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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Tropenhelm wie eine blutgefüllte Kugel. Der Mann fiel steif mit herabhängenden Armen um, während Oscar nachlud und den anderen Offizier auf gleiche Weise erschoss.
    Avande sah ihn entsetzt an. Selbst Engländer konnten sicherlich den Knall eines Revolvers von dem eines großkalibrigen Mausergewehrs unterscheiden.
    Aber nichts geschah, keine Truppen mit gezogenen Waffen kamen angerannt.
    »Avande!«, befahl Oscar verbissen. »Lauf dorthin und bring den Mann mit dem Bart und den Narben von den Löwenkrallen hierher. Ich gebe dir Deckung! Grüße ihn von Bwana Oscar!«
    Avande zögerte eine Sekunde mit aufgerissenen Augen, aber dann eilte er mit hochgezogenen Schultern los, während Oscar zwei neue Patronen in sein Gewehr schob und das englische Lager ins Visier nahm.
    Avande war gerade mit seinem Fang zurückgekehrt, als ein weiterer englischer Offizier im Hintergrund auftauchte. Er hob eine Trillerpfeife an die Lippen, da explodierte auch schon sein Kopf unterm Tropenhelm.
    Oscar beugte sich rasch zu Kadimba vor, umarmte ihn wortlos und bedeutete Avande, seinen stark hinkenden Freund Richtung Lager mitzunehmen, während er stehen blieb und den Rückzug deckte. Er schob eine weitere Patrone in sein Gewehr und suchte unter einem Busch mit großen, glänzenden Blättern Schutz, auf die der Regen wie fernes Maschinenpistolenfeuer prasselte. Die schwarzen Soldaten, die den weißen Offizier begleitet hatten, waren zu ihren Leuten zurückgekehrt, wo es, wenn Oscar richtig
gezählt hatte, nur noch einen Offizier mit Tropenhelm gab. Nichts geschah, was Oscar unbegreiflich war. Sie hätten angreifen müssen. Andererseits wussten sie nicht, dass sie es nur mit einem Mann zu tun hatten und nicht mit einer ganzen deutschen Kompanie. Außerdem waren Engländer von Natur aus feige. Vielleicht waren sie in die andere Richtung geflüchtet. Nein, intelligenter war es, sich im Kreis zu bewegen, um den Feind von der Seite oder von hinten zu erwischen.
    Während er sich langsam rückwärts bewegte, verwischte er seine Fußspuren im schwarzen, lehmigen Morast. Nachdem er auf diese Weise ein gutes Stück zwischen sich und die Engländer gelegt hatte, richtete er sich auf und spähte in den dichten Regen. Nirgendwo eine Bewegung. Er machte ein paar Schritte in die falsche Richtung und ließ deutliche Abdrücke zurück, die mindestens eine halbe Stunde lang zu sehen sein würden. Dann ging er in die entgegengesetzte Richtung und trat nur auf Zweige und große Blätter, um keine Spuren zu hinterlassen. Danach kehrte er noch einmal zurück und suchte nach den Spuren Avandes und Kadimbas, verwischte sie auf einigen Metern, ging zurück, sorgte für frische, in die Irre führende Spuren, erhob sich und schaute sich aufmerksam um, sah und hörte aber nichts anderes als den Regen.
    Er brachte sein Gewehr hinter einem Baumstamm in Schussposition und wartete. Wenn sich der Feind inzwischen auf die Suche gemacht hatte, so musste er sich ihm nun nähern oder ganz in der Nähe an ihm vorbeiziehen. Die klassischen Grundregeln der Jagd galten auch hier. Wer still stand, war im Vorteil, wer sich bewegte, verriet sich, das galt für Tier sowie für Mensch.
    Nach zwanzig Minuten fand er, die Gefahr sei vorüber, und kehrte zu den anderen zurück. Werner Schönfeldt war außer sich. Die Truppe saß zusammengedrängt unter ein paar Zeltplanen, alle durchnässt, aber unter der Plane spielte es zumindest keine Rolle, dass der Wolkenbruch jegliche Sicht raubte. Unterhaltungen waren nur schreiend möglich, da es galt, das Donnern der Wassermassen zu übertönen, aber der Feind würde ohnehin nichts hören. Oscar bekam kaum etwas von der Gardinenpredigt mit, das Einzige, was er schreiend zu seiner Verteidigung vorbrachte, war, dass dies Kadimba sei, sein bester Freund in Afrika, egal, ob schwarz oder weiß, und dass er mehr erzählen würde, wenn sie wieder ihren Stützpunkt auf dem Plateau erreicht hätten. Mit Genugtuung stellte er fest, dass man Kadimbas Fuß nach allen Regeln der Kunst verbunden hatte. Ihr Trupp ließ keine Verwundeten zurück.
    Sie warteten einige Stunden, bis der Regen kurz aufhörte, und machten sicherheitshalber einen langen Umweg die Hänge des Mahengeplateaus hinauf. Dort stießen sie auf einen eigenen Verband, der ihnen eine Trage für Kadimba überließ. Zwei Stunden später marschierten sie in das Hauptlager auf dem Mahengeplateau, in der Gewissheit, dass sie hier einige Wochen lang sicher sein würden. Von jetzt an war jeder Krieg

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