Die Brücken Der Freiheit: Roman
auf acht Pfund ausgestellt, und sie hat achtzig daraus gemacht.«
»Von wem hat sie denn den Wechsel bekommen?«
»Von Lord Massey. Sie behauptet, er habe ihr weit mehr geschuldet.«
»Es hätte gereicht, sie zu deportieren. Hängen ist zu hart.«
»Fälscher werden fast immer gehängt.«
Sie hatten die Absperrung fast erreicht und waren nur noch etwa zwanzig Meter vom Schafott entfernt. Der Galgen war eine einfache Holzkonstruktion und bestand lediglich aus drei Pfosten mit Querbalken, an denen bereits fünf mit Schlingen versehene Stricke hingen.
Neben dem Galgen standen ein Kaplan und eine Handvoll Männer, bei denen es sich offenbar um offizielle Vertreter des Gerichts handelte. Mit Musketen bewaffnete Soldaten hielten die Menge auf Distanz.
Weiter unten in der Tyburn Street war ein Getöse zu vernehmen, das allmählich näher kam. »Was ist das für ein Lärm?« fragte Mack.
»Sie kommen«, antwortete Cora.
Der Zug mit den Delinquenten wurde von einer Abteilung berittener Wachen angeführt, an deren Spitze anscheinend der Marschall der städtischen Polizei stand. Ein Trupp mit Schlagstöcken bewehrter Konstabler folgte und danach ein hoher, von Ackergäulen gezogener vierrädriger Karren mit den Verurteilten. Die Nachhut bildete eine Abteilung Spießträger, deren spitze Waffen senkrecht nach oben gerichtet waren.
An Armen und Händen gefesselt, hockten auf Kisten, bei denen es sich wahrscheinlich um Särge handelte, fünf Menschen: drei Männer, ein ungefähr fünfzehnjähriger Junge und eine Frau.
»Das ist Dolly«, sagte Cora und fing an zu weinen.
Mit der Faszination des Grauens starrte Mack die fünf Delinquenten an. Einer der Männer war betrunken, die anderen beiden wirkten renitent. Dolly betete laut, und der Junge weinte.
Unter dem Schafott hielt der Karren an. Der Betrunkene winkte einigen verwegen aussehenden Gestalten zu, die ganz vorne in der Zuschauermenge standen. Sie scherzten und riefen ihrem Kumpan makabere Bemerkungen zu: »Nette Einladung vom Sheriff, was?« - »Hoffentlich kannst du tanzen!« - »Probier mal, ob dir das Halsband überhaupt paßt!« Dolly bat mit lauter, klarer Stimme den Herrn um Vergebung. Der Junge heulte erbärmlich. »Mama!« rief er unter Schluchzern. »Hilf mir, Mama!«
Die beiden nüchternen Männer wurden von einer anderen Gruppe begrüßt, die ebenfalls in der ersten Reihe stand. An ihrem Dialekt erkannte Mack, daß es sich um Iren handelte. Einer der Verurteilten rief: »Sorgt dafür, daß meine Leiche nicht den Chirurgen in die Hände fällt!« Seine Freunde stimmten ihm lauthals zu.
»Was meinen sie damit?« fragte Mack Cora.
»Er muß ein Mörder sein. Mörderleichen gehören den Chirurgen. Sie schneiden sie auf und schauen nach, was drin ist.«
Mack schauderte.
Der Henker kletterte auf den Karren. Nacheinander legte er jedem der Verurteilten eine Schlinge um den Hals und zog sie fest. Keiner der Betroffenen wehrte sich, protestierte oder versuchte zu fliehen; es wäre angesichts der strengen Bewachung auch sinnlos gewesen.
Ich hätte es trotzdem probiert, dachte Mack.
Der Priester, ein kahlköpfiger Mann in fleckiger Soutane, kletterte nun ebenfalls auf den Karren und sprach mit den Delinquenten. Mit dem Betrunkenen wechselte er nur wenige Worte. Vier oder fünf Minuten widmete er sich den beiden anderen Männern; etwas länger verweilte er bei Dolly und dem Jungen.
Mack hatte schon gehört, daß es bei Hinrichtungen gelegentlich zu Pannen kam, und er begann zu hoffen, daß es auch diesmal der Fall sein würde. Der Henkerstrick konnte reißen. Manchmal rotteten sich entschlossene Zuschauer zusammen, stürmten das Schafott und befreiten die Gefangenen. Es kam auch vor, daß die Delinquenten noch nicht gestorben waren, wenn der Henker sie vom Galgen schnitt. Die Vorstellung, daß diese fünf lebendigen Menschen in ein paar Minuten tot sein sollten, war einfach zu furchtbar.
Der Priester hatte seine Arbeit getan. Der Henker verband den fünf Verurteilten die Augen mit Tuchstreifen und kletterte vom Karren, auf dem sich jetzt nur noch die Delinquenten befanden. Der Betrunkene konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, stolperte und fiel. Die Schlinge um seinen Hals begann ihn zu erwürgen. Dolly betete und betete.
Der Henker gab den Pferden die Peitsche .
Lizzie schrie unwillkürlich auf. »Nein! « Mit einem Ruck setzte sich der Karren in Bewegung . Nochmals schlug der Henker auf die Pferde ein, worauf dies e in einen leichten
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