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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nach so vielen Toten und so viel Hass wirklich alles wieder wie vorher werden? Das war in der Tat nicht sehr wahrscheinlich.
    Und in naher Zukunft harrte ihrer ein akutes Problem, das Lauritz und sie bisher gemieden hatten. Harald würde bald wieder gesund sein, und damit stellte sich ihnen die ebenso offensichtliche wie schmerzliche Frage, die sich nicht länger verdrängen ließ:
    Würden sie Harald wieder in dieselbe Schule schicken? Konnte man einem Siebenjährigen abverlangen, dass er sich wie ein tapferer Frontsoldat verhielt und sein Recht als gleichberechtigter norwegischer Mitbürger einforderte?
    Welch eine grausame Anforderung an ein Kind wäre das! Also war es undenkbar.
    Plötzlich begriff sie, worum es ihrem Sohn bei seiner sprachlichen Weigerung ging. Um die Schule. Wer kein Norwegisch sprach, konnte natürlich keine norwegische Schule besuchen. Das war schlau ausgedacht, aber eine List, die der Verzweiflung und Todesangst eines Kindes entsprungen war.
    Das entschied die Sache. Er würde nicht in die Schule zurückkehren. Privatunterricht stellte finanziell kein Problem und eine vorübergehende Lösung dar. Aber wie lange? Solange der Krieg andauerte, aber vielleicht noch länger, je nachdem, welche Seite siegte.
    Und sollten dann Johanne, Karl und schließlich auch Rosa ebenfalls isoliert wie Gefangene unterrichtet werden?
    Sie musste nicht lange darüber nachdenken. Das Ende des Weges war erreicht. Die Kinder waren jetzt wichtiger als alles andere. Es blieb ihnen nur noch ein Ausweg, und sie war sich sicher, dass Lauritz ihrer Meinung sein würde, insbesondere wenn er erfuhr, dass sich sein Sohn weigerte, norwegisch zu sprechen.
    Exil. Zu guter Letzt unwiderruflich Exil.

    Mit sehr gemischten Gefühlen stieg sie zehn Tage später in die Bergenbahn. Sie, die öfter als alle anderen Fahrgäste über die Hardangervidda gereist war, würde jetzt vielleicht ihre letzte Fahrt antreten. Das war traurig.
    Aber die Kinder freuten sich auf das spannende Abenteuer. Sie redeten laut und in einem wilden Gemisch deutsch mit ihrer Mutter und norwegisch mit Sigrid, dem einzigen Dienstmädchen, das sie begleiten würde. Alle anderen waren entlassen und mit einer großzügigen Abfindung auf die Inseln zurückgeschickt worden.
    Selbst Harald wirkte fröhlich und aufgeregt. Einige Male hätte er fast vergessen, dass er kein Norwegisch mehr sprach. Es war geradezu komisch, wie er sich, wenn ihm Sigrid eine Frage stellte, theatralisch zu seiner Schwester Johanne umdrehte und diese bat, seine deutsche Antwort zu übersetzen.
    Lauritz war vorausgefahren, um alles in dem neuen Zuhause vorzubereiten.
    Ingeborg legte ihren Arm um Harald, als der Zug aus dem Bahnhof dampfte. Johanne und Karl standen am Fenster, deuteten mit den Fingern und lachten. Sigrid hatte Rosa auf dem Arm, damit auch sie etwas sah.
    Dass Harald sich nicht für die Aussicht interessierte, lag entweder daran, dass er auf dem linken Auge immer noch schlecht sah und sich dessen schämte, oder daran, dass er vor seinen kleinen Geschwistern den Großen und Weltgewandten spielen wollte.
    Die Prognose für das Auge war immer noch unsicher. Die Hornhaut verheilte laut Dr. Halvorsen. Die Infektion war ebenfalls geheilt. Bestenfalls würde das Auge die ursprüngliche Sehkraft wiedererlangen, schlimmstenfalls würde eine leichte Sehschwäche zurückbleiben. Die Narbe auf seiner Wange leuchtete hellrot, sie hatte vor einer Woche die Fäden gezogen. Vermutlich würde die Narbe in einigen Jahren vollkommen verschwinden. Von seinen blauen Flecken im Gesicht waren nur noch ein paar hellgrüne und gelbe Verfärbungen zu sehen. Mit Ausnahme der Seele war er fast wiederhergestellt.
    »Ist es aufregend, in einer ganz neuen Schule in einem neuen Land anzufangen?«, fragte Ingeborg auf Norwegisch.
    »Solange dort deutsch gesprochen wird«, antwortete er auf Deutsch.
    Er ließ sich nicht überlisten, auch nur ein einziges Wort Norwegisch zu sprechen. Diese Ausdauer schrieb Ingeborg aber eher seiner Hartnäckigkeit und weniger dem Schock oder, schlimmer gar, einem Gehirnschaden zu. Denn ganz offensichtlich verstand er Norwegisch ausgezeichnet.
    Die Aussicht erfüllte sie mit Trauer, es versetzte ihr einen Stich ins Herz, dass dies vielleicht die letzte Reise war und sie nun die glücklichsten Jahre ihres Lebens hinter sich ließ. Sofort verursachte dieser Gedanke ein schlechtes Gewissen. Schließlich saß sie neben ihren lärmenden, fröhlichen und aufgeregten Kindern. Johanne

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