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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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unmöglich.
    Das Feldlazarett in Mahenge war im Augenblick vermutlich das am besten ausgerüstete der deutschen Streitkräfte. Dies war teilweise das Verdienst des Sonderkommandos Werner, das den letzten und schwierigsten Teil der Verlegung aller Feldlabors und des gesamten Krankenhauspersonals aus dem Nordosten gesichert und organisiert hatte. Regierungsoberarzt Meixner war der Chef des Feldlazaretts
– vermutlich war das der einzige Ort, der trotz des Wetters immer trocken und sauber war.
    Die erste vorläufige Diagnose Dr. Meixners hinsichtlich Kadimba ließ hoffen. Er war durch seine Unterernährung geschwächt. Sein verstauchter Fuß wies üble Schwellungen und eine vereiterte Schnittwunde auf. Wahrscheinlich würde er wieder kämpfen können, wenn die Regenzeit vorüber war.
    Als er diesen Bescheid erhalten hatte, trat Oscar in den strömenden Regen hinaus und begab sich geradewegs zum Zelt des örtlichen Oberbefehlshabers Major Kempner. Er schlug das Zelttuch beiseite und klopfte gleichzeitig demonstrativ darauf. Die beiden in eine Schachpartie vertieften Männer im Zelt sahen ihn erstaunt an. Der zweite Mann war der Maler von Ruckteschell, der 1914 nach Daressalam gekommen war, um eine Serie afrikanischer Gemälde anzufertigen. Der Krieg hatte ihn festgehalten, woraufhin er den Beruf gewechselt hatte und inzwischen bereits zum Hauptmann befördert worden war. Es hieß, dass er sich viel besser zum Soldaten als zum Maler eignete.
    »Wir missbilligen es außerordentlich, während einer Schachpartie gestört zu werden. Ich hoffe, Ihnen ist das klar, Lauritzen«, knurrte der Major. »Ich habe gehört, dass Sie heute drei englische Offiziere erschossen haben. Ausgezeichnet, aber verantwortungslos. Sie erwarten doch wohl keine Belobigung?«
    »Nein, Herr Major«, räumte Oscar ein. »Aber ich habe eine gute Neuigkeit und einen Wunsch.«
    »Gut. Lassen Sie hören!«, sagte der Major und drehte seinen Stuhl demonstrativ in Oscars Richtung. Von Ruckteschell tat dasselbe.
    »Ich habe einen Gefangenen befreit, der ein besserer Schütze ist als alle hier anwesenden Leute. Er heißt Kadimba. Er ist mein engster Freund hier in Afrika. Wir haben oft zusammen gejagt«, betete Oscar rasch und auf die deutsche Art herunter, die er sich inzwischen angeeignet hatte.
    Die beiden anderen wirkten unerwartet belustigt.
    »Ein besserer Schütze als alle anderen?«, meinte von Ruckteschell erstaunt. »Schließt das etwa Sie selbst mit ein?«
    »Ja und nein, Herr Hauptmann«, antwortete Oscar. »Wenn ich das Ziel auf dem Korn habe, schieße ich besser. Aber es gilt, erst einmal so weit zu kommen, und da ist Kadimba definitiv besser als ich. Alles in allem ist er also der beste Schütze.«
    »Das klingt logisch«, sagte der Major. »Und was haben Sie für einen Wunsch?«
    »Dass mein Freund Kadimba, wenn Dr. Meixner ihn kuriert hat, als Soldat unserem Sonderkommando zugeteilt wird, und zwar im Dienstrang eines Feldwebels, Herr Major.«
    Die anderen beiden tauschten einen raschen Blick aus.
    »Genehmigt! Aber stören Sie uns nie mehr, wenn wir Schach spielen!«, sagte der Major und wandte sich wieder dem Brett zu.
    Oscar nahm Haltung an, salutierte und trat wieder in den strömenden Regen hinaus.
    Er teilte sich ein Zelt mit den Offizieren des Sonderkommandos Werner, Werner persönlich und dem Klassenkämpfer Günther Ernbach. Ihr Kamerad Fritz Neumann war gefallen, ein Querschläger, niemand wusste, woher, hatte ihn am Kopf getroffen.
    Die Kameraden erwarteten ihn mit Whisky, als gebe es etwas zu feiern.
    »Wir hatten ja das Glück«, lächelte Werner, als er einschenkte, »eines unserer Feldlabore hierherzuschaffen. Dieser Whisky, nicht gerade White Horse, aber immerhin, besteht angeblich aus destilliertem, mit Essenzen gewürztem Bananenwein. Auf die deutsche Wissenschaft, die beste der Welt.«
    Sie stießen schweigend miteinander an. Das Getränk schmeckte in der Tat nach Whisky und war recht hochprozentig, allerdings etwas zu süß.
    »Sag mir, Kamerad«, meinte Werner, »du hattest dir doch vorgenommen, nie einen Menschen, sondern nur Pferde zu erschießen. Daran ist weiter nichts zu bemängeln, vermutlich hast du ja inzwischen mindestens fünfzig Kavalleristen außer Gefecht gesetzt. Aber jetzt hast du drei englische Offiziere erschossen. Überdies in den Kopf. Wie erklärt sich dieser Sinneswandel?«
    Oscar musste nachdenken. Die einfache Erklärung, die ihm auch am plausibelsten erschien, war natürlich, dass er gesehen hatte,

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