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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zurückgereicht worden, daß sie dann,
wenn sie zu jemandem gelangen, der fähig – und willens
– ist, sie zu beantworten, buchstäblich jede Bedeutung
verloren haben werden… und daß, falls sie durch irgendein
Wunder diesen Prozeß gerade noch rein genug überstehen, um
verständlich zu bleiben, eine jede Antwort, sollte sie auch noch
so hilfreich gemeint und als ein Muster an Klarheit abgefaßt
sein, bis zu dem Zeitpunkt, wo sie mich endlich erreicht, mit noch
größerer Wahrscheinlichkeit zu völliger
Unverständlichkeit degeneriert sein wird.
    Ich fand die ganze Forschungsarbeit so frustrierend, daß ich
einmal allen Ernstes überlegte, ob ich mich als Blinder
Passagier auf einem Expreßzug einschleichen und selbst auf die
Suche nach der verdammten City oder dem verdammten Königreich
machen solle. Offiziell beschränkt mein Armband, das mich
identifiziert und den Trambahnschaffnern sagt, welche Klinikabteilung
mit meinem Fahrschein zu belasten ist, meine Reisen auf die Strecke
zwischen zwei Trambahn-Endhaltestellen. Das gibt mir eine Reichweite
von einem Dutzend Brückenabschnitten und ungefähr die
gleiche Anzahl von Meilen in beiden Richtungen. Eine durchaus
großzügige Regelung, aber trotzdem eine
Beschränkung.
    Ich ließ den Plan mit dem Blinden Passagier fallen, denn ich
finde, es ist wichtiger, daß ich das verlorene Territorium in
meinem Schädel wiedergewinne, als daß ich nach Land auf
Erkundung ausziehe, das hier verlorengegangen ist. Vorerst bleibe ich
hier; vielleicht gehe ich, wenn ich geheilt bin.
    »Morgen, Orr.«
    Das ist Mr. Brooke, ein Ingenieur, den ich in der Klinik
kennengelernt habe, ein kleiner, dunkler, bedrückt wirkender
Mann. Mit finsterer Miene läßt er sich schwerfällig
mir gegenüber nieder. »Guten Morgen, Brooke«, sage
ich.
    »Haben Sie diese verdammten…« Seine Miene wird noch
finsterer.
    »Flugzeuge gesehen? Ja. Sie auch?«
    »Nein, nur den Rauch. Verdammte Frechheit.«
    »Sie billigen das nicht.«
    »Billigen?« fragt Brooke schockiert. »Es ist nicht
meine Sache, es zu billigen oder mißbilligen, aber ich habe
einen Freund von mir bei Transport und Fahrplangestaltung angerufen,
und da weiß man gar nichts über diese… diese
Flugzeuge. Für diese Sache gab es nicht die Spur einer
Genehmigung. Köpfe werden rollen, merken Sie sich meine
Worte.«
    »Gibt es ein Gesetz gegen das, was sie getan haben?«
    »Es gibt kein Gesetz, das es erlaubt, Orr, das ist der
springende Punkt. Du meine Güte, Mann, die Leute können
doch nicht hingehen und etwas tun, nur weil sie Lust dazu haben, nur
weil es ihnen in den Sinn gekommen ist! Es muß doch ein…
ein Rahmenwerk geben.« Er schüttelt den Kopf. »Gott,
Sie haben manchmal schon komische Vorstellungen, Orr.«
    »Ich bin der letzte, der das leugnen würde.«
    Brooke bestellt Kedgeree, ein Reisgericht mit Fleisch und harten
Eiern. Wir haben in der Klinik im gleichen Zimmer gelegen, und er war
ebenfalls Patient von Dr. Joyce. Brooke ist Oberingenieur, und sein
Spezialgebiet ist die Wirkung des Gewichtes der Brücke auf den
Meeresboden. Er wurde bei einem Unfall in einem der Caissons, die die
granitbeschuhten Füße des Bauwerks stützen, verletzt.
Körperlich hat er sich wieder erholt, aber er leidet noch an
akuter Schlaflosigkeit. Brooke hat etwas an sich, das bei mir immer
den Eindruck erweckt, als sei er schlecht beleuchtet; selbst in
direktem Sonnenlicht scheint er im Schatten zu stehen.
    »Mir ist heute morgen noch etwas Merkwürdiges
passiert«, erzähle ich ihm. Er blickt wachsam drein.
    »Wirklich?« fragt er. Ich berichte ihm von dem Mann in
dem Krankenhausbett, dem Fernseher, der sich von selbst einschaltet,
und dem nicht funktionierenden Telefon. Er reagiert erleichtert.
»Oh, so etwas geschieht immerzu, da kreuzen sich irgendwo
Leitungen, möchte ich wetten. Rufen Sie nur Reparatur und
Wartung an und ärgern Sie die Leute so lange, bis sie etwas
dagegen unternehmen.«
    »Das werde ich tun.«
    »Wie geht es diesem Quacksalber Joyce?«
    »Er ist immer noch mit mir zugange. Neuerdings habe ich
bestimmte Träume, aber ich glaube, sie könnten für den
guten Doktor zu… strukturiert sein. Den ersten hat er praktisch
ignoriert. Er kritisierte mich, weil ich meine Forschungen aufgegeben
habe.«
    Brooke schnalzt mit der Zunge. »Nun, Orr, er ist der Arzt und
so weiter, aber wenn ich Sie wäre, würde ich keine Zeit
mehr mit all diesen…« – er hält inne, sucht nach
einem Ausdruck, der scharf genug ist – »… Fragen

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