Die Bruderschaft
sich in den Vordergrund. Erstens: Spicer hatte diesmal, zum ersten Mal in vielen Wochen, keine Briefe mitgebracht. Zweitens: Wozu brauchten sie die 5000 Dollar? Wahrscheinlich war es das Bestechungsgeld für ihren neuen Anwalt. Sie hatten diesen Überraschungsangriff gut geplant. In dieser Hinsicht waren sie immer im Vorteil - sie hatten so viel Zeit. Drei hochintelligente Männer, die jede Menge Zeit hatten. Es war einfach nicht gerecht.
Sein Stolz gebot ihm aufzustehen. Er streckte die Hand aus und sagte: »Tut mir Leid, dass es so gekommen ist.«
Spicer schüttelte ihm widerwillig die Hand. Am liebsten hätte er gesagt: Mach, dass du rauskommst.
Als sie einander zum letzten Mal ins Auge sahen, sagte Trevor beinahe im Flüsterton: »Konyers ist euer Mann, Sehr reich. Sehr mächtig. Er weiß von euch.«
Spicer sprang auf wie eine Katze. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Er flüsterte: »Lässt er dich beobachten?«
Trevor nickte und zwinkerte ihm zu. Dann öffnete er die Tür. Ohne ein Wort an Link nahm er den Aktenkoffer. Was hätte er dem Wärter auch sagen sollen? Tut mir leid, alter Freund, aber mit den 1000 Dollar, die du jeden Monat unter der Hand kriegen solltest, ist es jetzt vorbei. Das findest du schade? Dann frag doch mal Joe Roy Spicer nach den Gründen.
Aber er sagte nichts. Er war verwirrt, ihm schwindelte beinahe, und der Alkohol war keine große Hilfe. Was sollte er Wes und Chap sagen? Das war die Frage, die ihn im Augenblick am meisten beschäftigte. Sie würden ihm zusetzen, sobald sie ihn zu fassen bekamen.
Wie immer, aber nun zum letzten Mal, verabschiedete er sich von Link und dann von Vince, Mackey und Rufus am Empfang und trat hinaus in die glühende Sonne.
Wes und Chap hatten ihren Wagen drei Parklücken von seinem Käfer entfernt geparkt. Sie wollten mit ihm reden, gingen aber kein Risiko ein. Trevor beachtete sie nicht, warf den Aktenkoffer auf den Beifahrersitz und setzte sich ans Steuer. Die beiden anderen Wagen folgten ihm auf der Landstraße nach Jacksonville.
Ihre Entscheidung, sich von Trevor zu trennen, war nach sorgfältigsten Erwägungen gefällt worden. Sie hatten sich stundenlang in ihrem kleinen Zimmer verkrochen und die Konyers-Unterlagen studiert, bis sie jeden Brief auswendig kannten. Sie hatten zu dritt Runde um Runde um die Aschenbahn gedreht und ein Szenario nach dem anderen entworfen. Sie hatten gemeinsam gegessen und Karten gespielt und die ganze Zeit im Flüsterton Theorien darüber entwickelt, wer ihre Post überwachte.
Trevor war der nächstliegende Schuldige und der Einzige, über den sie verfügen konnten. Wenn ihre Opfer nachlässig wurden, dann konnten sie, die Richter, nichts daran ändern. Doch wenn ihr Anwalt zu leichtsinnig war, mussten sie ihm das Mandat entziehen. Er war ohnehin kein Mensch, der viel Vertrauen verdiente. Wie viele gute, viel beschäftigte Anwälte wären wohl bereit, für eine Erpressung schwuler Männer ihre Karriere aufs Spiel zu setzen?
Der einzige Grund, warum sie zögerten, Trevor einen Tritt in den Hintern zu geben, war die Angst, er könnte ihnen ihr Geld stehlen. Wenn er das tat, würden sie ihn nicht daran hindern können, doch sie waren bereit, dieses Risiko einzugehen, denn Aaron Lake versprach einen höheren Ertrag. Sie hatten das Gefühl, dass sie Trevor ausbooten mussten, um an Lake heranzukommen.
Spicer erzählte ihnen von seinem Gespräch mit dem Anwalt. Trevors geflüsterte Warnung verblüffte sie. Konyers ließ Trevor beschatten. Konyers wusste von der Bruderschaft. Hieß das, dass Lake ebenfalls Bescheid wusste? Wer war Konyers in Wirklichkeit? Warum hatte Trevor geflüstert, und warum hatte er seinen Aktenkoffer vor die Tür gestellt?
Mit einer Gründlichkeit, zu der nur drei gelangweilte Richter imstande waren, gingen sie diesen und zahllosen weiteren Fragen auf den Grund. Und dann entwarfen sie ihre Strategie. Trevor stand in seiner neuerdings sauberen, blitzenden Küche und kochte Kaffee, als Wes und Chap leise eintraten, um ihn zu verhören.
»Was war los?« fragte Wes. Die beiden runzelten die Stirn und machten einen ziemlich besorgten Eindruck.
»Was meinen Sie damit?« antwortete Trevor, als wäre alles in schönster Ordnung. »Was war mit dem Mikro?«
»Ach, das. Der Wärter hat den Koffer mitgenommen und draußen abgestellt.«
Sie sahen sich stirnrunzelnd an. Trevor goss das Wasser in die Kaffeemaschine. Die Tatsache, dass es bereits fünf Uhr war und Trevor Kaffee kochte,
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