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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Land zu ziehen. Es muß furchtbar aufregend sein!«
    »Das Leben da draußen ist ziemlich rauh«, erwiderte Jay. »Ihnen würden sicher verschiedene Annehmlichkeiten fehlen, an die Sie sich hierzulande gewöhnt haben - Läden, Opernaufführungen, die neueste französische Mode und so weiter.«
    »Das kann mir alles gestohlen bleiben!« rief Lizzie voller Verachtung. »Ich hasse diese Kleider!« Sie trug einen gerafften Rock und ein eng geschnürtes Mieder. »Am liebsten würde ich mich anziehen wie ein Mann - Hose, Hemd, Reitstiefel…«
    Jay lachte. »Das ginge vermutlich sogar auf Barbados ein bißchen zu weit.«
    Lizzies Gedanken überschlugen sich. Angenommen, Robert würde mich nach Barbados bringen, dachte sie. Ich würde ihn auf der Stelle heiraten!
    »Die Arbeit wird Ihnen dort natürlich von Sklaven abgenommen«, ergänzte Jay.
    Ein paar Meter oberhalb der Brücke erreichten sie den Waldrand. Am anderen Ufer waren Grubenarbeiter zu erkennen, die im Gänsemarsch zur Kirche gingen.
    Lizzie bekam Barbados nicht aus ihrem Kopf. »Sklaven besitzen und mit ihnen machen können, was man will, ganz als wären es Tiere! Das muß ein komisches Gefühl sein. Finden Sie nicht auch?«
    »Aber ganz und gar nicht«, erwiderte Jay lächelnd.

Kapitel 3
    DIE KLEINE KIRCHE WAR RANDVOLL. Die Familie Jamisson und ihre Gäste - die Frauen in weiten Röcken, die Männer mit Schwertern und dreieckigen Hüten - beanspruchten einen Großteil des verfügbaren Platzes. Die Kumpel und Pächter, die sonst die sonntägliche Kirchengemeinde bildeten, wahrten gebührenden Abstand, als fürchteten sie, die feinen Kleider zu berühren und sie mit Kohlestaub oder Kuhdung zu beschmutzen.
    Gegenüber Esther hatte Mack den kleinen Helden hervorgekehrt, doch innerlich war er voller Furcht. Die Grubenbesitzer hatten das Recht, Bergarbeiter auspeitschen zu lassen. Sir George Jamisson war obendrein Richter, was bedeutete, daß er andere Menschen an den Galgen bringen konnte. Niemand würde es wagen, ihm zu widersprechen. Für jemanden wie Mack war es in der Tat äußerst töricht, den Zorn eines so mächtigen Mannes auf sich zu lenken.
    Aber Recht war Recht. Mack und die anderen Bergarbeiter wurden ungerecht, ja, illegal behandelt, und jedesmal wenn Mack daran dachte, stieg ihm die Zornesröte ins Gesicht. Am liebsten hätte er es ihnen von allen Hausdächern aus entgegengeschrien. Es widerstrebte ihm, die Neuigkeit heimlich unter die Leute zu bringen, als wäre sie gar nicht wahr. Entweder er faßte sich ein Herz - oder er fing gar nicht erst damit an.
    Vorübergehend zog er ernsthaft einen Rückzieher in Betracht. Warum sollte er den Aufrührer spielen? Dann stimmte die Gemeinde das erste Lied an, und der harmonische Gesang der Kumpel erfüllte die Kirche. Mack hörte hinter sich den schwellenden Tenor Jimmy Lees, des besten Sängers im Dorf.
    Der Gesang ließ ihn an High Glen denken, an seinen Traum von der Freiheit. Er riß sich zusammen und beschloß, seinen Plan wie vorgesehen auszuführen.
    Der Pastor, Reverend John York, war ein sanfter Mann von vierzig Jahren mit schütterem Haar. Er sprach zögernd, sichtlich befangen vom Glanz des hohen Besuchs. In seiner Predigt ging es um die Wahrheit. Wie wird er reagieren, wenn ich den Brief vorlese, dachte Mack. Gefühlsmäßig zieht es ihn gewiß auf die Seite des Grubenbesitzers. Wahrscheinlich hat man ihn zum Mittagessen aufs Schloß geladen… Andererseits ist er Pfarrer und von daher auch unabhängig von dem, was Sir George vielleicht sagen mag, der Gerechtigkeit verpflichtet - oder?
    Das einfache Mauerwerk der Kirche war nackt und kahl. Natürlich brannte nirgendwo ein Feuer. Während sein Atem in der kalten Luft kleine Nebelwolken bildete, beobachtete Mack die Menschen aus dem Schloß.
    Die Angehörigen der Familie Jamisson waren ihm zum größten Teil bekannt. Als kleiner Junge hatte er viel Zeit dort verbracht. Der fette, rotgesichtige Sir George war unverkennbar. Seine Gattin trug ein rosafarbenes Rüschenkleid, das an einer jüngeren Frau vielleicht ganz hübsch ausgesehen hätte. Auch Robert, der ältere der beiden Söhne, war da. Sein Blick war hart und humorlos. Obwohl erst sechsundzwanzig, sah er mit seinem Bauchansatz dem Vater bereits ziemlich ähnlich. Neben ihm saß ein hübscher blonder Jüngling, ungefähr in Macks Alter - das mußte Jay sein, der jüngere Sohn. Als Mack sechs Jahre alt war, hatte er den ganzen Sommer über mit Jay in den Wäldern um Schloß Jamisson gespielt.

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