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Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Titel: Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hair
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Beiwerk«, erklärte Alaron. »Die letzten beiden Wochen sind die eigentliche Prüfung.«
    »Ist das so?«, fragte Vann in seiner bedächtigen Art. »Ich hätte gedacht, es sei eher andersherum.«
    »Wie meinst du das, Pap?«
    »Natürlich sind eure gnostischen Fähigkeiten wichtig, aber ich glaube, worum es tatsächlich geht, ist eure Einstellung. Seid ihr bereit, Befehle zu befolgen? Auf Kommando zu töten? Habt ihr den Mut, dem Tod ins Auge zu sehen? Mich zumindest würde das interessieren, wenn ich Rekruteur wäre.«
    Die beiden Gnosisschüler blickten einander unbehaglich an. Keiner von ihnen war der gehorsame Typ.
    In Woche drei waren es immer zwei Prüfungen, eine am Vormittag und eine am Nachmittag, weshalb sie den ganzen Tag an der Schule verbringen mussten. Gleich am ersten Morgen nahmen die Reinen den Aufenthaltsraum in Beschlag, also begnügten Alaron und Ramon sich mit dem Garten. Sie sprachen nicht viel. Zuerst wurden die Grundlagen geprüft: Schutz, Abwehr, Ziele mit Gnosisfeuer zerstören. Zu diesem Zweck wurde ihnen ein Bernsteinamulett zur Verfügung gestellt, und beide fanden, dass es sich gut anfühlte, etwas in die Luft sprengen zu dürfen. Irgendwie beruhigend.
    Auch das Mittagessen nahmen sie im Garten ein, um den Reinen aus dem Weg zu gehen, deren prahlerisches Gelächter durch das ganze Gemäuer hallte. Am Nachmittag wurden die Aufgaben anspruchsvoller. Sie mussten ihr Geschick mit den Runen unter Beweis stellen, alle möglichen Konstellationen aus dem Gedächtnis abrufen, um mal diesen, mal jenen Effekt zu erzielen. Die Prüfer ließen Alaron jede Anwendung demonstrieren, die sie durchgenommen hatten. Angriff und Abwehr, Verhüllen und Finden, Verschließen und Aufbrechen – all jene Gnosisaufgaben, die sie als Absolventen später tagtäglich würden erledigen müssen. Als sie endlich mit allem durch waren, war Alaron schwindlig. Er war komplett durchgeschwitzt, die Luft um ihn herum immer noch aufgeladen mit knisternder Energie.
    »Etwas schwerfällig. Eindeutig nicht mehr als ein Routinemagus«, merkte Fyrell an, und Alaron zuckte zusammen. Routinemagus war ein abwertender Ausdruck für einen Magus, der die Gnosis nur in Grundzügen beherrschte, plump und uneffektiv. Alaron wusste, er konnte mehr.
    Der Rest der Woche war Hermetik und der Theurgie gewidmet. Sie mussten alles vorführen, was sie in diesen Bereichen während der letzten sieben Jahre gelernt hatten, vom billigsten Trick bis zur komplexesten Verwünschung. Jeder hatte seine ganz eigene Affinität zu einem Bereich der Gnosis. Alaron tat sich mit Zauberei am leichtesten, Ramon bevorzugte eher die Hermetik, das genaue Gegenteil der Zauberei, womit Alaron wiederum Schwierigkeiten hatte. Aber wenigstens kam er mit Theurgie einigermaßen zurecht. Es stand viel auf dem Spiel, aber irgendwie spornte die Anspannung sie beide zu Höchstleistungen an, und ihnen gelangen Dinge, mit denen sie im Unterricht die größten Schwierigkeiten gehabt hatten. So konnte Alaron einen Wolf bezähmen, bevor dieser ihn angriff, etwas, was ihm noch nie zuvor gelungen war. Es war wie eine Rehabilitation nach sieben Jahren quälenden Unterrichts von herablassenden Lehrern, die taten, als sei es unter ihrer Würde, sich mit einem Viertelblut und Händlerssohn abzugeben.
    Am Sabadag schliefen sie lange, und nachdem es ihnen gelungen war, Vann davon zu überzeugen, dass sie Erholung nötiger hatten als göttlichen Segen, erlaubte er ihnen, auch den Kirchgang auszulassen. Stattdessen stießen sie nach dem Abendessen auf die letzte Runde des Rennens an, wie Ramon es nannte.
    In der letzten Prüfungswoche streckte der Winter seine kalten Finger von den weißen Spitzen der Arken hinunter ins Tal und suchte Norostein mit den ersten Schneefällen heim. Wenigstens hielt Feuerthaumaturgie die Finger warm! Die Elemente zu beeinflussen war nicht sonderlich kompliziert, aber für Alaron immer noch schwierig genug. Er war ein passabler Feuermagus und konnte einigermaßen mit Erde umgehen. Mit Luft klappte es weniger gut, und mit Wasser konnte er überhaupt nichts anfangen.
    Sein Problem war das Zaubern selbst. Laut seinen Eingangstests hätte es seine Stärke sein sollen, aber alle vier Teilgebiete – Geisterbeschwörung, Hexerei, Divination und Hellsicht – machten ihn nervös. Geister ließen ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er konnte die theoretischen Aspekte zwar erklären, aber als er versuchte zu hexen, versagte er kläglich. Dasselbe passierte bei der

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