wie in einem Sprechgesang. Töter gingen auf dem Gang auf und ab, ihre kalten Augen sahen alles. Hin und wieder beendeten sie einen Kampf, indem sie ihre Gewehrläufe durch die Gitterstäbe schoben und lakonische Befehle brüllten.
    Halb benommen folgte Fraden dem Töter durch den Zellenblock. Um den

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