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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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und hatten ihn auf ein frisches Laken gelegt. Dann waren sie erneut um sein Bett herumgetanzt, Aisha Nakondi auch. Anschließend hatten sie ihn liebevoll zugedeckt.
    Das war’s. Die zwei heilkundigen Frauen hatten ihre Masken ausgezogen und sich den Schweiß von der Stirn gewischt, und Aisha Nakondi hatte sich ihre Stadtkleider angezogen. Sie hatten Hassan Heinrich mitgeteilt, dass es drei Tage dauern würde, dass die zwei Gäste von den Barundi nach Hause fahren und Aisha Nakondi und Mkal drei Tage bleiben würden.
    Jetzt waren diese drei Tage also um.
    Oscar war sprachlos. Er hatte sich von seinem Fieber noch nicht ganz erholt und fühlte sich immer noch schwach. Aber ganz offensichtlich war die Krankheit überwunden.
    An Zauberei glaubte er nicht, zumindest wollte er sich das nicht eingestehen. Seine Wissenschaften waren die Physik und die Mathematik, und dieses Wissen hatte er nach Afrika bringen wollen. Medizin war ein ganz anderes Gebiet des menschlichen Wissensschatzes.
    Rein logisch betrachtet, konnten schwarze Masken und Tänze keine medizinische Wirkung haben. Oder doch? Jedenfalls hatten sie sein Fieber gesenkt, indem sie ihn rasch abgekühlt und seine Haut mit irgendwelchen Mitteln eingerieben hatten. Diese Mittel waren von seiner Haut wie bestimmte Pflanzengifte resorbiert worden. Nachweislich hatte das sein Fieber, das im Begriff gewesen war, ihn zu töten, vertrieben.
    Aber das war nur der erste Schritt. Dieser Meinung wäre sicher auch Dr. Ernst gewesen. Danach war es ihnen gelungen, den Widerstand seines Körpers gegen Nahrungs-und Flüssigkeitsaufnahme zu überwinden und ihn auf diese Weise vor dem Austrocknen zu bewahren. Auch das war eine Tatsache.
    Die erotische Komponente – welch ein fantastischer Gedanke, dass er bewusstlos und dem Tode nah mit Aisha Nakondi geschlafen hatte – konnte keinesfalls die chemischen Prozesse in seinem Körper beeinflusst haben. Die Idee von der heilenden Kraft der Liebe war doch vermutlich eher literarisch als naturwissenschaftlich begründet?
    Eine weitere Tatsache, von der sich nicht absehen ließ, war, dass die Barundi die Malaria besiegt hatten, sei es
durch Tanz, erotische Rituale oder Chemie. Sie hatten die Malaria ohne die Hilfe des weißen Mannes besiegt. Das Wissen darüber, wie die Barundi der Malaria Herr geworden waren und wie sie ihm das tödliche Fieber, das im Augenblick in der Hauptstadt vielen Menschen den Tod brachte, ausgetrieben hatten, könnte der Zivilisation von großem Nutzen sein.
    »Jetzt tun wir Folgendes, Hassan Heinrich«, sagte Oscar in seinem normalen Befehlston. »Du lässt mir ein Bad ein. Ich will mich waschen und brauche frische Kleider. Die Bettwäsche wird verbrannt. Dann will ich mich rasieren. In drei Stunden, wenn die Sonne untergeht, will ich meine Frau und meinen Sohn sehen.«
    Hassan Heinrich zeigte mit einer Verbeugung, dass er verstanden hatte. Als Oscar versuchte, beide Beine über die Bettkante zu schwingen, um wie immer mit einem Satz aufzustehen, gaben seine Beine unter ihm nach. Lachend richtete er sich auf, ohne sich von Hassan Heinrich helfen zu lassen.
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich dachte, ich wäre wieder ganz gesund. Aber ich muss vermutlich erst noch mehr trinken. Ich hätte gerne gegrillten Fisch für uns drei. Gegessen wird auf der Terrasse. Das kannst du ihnen ausrichten!«
    Er stand lange unter der lauwarmen Dusche. Die überschäumende Energie, die er ob seiner Rückkehr ins Leben verspürt hatte, war verflogen, und er musste sich eingestehen, dass er sich ziemlich schwach fühlte. Afrika hätte ihn fast das Leben gekostet, wie die treuherzigen Missionare oder Hans Christian mit seiner unerwiderten Liebe zur Jagd.
    Erneut schob er die Erinnerungen an Hans Christians einem fatalen Fehler geschuldeten Tod beiseite. Afrika kannte kein Erbarmen mit den Schwachen. Oder mit edlen Absichten. Vielleicht war es ratsam, das letzte Erlebnis als Warnung aufzufassen. Er war im finsteren Tal des Todes gewandert, ohne sich darüber bewusst zu sein und ohne die schützende Hand irgendeines Gottes über sich. Hassan Heinrich und Aisha Nakondi hatten ihn gerettet, so wie ihn vorher schon einmal Kadimba gerettet hatte. Sie waren Afrikaner. Dr. Pilz war machtlos gewesen.
    Er hatte seinen Beitrag für Afrika geleistet. Die Eisenbahnlinien waren seit Langem fertiggestellt, und die Züge fuhren wie in Deutschland fahrplanmäßig. Dazu hatte er sein Teil beigetragen, und zwar mehr als die meisten anderen. Und es gab noch

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