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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Robert Jamisson in die Hände gefallen war.
    Lizzie war stets der Mittelpunkt im Leben ihrer Mutter gewesen, und sie war nie auf den Gedanken gekommen, daß sich dies eines Tages vielleicht ändern könne. Doch nun war Mutter Pfarrersgattin in Aberdeen, hatte drei Stiefkinder, um die sie sich kümmern mußte, und würde vielleicht selber noch einmal schwanger werden.
    Für Lizzie bedeutete dies, daß sie keine andere Heimat mehr hatte als die Plantage und keine andere Familie mehr als Jay.
    Sie war fest entschlossen, aus diesen Umständen das Beste zu machen.
    Sie genoß Privilegien, um die viele Frauen sie beneiden würden: ein großes Haus, ein Gut von tausend Morgen, einen gutaussehenden Ehemann sowie Sklaven, die tun mußten, was sie ihnen auftrug. Die Haussklaven hatten sie ins Herz geschlossen: Sarah war die Köchin, die dicke Belle putzte vor allem, und Mildred war Lizzies persönliche Zofe und kümmerte sich manchmal auch ums Servieren. Belle hatte einen zwölfjährigen Sohn, Jimmy, der als Stallbursche arbeitete. Sein Vater war vor Jahren irgendwohin verkauft worden. Von den Feldarbeitern hatte Lizzie bislang nur einige wenige kennengelernt. Abgesehen von Mack, kannte und schätzte sie Kobe, den Aufseher, sowie den Schmied Cass, der hinter dem Haus seine Werkstatt hatte.
    Das Haus war groß und sehr geräumig, doch kam es ihr leer und verlassen vor. Es war einfach zu groß. Für eine Familie mit sechs heranwachsenden Kindern, Großeltern, ein paar Tanten und ganzen Heerscharen von Sklaven, die überall einheizten und bei den großen gemeinsamen Mahlzeiten bedienten, wäre es das richtige gewesen - für Lizzie und Jay war es ein Mausoleum. Das Land war dagegen wunderschön: dichte Wälder, breite, sanft gewellte Felder und an die hundert kleine Bäche.
    Lizzie wußte längst, daß Jay nicht ganz der Mann war, den sie einst in ihm gesehen hatte. Der tollkühne Freigeist, für den sie ihn damals, als er sie in die Kohlegrube führte, gehalten hatte, war er jedenfalls nicht. Er hatte sie über den Kohleabbau auf High Glen belogen und mit seiner Unaufrichtigkeit tief erschüttert. Seither waren ihre Gefühle für ihn nicht mehr die gleichen wie am Anfang ihrer Beziehung. Das fröhliche Herumtollen im Bett an frühen Vormittagen war vorbei. Sie verbrachten den Großteil des Tages getrennt. Zwar nahmen sie Mittag-und Abendessen gemeinsam ein, saßen aber niemals, wie früher, händchenhaltend vor dem Kamin, ohne über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Aber vielleicht war auch Jay enttäuscht. Vielleicht empfand er ihr gegenüber genauso: daß sie nicht so perfekt war, wie er einst geglaubt hatte. Es hatte keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie mußten einander so nehmen, wie sie waren.
    Trotz allem drängte es Lizzie oft, einfach davonzulaufen, doch jedesmal, wenn sie daran dachte, mußte sie gleich auch an das Kind denken, das in ihr heranwuchs. Die Zeiten, da sie nur an sich selbst zu denken hatte, waren unwiderruflich vorbei. Das Kind brauchte seinen Vater.
    Jay sprach nicht oft über das Baby. Es schien ihn nicht sonderlich zu interessieren. Wenn es erst einmal da ist, wird sich das ändern, dachte Lizzie, vor allem, wenn es ein Junge ist.
    Sie legte den Brief in eine Schublade, gab den Sklaven Anweisungen für den Tag, zog ihren Mantel über und ging hinaus.
    Die Luft war kühl. Seit ihrer Ankunft auf Mockjack Hall waren inzwischen zwei Monate vergangen, und es war Mitte Oktober. Lizzie ging über den Rasen hinab zum Fluß. Sie war inzwischen im siebten Monat und spürte das Baby strampeln. Manchmal tat es richtig weh. Das Reiten hatte sie aus Furcht, sie könnte dem Kind dadurch schaden, inzwischen aufgegeben.
    Dennoch umrundete sie fast täglich die ganze Pflanzung. Sie benötigte dazu mehrere Stunden und wurde meist von Roy und Rex begleitet, zwei Jagdhunden, die Jay angeschafft hatte. Sie behielt den Fortgang der Arbeiten genau im Auge, denn Jay zeigte dafür nicht das geringste Interesse. Sie erfuhr, wie der Tabak geerntet und aufbereitet wurde, und zählte die Ballen. Sie sah, wie die Männer Bäume fällten und daraus Fässer herstellten. Sie betrachtete die Kühe und Pferde auf den Weiden und die Hühner und Gänse im Hof. Heute war Sonntag, der freie Tag der Landarbeiter. Da Sowerby und Lennox sich irgendwo anders herumtrieben, konnte sie sich ungestört umsehen. Roy folgte ihr, während Rex faul auf der Veranda liegen blieb.
    Die Tabakernte war in der Scheuer, doch ihre Verarbeitung

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