Die Brückenbauer: Roman (German Edition)
Tausend Mann war es dennoch zu wenig.
Begehrt war das Fett des Flusspferdes. Die Ersatzabteilung, die Surrogate für alles Mögliche herstellte, angefangen vom Whisky bis hin zu Kaffee und Tabak, orderte in regelmäßigen Abständen Flusspferdfett, da es in gewissen Jahreszeiten nicht genug Erdnüsse für die Herstellung von Bratfett gab, das ständig in großen Mengen benötigt wurde.
Die Flusspferdjagd war ein nicht ganz ernst zu nehmender, lächerlicher Auftrag. Wenn die »Flusspferdmörder« zu ihrer Mission aufbrachen, wurde gemeinhin gefrotzelt.
Trotzdem war die Aufgabe nicht ganz einfach. Oscar und
Kadimba waren für die eigentliche Jagd zuständig, die übrige Gruppe für ihren Schutz und den späteren Transport, sofern ihnen Jagdglück beschieden war. Flusspferde gab es in den Gewässern, die sie auf ihrem langen Rückzug vor den südafrikanischen Truppen passierten, zuhauf, aber es hatte keinen Sinn, sie im Wasser zu töten, weil man sie dann nicht bergen konnte. Man musste sie direkt im Gehirn treffen, weil sie sonst abtauchten und verschwanden, um später als Krokodilfutter zu enden. Es war also ein beschwerlicher Auftrag, und die beiden Jäger der Gruppe machten zu Beginn etliche Fehler, ehe sie ihre Technik perfektioniert hatten.
Eines Abends kurz vor Einbruch der Dunkelheit, als sie schwer beladen von einem geglückten »Sonderauftrag« zwecks Beschaffung von Bratfettersatz zurückkehrten, es war die Zeit nach den deutschen Siegen bei Mahiva und Nyangao, trafen sie auf einen Trupp, den ihnen General Wahle angeblich als Verstärkung geschickt hatte. Die Männer taumelten durch die Hitze des Spätnachmittags. Sie konnten sich kaum noch auf den Beinen halten, stützten sich gegenseitig, fast die Hälfte der Leute hatte Fieber. Dieser in vielerlei Hinsicht ergreifende Anblick veranlasste Oscar, stehen zu bleiben, ohne seine Fünfundzwanzigkilolast Flusspferdfett abzulegen. Er ahnte, dass er etwas Bedeutungsvolles vor sich hatte, nicht nur einen Beweis für deutsche Tapferkeit und Ausdauer oder für die Kameradschaft, bei der sich Weiße auf Schwarze verlassen konnten und umgekehrt. Er sah auch etwas sehr Beunruhigendes.
Unentwegt hatten sie gegen alle möglichen Krankheiten gekämpft, die ein viel gefährlicherer Feind waren als die Engländer. Manch einer bezeichnete die Krankheiten sogar
als Verbündete, da die deutsche Krankenpflege der englischen haushoch überlegen war. Man musste nur einmal einer englischen Truppe gefolgt sein, um den Unterschied zu verstehen. Überall stieß man auf Hyänen, die zwischen halb aufgefressenen Menschenkadavern herumschlichen. Die englischen Truppen erlitten immense Verluste und hatten weder die Kraft noch die Zeit, ihre Toten zu begraben.
Wenn Deutschland nur ausharrte, so würde Afrika die Engländer besiegen. Das redete man sich zumindest bei der Schutztruppe ein.
Was Oscar jedoch an diesem Abend sah, war etwas anderes. Es hatte den Anschein, als würde Afrika auch Deutschland besiegen.
Zu dieser Erkenntnis schien auch Paul von Lettow-Vorbeck zu gelangen, als sich seine Hauptarmee mit dem Regiment vereinigte, dem Oscar zu diesem Zeitpunkt angehörte. Denn am nächsten Tag musste sich die gesamte deutsche Truppe zu einer medizinischen Untersuchung einfinden. Der Oberbefehlshaber von Lettow-Vorbeck hielt eine kurze Rede. Er erklärte, dass die geplante Maßnahme für das Überleben der deutschen Verteidigung absolut notwendig sei. Jeder, Offizier wie einfacher Soldat, weißer Deutscher wie schwarzer Deutscher, musste sich einer strengen medizinischen Untersuchung in einer der acht im Lager eingerichteten Ärztestationen unterziehen. Wer die Untersuchung nicht bestand, würde, natürlich mit ausreichend Proviant versehen, zurückgelassen werden, wenn die Haupttruppe weiterzog.
Den Zurückgelassenen blieben zwei Möglichkeiten. Wer noch gehen konnte, konnte versuchen, die deutschen Orte
Sphinxhaven oder Wiedhafen am Ufer des Njassa zu erreichen, um sich dort aus dem Kriegsdienst abzumelden und sich den Regeln zu unterwerfen, die für die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten galten.
Wer nicht gehen konnte, hatte schlechtere Karten und musste im Krankenlager ausharren, natürlich unter medizinischer Aufsicht, bis das Lager von englischen Truppen eingenommen wurde, und sich dann in Kriegsgefangenschaft begeben.
Andere Möglichkeiten gab es nicht. Kranke und Gesunde mussten sich trennen, sonst war der Krieg verloren.
Es war der 17. November 1917, und es
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